Nelson DeMille
Wäsche für die Putzfrau beiseitegelegt. Du musst morgen zur Reinigung gehen.« Dann stellte sie fest: »Du hast nicht genügend Sachen mit.«
»Danke.«
»Ich lasse Sophie - das ist meine Putzfrau, sie ist Polin, spricht aber gut Englisch -, ich lasse sie deinen schwarzen Anzug bügeln. Du wirst ihn bald brauchen.«
»Danke.« Ich war erleichtert, dass Susan in den letzten zehn Jahren nicht gelernt hatte, zu waschen oder zu bügeln; das hätte mein Bild von ihr zerstört.
»Aber zuerst müssen wir beim Fair Häven vorbeischauen«, erinnerte sie mich.
»In Ordnung.«
»Ich würde Elizabeth ja einladen, mit uns zu essen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht weiter am Bett ihrer Mutter wachen will, und außerdem ist das unser erster gemeinsamer Abend.«
»Ja, natürlich.«
»Ich habe sie ganz unverblümt gefragt, ob letzte Nacht irgendetwas zwischen euch beiden gelaufen ist.«
»Und jetzt weißt du, dass sich nichts getan hat. Ich bin enttäuscht, dass du mir nicht geglaubt hast, und ich bin offen gestanden überrascht, dass du ihr diese Frage gestellt hast, aber -«
»Ich habe sie nicht gefragt, John.«
»Oh...«
»Wie kannst du nur ernsthaft glauben, ich hätte sie gefragt!« »Was weiß ich?« - Über Frauen, sollte das heißen.
»Aber sie wollte mir erklären, weshalb sie über Nacht geblieben ist, und ich habe ihr versichert, du hättest das bereits angesprochen.«
»Gut. Dann wäre das also erledigt. Wieder mal.« Ich warf einen Blick auf meine Uhr und sagte: »Ich brauche nicht lange.« »Ich komme mit dir hoch.«
Wir gingen ins Haus und stiegen die Treppe nach oben. Wir putzten uns am gleichen Waschbecken die Zähne, wie wir es so oft getan hatten, und Susan trug ihr Make-up auf, während ich mir die Casa Bellarosa von Händen und Gesicht wusch.
Ich fand ein halbwegs sauberes Hemd, das in meinem alten Kleiderschrank hing, und Susan schlüpfte in ein hübsches weißes Sommerkleid, das gut zu ihrer Bräune passte.
Ich dachte früher immer, dass Susan zu viel Zeit zum Fertigmachen brauchte, aber nachdem ich zehn Jahre lang auf andere Frauen gewartet hatte, war mir klar geworden, dass sie vergleichsweise flott war. Sie ist von Natur aus schön und steht nicht ewig vor dem Spiegel oder in ihrer Kleiderkammer. Mir kam der Gedanke, dass ich ihr diesmal mehr Wertschätzung zukommen lassen sollte. Zumindest in den ersten paar Wochen.
Sie war sogar zuerst fertig und fragte: »Bist du so weit?« »Ich finde meinen Kamm nicht.«
»Er steckt in deiner Jacke, wie immer.«
Ich sah nach, und selbstverständlich war er da.
Und so gingen wir hinunter, verließen das Haus, und sie gab mir einen Schlüsselbund und sagte: »Das sind deine.« »Danke.«
Ich schloss die Haustür ab, und sie bemerkte es, gab aber keinen Kommentar dazu ab.
Wir nahmen ihren Lexus, und ich fuhr. Als wir am Pförtnerhaus vorbeikamen, sagte Susan: »Ich habe Soheila angerufen, nur aus Höflichkeit, und ihr gesagt, dass du bei mir eingezogen bist.«
»Hat sie gesagt, du wärst eine gefallene Frau?«
»Nein, John. Sie hat mir viel Glück gewünscht.«
»Das ist nett, aber ich werde wieder ins Pförtnerhaus ziehen, wenn deine Eltern kommen.«
»Nein. Wenn es ihnen nicht passt, können sie sich eine andere Unterkunft suchen.«
»Ich möchte nicht, dass es meinetwegen zu einer Verstimmung zwischen dir und deinen Eltern kommt.«
Dazu fiel ihr keine Antwort ein, deshalb sagte sie: »Ich habe meinen Eltern und den Kindern gemailt, dass Ethel ins Koma gefallen ist.«
»In Ordnung.«
Ich stieß auf die Grace Lane und fuhr in Richtung Hospiz. Susan drückte auf die CD-Taste, und Bobby Darin sang »Beyond the Sea«. Wir fuhren schweigend und hörten der Musik zu.
Es waren nur noch elf Tage bis zur Sommersonnenwende, dem längsten Tag des Jahres, und die Sonne stand noch hoch am Horizont, die idyllische Landschaft war in den typischen sommerlichen Spätnachmittagssonnenschein getaucht, und eine angenehme Brise wehte vom Sund her.
Dies war der schönste und der schlimmste aller Tage gewesen. Aber wenn man alles gegeneinander abwog, war mehr Gutes als Schlechtes passiert. Es sei denn natürlich, man war Ethel Allard beziehungsweise Anthony Bellarosa. Aber für Susan und mich war es ein sehr guter Tag gewesen.
35
Susan rief Elizabeth per Handy an, daher wussten wir, dass sich Ethels Zustand nicht verändert hatte, als wir zum Fair Häven kamen. Elizabeth nahm uns im Foyer in Empfang. Sie trug ein hübsches blaues Leinenkostüm,
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