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Nelson sucht das Glück

Nelson sucht das Glück

Titel: Nelson sucht das Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Lazar
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so nah wie möglich an Kateys Seite zu bleiben. Sein Spaziergang war wie ein täglicher Besuch in der Oper der Gerüche. Niemals war genug Zeit, sie alle in sich aufzunehmen und dann in seinem noch immer wachsenden Gehirn zu ordnen und zu sortieren.
    Während Nelson heranwuchs und sein Geruchssinn immer besser wurde, ergriffen während seiner täglichen Spaziergänge manchmal ganz neue, mächtige Bedürfnisse von ihm Besitz. Da gab es fernere Düfte, die ihn faszinierten, die ihm nur kurz in die Nase stiegen und nach nur einem Augenblick wieder verschwanden – Gerüche aus fernen Wäldern und Gebirgen und Städten. Rasch hatte er gelernt, die Gerüche bestimmter Menschen und Hunde und anderer Tiere zu erkennen, die sich ständig irgendwo im Viertel aufhielten. Doch oft lagen auch noch die Duftspuren vieler anderer Menschen und Tiere draußen in der Welt in der Luft. Was war da draußen? War das Universum wirklich endlos, wie seine Nase ihm vorgaukelte? Manchmal, wenn das Verlangen nach Antworten auf seine Fragen zu heftig wurde, zerrte er besonders kräftig an der Leine. Dann zog ihn Katey mit einem Ruck zurück, ihr Duft erlangte wieder die Oberhand, und er vergaß seine Sehnsucht, die Welt da draußen zu erschnuppern. Wenn sie ihn zu Hause von der Leine losmachte, hob sie ihn hoch, und er leckte ihr das Gesicht ab, um ihr für sein tägliches Abenteuer zu danken.
    Am Nachmittag ließ ihn Katey draußen im Garten. Manchmal roch er, dass sie sich drinnen im Haus zu schaffen machte, doch manchmal hörte er auch, wie die Haustür leise ins Schloss fiel oder sich die Tür ihres Autos mit einem Klacken öffnete. Sie verließ für ein paar Stunden das Haus, und das bereitete ihm jedes Mal große Sorgen. Er lenkte sich damit ab, im Garten herumzuschnüffeln und mit seinem Spielzeug zu spielen, doch dabei wartete er sehnsüchtig auf ihre Rückkehr. Kaum hörte er den leisen Ton, wenn sie mit der Fernbedienung ihres Autoschlüssels den Wagen verriegelte, geriet er vollkommen außer Rand und Band. Dann wedelte er heftig mit dem Schwanz vor Freude, und sein immer lauter werdendes Bellen erfüllte das Haus. Kurz darauf war sie draußen bei ihm, um ihn zu begrüßen, und er hieß sie mit jeder Faser seines Wesens zu Hause willkommen. Es machte ihn stolz, dass er ihr Zuhause sicher bewacht hatte, während sie nicht da war.
    Am späten Nachmittag gab sie ihm wieder etwas zu fressen, und danach kam irgendwann Don nach Hause. Jeden Tag, wenn er nach Hause kam, wandte Katey ihre ganze Aufmerksamkeit ihrem Mann zu, doch das machte Nelson nicht viel aus. Don beachtete ihn nicht allzu sehr, doch wenn er es tat, war er im Allgemeinen freundlich. Nur manchmal roch Nelson an ihm Verärgerung und ein oder zwei Mal sogar richtigen Zorn, wenn Don Katey für sich allein haben wollte. Wenn er das erschnupperte, dann ließ Nelson die beiden allein und setzte sich irgendwo in eine Ecke.
    Es war Nelson nicht gestattet, in der Nähe des Esstischs zu sitzen, wenn Katey und Don zu Abend aßen. Dann wurde die Tür zu der kleinen Waschküche im hinteren Teil des Hauses geschlossen, und er wartete gespannt an der Tür des Raumes, während all die Düfte und Geräusche von ihrem Abendessen zu ihm herüberwehten. Katey und Don plauderten miteinander, während einer von ihnen das Essen zubereitete. In den Anfangstagen ihrer Ehe roch Nelson deutlich, wie glücklich sie waren, wenn sie darüber plauderten, was während des Tages so alles geschehen war. Don kochte gern, und Nelson hörte ihn schnippeln und hacken, ob Fleisch, Fisch oder Gemüse, und das Vorbereitete anschließend in der Pfanne oder auf dem Grill garen. Manchmal wurde dem kleinen Hund der Mund wässrig, und er hoffte auf die Reste, von denen er meistens tatsächlich etwas bekam, wenn das Paar mit dem Essen fertig war. Dann ließ Katey ihn in die Küche und neckte ihn, indem sie ihm kleine Stückchen Hühnerhaut oder übrig gebliebene Nudeln vor die Nase hielt. Schon bald hatte Nelson gelernt, sich diese Leckerbissen nicht einfach zu schnappen, sondern sich erst einmal hinzusetzen. Dann reichte Katey sie ihm. Für ihn waren sie wie ein Nachtisch nach seiner eigentlichen Mahlzeit aus Trocken- oder Nassfutter.
    Gelegentlich durfte der Hund zu ihnen eine Weile auf die Couch, wenn sie fernsahen. An manchen Abenden schaute Don sich auch Sport an, wobei er rege teilnahm und laut aufschrie oder etwas rief, was Nelson manchmal befremdlich fand. Oft lag Nelson auch auf Kateys Schoß, wenn sie ein Buch

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