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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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ja. Sie können hier sitzen, ein schöner Tisch am Fenster. «
    Das war der Tisch, auf dem Frank gelandet war, als er durch die Scheibe flog. Mich störte das nicht, aber ich hatte eine bessere Idee und deutete auf einen Tisch im hinteren Teil, an dem die Bellarosas und die Sutters ihre gemeinsame Henkersmahlzeit zu sich genommen hatten. »Wir nehmen diesen Tisch.«
    »Sie wollen diesen Tisch?«
    »Wir haben da vor langer Zeit einmal gesessen«, erklärte Susan. Er zuckte die Achseln. »Okay. Der ist auch schön.«
    Also setzten wir uns an den schönen Tisch und bestellten Cappuccino, eine Flasche San Pellegrino und einen Teller mit gemischtem Gebäck.
    Der Kellner mochte Susan auf Anhieb - das geht allen so - und sagte zu ihr: »Ich bringe Ihnen ein paar schöne dolce und eine schöne Schokolade für Sie.«
    Was ist mit mir?
    »Grazie«, sagte Susan, dann fügte sie irgendwas auf Italienisch hinzu, worauf er lächelte und etwas erwiderte. Ich glaube, auf diese Weise ist sie beim letzten Mal in die Bredouille geraten.
    Wir saßen mit dem Rücken zur Wand, so wie Frank und ich bei unserem Mittagessen nach der Gerichtsverhandlung.
    »Das ist gut«, sagte Susan schließlich.
    »Ich war mir nicht sicher«, sagte ich.
    Mir kam der Gedanke, dass wir uns gewissermaßen in der Höhle des Löwen befanden, auch wenn ich eigentlich nicht damit rechnete, dass Anthony Bellarosa hereinkam. Oder der Geist von Frank Bellarosa. Nein, ich hatte das Gefühl, dass wir die Geister verscheuchten und neue Erinnerungen schufen, statt die alten zu begraben oder uns von ihnen verzehren zu lassen.
    Der Cappuccino kam, dazu die Wasserflasche, ein riesiger Teller mit italienischem Gebäck und ein Schokoladengericht - für Susan - sowie eine Flasche Sambuca und zwei Schnapsgläser, die in omaggio waren - auf Kosten des Hauses.
    Wir saßen da, redeten und tranken Kaffee, aßen Gebäck, nippten am Sambuca und schlugen den Nachmittag auf italienische Art tot. Das war weit weniger stressig als Einkaufen und viel angenehmer als ein Museum. Ein schönes Beisammensein.
    Gegen vier Uhr sagte Susan: »Wir sollten aufbrechen und uns für Edward und Carolyn fertig machen.«
    Ich ließ die Rechnung kommen und gab dem Kellner zu viel Trinkgeld, dann verließen wir Giulio's, nahmen ein Taxi zurück zu unserem Auto und machten uns auf die Heimfahrt.
    Bislang kein übler Tag. Ich war die Stanhopes losgeworden und Frank Bellarosas Geist. Als Nächstes war Anthony dran.
    55
    Ich beschloss, Carolyn am Bahnhof zu überraschen, parkte den Taurus in der Nähe des Taxistandes und wartete auf ihren Zug.
    Auch dieses Mal hatte ich den Karabiner zu Hause gelassen, da ich nicht annahm, am helllichten Tag an einem belebten Pendlerbahnhof in eine Schießerei mit der Mafia zu geraten. Und dennoch war ich jedes Mal, wenn ich das Gewehr daheim ließ, wütend auf mich. Ebenso wie Susan musste ich mich wohl endlich der Realität stellen.
    Mit einem Pfiff fuhr der 18.05er ein und kam zischend zum Stehen. Zur Stoßzeit strömten Dutzende von Pendlern aus dem Zug und drängten sich auf dem Bahnsteig, und ich musste mit einem Mal an mein früheres Leben denken. Könnte ich das noch mal machen?
    Ich stieg aus dem Auto, suchte die Fahrgäste ab und entdeckte dann Carolyn, die auf dem Weg zu den wartenden Taxis war. »Hey, schöne Frau!«, rief ich. »Brauchst du eine Mitfahrgelegenheit?«
    Sie war das offenbar gewohnt, schaute einfach geradeaus und ging weiter. Dann blieb sie abrupt stehen und drehte sich zu mir um. Ich winkte, worauf sie »Dad!« brüllte und auf mich zustürmte. Wir umarmten uns und tauschten Küsschen, und sie sagte: »Dad, es ist so schön, dich zu sehen.«
    »Es ist schön, dich zu sehen, meine Süße«, sagte ich. »Du kommst mir schöner vor denn je.«
    Carolyn geht nicht auf Komplimente ein, aber sie lächelte und sagte: »Das ist so ... Ich freue mich so für euch.«
    »Ich auch.« Weil sie nur eine Handtasche und einen Anwaltskoffer bei sich hatte, fragte ich: »Wo ist dein Gepäck?«
    »Ach, ich habe bei Mom eine Garnitur Kleider.«
    »Gut.« Wie viel genau verdiente man als stellvertretende Bezirksstaatsanwältin in Brooklyn? Meine sozial eingestellte Tochter gab ihre alljährliche Treuhandfondsausschüttung bestimmt nicht für Kleidung und Tand aus.
    Jedenfalls stiegen wir ins Auto, und ich bemerkte, dass sie ganz in Schwarz gekleidet war, offenbar die neue angesagte Nichtfarbe. Geeignet für die Arbeit, für Cocktails nach der Arbeit, Hochzeiten und

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