Nelson sucht das Glück
Die Vielfältigkeit ihres Dufts wurde zum entscheidenden Merkmal der Luft, die er atmete. Tief im Herzen des kleinen Hundes wuchs die Liebe zu ihr. Es geschah nicht über Nacht, sondern über Monate hinweg, und es war eine große Liebe. Dabei ging es nicht um das Futter, das sie ihm gab, obwohl er ihr dafür dankbar war. Es war eine große Liebe, weil sie für ihn die ganze Welt zu einem herrlichen Ort machte, einem Ort, an dem er unendlich glücklich sein konnte. Verlust hatte der junge Hund noch nicht kennengelernt, würde ihn jedoch eines Tages auf schreckliche Weise erfahren, doch selbst während der wenigen Stunden, wenn Katey nicht da war, empfand er ihre Abwesenheit wie einen tiefen Schmerz. Seine Liebe wurde immer größer, und mit dieser Liebe wuchsen auch andere Gefühle in seinem Hundeherz. Er verspürte das Bedürfnis, sie zu beschützen, ihr seine Liebe zu zeigen, so sehr er konnte. Er verspürte das Bedürfnis, sie anzubeten und alles mit ihr zu teilen, was er besaß. Er wusste, er würde sie mit all seiner Kraft gegen alles verteidigen, was sie jemals bedrohte. Außerdem spürte Nelson, dass auch Katey ihn liebte. Er spürte es an der Art und Weise, wie sie streichelte und ihn am Kopf kraulte. An der Art, wie sie oft mit ihm redete, wenn sie mit dem Klavierüben, dem Putzen oder dem Kochen fertig war. Zwar verstand er bis auf ein paar Wörter hier und da nichts von dem, was sie sagte, aber er wusste, dass sie mit ihm sprach, und das liebte er.
Eine nicht ganz so große Liebe entwickelte Nelson für Knochen. Manchmal brachte ihm Don welche mit, wenn er nach Hause kam. Dann legte sich der Hund draußen in den Garten und begann daran zu kauen. Wenn seine täglich kräftiger werdenden Zähne hineinbissen, begannen dem Knochen die herrlichsten Gerüche zu entweichen, Geschichten von dem Tier, zu dem er einmal gehört hatte, und dessen Werdegang. Doch wenn Nelson sich dann eine Weile dem Knochen gewidmet hatte, liebte er es, ein kleines Loch im Garten zu buddeln und ihn darin zu vergraben. Konnte ja sein, dass Katey ihn irgendwann wieder brauchte. Was, wenn sie nichts mehr zu essen hatte? Für solch schlechte Zeiten legte er sich seine eigenen Vorräte an, damit sein Frauchen immer eine Notration hatte und nie Hunger leiden musste.
Manchmal, nachdem er den Knochen verbuddelt hatte, bellte Nelson. Als Welpe war sein Kläffen kaum mehr als ein niedliches wuff gewesen. Doch mittlerweile konnte der junge Hund sehr gut auf sich aufmerksam machen. Sein Bellen hatte die Intensität eines Pudelbellens und die tiefe, kehlige Note, die typisch für Beagles war. Katey lächelte vor sich hin, wenn sie ihn draußen im Garten bellen hörte. Nie bellte er öfter als zwei oder drei Mal hintereinander, außer wenn der Postbote kam. Und was das bedeutete, wusste sie. Ich, Nelson, der große Beschützer von Katey Entwhistle, erkläre mich hiermit zum mächtigen und stolzen Verteidiger dieses Hauses, dieses Gartens und dieser Familie.
Eines Morgens holte Katey, statt Klavier zu üben, Nelsons Leine hervor. Wie üblich war er aufgeregt, als er das Klirren der Leine hörte, er war auch verwirrt, denn normalerweise fand der Spaziergang doch später am Tag statt. Doch Katey schien zu wissen, was sie tat, und so vertraute ihr Nelson.
Als sie das Haus verlassen hatten, zog Nelson in der Richtung an der Leine, die sie bei ihrem täglichen Spaziergang normalerweise einschlugen, doch stattdessen hob Katey ihn hoch und setzte ihn neben sich auf den Beifahrersitz des Wagens. Dann stieg sie von der anderen Seite aus ein und ließ den Motor an. Nelson war verwirrt. Er war schon lange genug bei ihr, um sich vor nichts zu fürchten, was sie tat, doch er war einfach an seine alltägliche Routine gewöhnt, deren Vorhersehbarkeit ihm Vertrauen einflößte und Freude machte. Als hätte sie sein Unbehagen gespürt, öffnete Katey das Fenster auf der Beifahrerseite einen winzigen Spalt, und Düfte von draußen strömten in den Wagen. Das lenkte Nelson ab, und die restliche Fahrt zum Tierarzt, dessen Praxis etwa fünfzehn Minuten entfernt lag, war er mit Schnuppern beschäftigt.
Nelson erinnerte sich noch sehr gut an seinen Besuch beim Tierarzt vor ein paar Monaten, zusammen mit Emil. Die sterilen Gerüche ließen Emil in seiner Erinnerung wieder lebendig werden, und sein Herz schlug ein paar Momente lang schneller. Doch Kateys warmer Geruch war um ihn herum, und sie kraulte ihn am Kopf und streichelte ihn, redete mit ihm. Und so war er sich
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