Nelson DeMille
hoffe nur, sie musste am Ende nicht leiden.«
Und so sprachen wir ein paar Minuten über die Entschlafene, ergingen uns in vielen guten Erinnerungen und dachten natürlich nicht daran, dass sie eine Nervensäge gewesen war. Charlotte sagte allerdings mit einem Lächeln: »Sie war eine starrsinnige Frau. Manchmal habe ich mich gefragt, wer die Herrin und wer die Dienerin ist.«
»Diese Worte benutzen wir nicht mehr, Mutter.«
»Ach, Susan, dass stört doch niemanden.«
Mir fiel auf, dass William nichts über Ethel zu sagen hatte, sei es etwas Gutes oder etwas Schlechtes, sondern nur dasaß und vielleicht darüber nachdachte, dass sein Vater mit ihr gefickt hatte und umgekehrt.
Ich dachte, das wäre vielleicht der richtige Zeitpunkt, um die Sache mit der Gebieterin zu klären - dass Ethel zwar Augustus' Gebieterin im Bett gewesen war, aber deswegen noch lange nicht die Gebieterin von Stanhope Hall. Ich meine, sie war tot, und Augustus ebenfalls. Daher und um das Gespräch etwas aufzupeppen, sagte ich zu William und Charlotte: »Ich bin Ethels Papiere durchgegangen und habe einen Vertrag über ein lebenslanges kostenloses Wohnrecht gefunden, worauf ich mich gefragt habe, warum Augustus zwei jungen Bediensteten, die -«
» John«, sagte Susan, »ich glaube, wir sollten uns fertig machen.« Sie schaute auf ihre Uhr. »Ich möchte um sieben im Bestattungsinstitut sein.« Sie stand auf.
Okay, vielleicht sollte ich mir das aufheben, bis mehr Leute da waren, die es zu würdigen wussten, deshalb stand auch ich auf, und Mom und Dad, die ein bisschen schwankten, erhoben sich ebenfalls.
»Moms und Dads Gepäck ist noch im Wagen«, sagte Susan zu mir. »Würde es dir etwas ausmachen, es zu holen?«
»Ganz und gar nicht, mein Schatz.«
William hatte bereits die Schlüssel in der Hand, gab sie mir und sagte: »Danke, John.« Ich nehme an, das hieß, dass er mir nicht helfen würde. Gut, dann gab es eben keinen Abschlag auf die zwei Millionen.
Ich ging hinaus in den Regen, holte ihr billiges Gepäck, das aussah wie ein Werbegeschenk von der Bank, schleppte es die Treppe hinauf und brachte es in ihr Zimmer. Sie waren noch nicht dort, daher bekam ich kein Trinkgeld, und ich ließ das Gepäck auf zwei Ablagen stehen, die Susan dafür aufgebaut hatte. Dann ging ich in unser Schlafzimmer, wo Susan sich gerade auszog, und fragte: »Haben wir noch Zeit für einen Quickie?«
Sie lächelte. »Spricht der Alkohol aus dir?«
»Sehr komisch«, erwiderte ich und stellte fest: »Die beiden haben eine halbe Flasche Gin weggeputzt.«
»Sie waren sehr angespannt und bestürzt, glaube ich. Aber Dad wirkte weit weniger bestürzt, als er den Dritten intus hatte.« »Wirklich wahr?« »Worüber habt ihr zwei geredet?«
Ich überlegte, ob ich ihr erzählen sollte, dass ihr Vater versucht hatte, mich zu schmieren, und ich würde es ihr auch erzählen ... aber wenn ich es jetzt machte, war sie womöglich bestürzt. Ich hielt es für besser, sie im Glauben zu belassen, dass die bessere Laune ihres Vaters alkoholbedingt war. Und wenn sie morgen sah, dass Dad und ich einigermaßen miteinander auskamen - ohne Martinis -, würde sie froh und glücklich sein, und ihr Glück würde wie Sonnenschein auf uns alle fallen, Edward und Carolyn eingeschlossen.
Und dann, nach dem Sonntagsessen oder am Montagmorgen, wenn die Kinder wieder weg waren und bevor Onkel Dagobert gen Süden aufbrach, würde ich Susan fragen, was sie für einen angemessenen Preis hielt, um mich auf das Angebot ihres Vaters einzulassen und nach London zurückzukehren. Ich könnte es auch anders formulieren, wie zum Beispiel: »Dein Vater hatte die Stirn, mir Bestechungsgeld anzubieten, damit ich dich verlasse. Ich bin noch nie in meinem Leben so beleidigt worden.« Und so weiter und so fort.
Wenn sie über den ersten Schock hinweg war, würde ich ihr erzählen, dass er mir zwei Millionen Dollar angeboten hatte, dass ich sie für weniger als fünf aber nicht verlassen würde. Ich meine, das ist richtiges Geld. Ich könnte sogar von den Zinsen leben, so wie die Stanhopes.
Susan saß an ihrem Schminktisch und tupfte sich irgendwas aufs Gesicht. »Es lief sogar besser, als ich erwartet hatte«, sagte sie. »Und ich danke dir noch mal dafür, dass du so ... nett warst.«
»Zu netten Leuten nett zu sein ist einfach.«
Sie hielt das für komisch, riet mir aber: »Lass den grenzwertigen Sarkasmus sein. So dämlich sind sie nicht.« »Meinst du?«
»Und bring Ethel Allards lebenslanges
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