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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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Nasims Händen, den ich hätte aufsuchen sollen, als ich ankam. Was mich dazu veranlasste, Mrs Knight zu fragen: »Hat ein Mr Amir Nasim Mrs Allard besucht? Oder angerufen?«
    Sie schüttelte den Kopf und erwiderte: »Der Name sagt mir nichts. - Ich sage ihr Bescheid, dass Sie da sind.«
    »Danke.«
    Sie verschwand so lange in Zimmer sechs, dass ich einen Moment lang ein schlechtes Gewissen wegen der Gründe bekam, aus denen ich wollte, dass Ethel weiterkämpfte. Ich meine, von meinem Wohnungsproblem einmal abgesehen, waren Ethels Schmerzen unter Kontrolle, sie war bei klarem Verstand, sie hatte Besucher, und sie musste ein paar Papiere unterzeichnen - warum sollte sie also nicht noch eine Weile durchhalten? Ihre Tochter Elizabeth würde genau das wollen.
    Mrs Knight kam aus dem Zimmer. »Sie erwartet Sie.«
    Ich ging zur Tür, wandte mich dann noch einmal an Diane und sagte: »Sie müssen ein wahrer Engel sein, dass Sie hier arbeiten.«
    Ein freundliches, leicht betretenes Lächeln umspielte ihren strengen Mund, bevor sie sich abwandte und wegging.
    Ich betrat Ethels Zimmer und zog leise die Tür hinter mir zu.
    Gott, wie ich Sterbelager hasse.
    9
    Es war ein nach Westen gewandtes Zimmer, und die Sonne schien durch das einzige Fenster und warf einen Lichtstrahl auf die weiße Zudecke von Ethels Bett.
    Das Zimmer war klein, hatte einst vermutlich als Gäste- oder Dienstbotenkammer gedient und enthielt zwei Krankenhausnachttische; auf dem einen stand ein Monitor, auf dem anderen lag eine Bibel. Dazu kamen zwei Kunstledersessel und ein Rolltischchen neben dem Bett. An einem Infusionsgeräteständer hingen drei Plastikbeutel, von denen Schläuche zu Ethels Körper führten.
    An der himmelblauen Wand gegenüber dem Bett war ein Fernseher angebracht, und auf dem Kachelboden nahe dem Fenster standen ein paar Blumensträuße und eine kleine Zimmertanne samt Topf.
    Alles in allem kein schlechtes Vorzimmer zum Jenseits.
    Ethel saß aufrecht im Bett, starrte die gegenüberliegende Wand an und schien mich nicht wahrzunehmen. Ich trat an ihr Bett und sagte: »Hallo, Ethel.«
    Sie wandte mir das Gesicht zu und sagte, ohne zu lächeln: »Hallo, Mr Sutter.« Mir fiel ein, dass sich Ethel ihr Lächeln für Gelegenheiten aufhob, bei denen sie einen wegen irgendetwas berichtigen konnte.
    »Nennen Sie mich bitte John«, bat ich sie.
    Ohne darauf einzugehen, sagte sie mit deutlicher Stimme: »Danke, dass Sie vorbeikommen.« Dann fragte sie: »Hüten Sie mein Haus?« »Ja. Wie geht es Ihnen?« »Heute ganz gut.«
    »Gut... Sie sehen gut aus.« Ehrlich gesagt wirkte sie im einfallenden Sonnenschein aschfahl und ausgemergelt, aber ihre Augen waren noch lebhaft. Ich bemerkte auch einen Hauch Rouge auf ihren grauen Wangen.
    Ich hatte sie seit Jahren nicht mehr gesehen, aber wir standen in Briefkontakt, wenn nötig, und sie hatte mir alle paar Monate meine gelegentlich noch bei ihr eintreffende Post nachgesandt. Und natürlich schrieben wir uns Weihnachtskarten.
    »Haben Sie sich um meinen Garten gekümmert?« »Natürlich«, log ich.
    »Ich habe Sie oder George nie in meinen Garten gelassen«, erinnerte sie mich. »Keiner von euch ist damit klargekommen.«
    »Stimmt. Aber ich habe in England gärtnern gelernt.« »Unsinn.«
    »Nun ja ... Sie haben recht.«
    »Sie sind seit über einer Woche da.«
    »Stimmt... Ich wäre ja früher vorbeigekommen, aber ich dachte, Sie kommen vielleicht nach Hause.«
    »Ich komme nicht mehr heim.« »Seien Sie nicht -«
    »Wieso setzen Sie sich nicht? Sie machen mich nervös, wenn Sie so rumstehen.«
    Ich setzte mich auf den Lehnsessel neben ihrem Bett und gab ihr den Teddybären. »Den habe ich für Sie mitgebracht.«
    Sie nahm ihn, musterte ihn, verzog das Gesicht und setzte ihn neben sich. Ich nehme an, sie mochte ihn doch nicht.
    Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte, deshalb griff ich ein anderes Thema auf und fragte: »Wie behandelt man Sie hier?« »Ganz gut.«
    »Kann ich irgendetwas für Sie tun?« »Nein.«
    »Nun ja, wenn Ihnen irgendwas einfällt -«
    »Weshalb sind Sie aus London zurückgekommen, Mr Sutter?«
    »John.«
    »Mr Sutter. Weshalb sind Sie zurückgekommen?«
    Nun ja, Ethel, ich muss ein paar Sachen aus deinem Haus holen, bevor du stirbst und der Iraner d ie Schlösser austauschen lässt.
    »Mr Sutter?«
    »Nun ja, ich bin natürlich gekommen, weil ich Sie besuchen wollte.« Das klang nicht ganz aufrichtig, daher fügte ich hinzu: »Außerdem muss ich in New York etwas

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