Nelson sucht das Glück
einer großen Familie zu verbringen. Doch die ersten Anzeichen einer Veränderung kamen, als Laurie über ständige Müdigkeit klagte. Jake schob es auf die Erschöpfung, die das Leben mit einem Kleinkind mit sich brachte, doch dann brach Laurie eines Tages zusammen. Sie rief Jake an, der sofort nach Hause kam und sie ins Krankenhaus brachte, wo die Ärzte sie endlosen Tests unterzogen und irgendwann zu dem Schluss kamen, dass sie an einer sehr seltenen Immunkrankheit litt, die auf eine genetische Fehlentwicklung zurückging. Einen Monat später war sie gestorben.
Jake war am Boden zerstört. Ihr kleiner Junge, Oliver, war zunächst vor allem verwirrt. Als Jake ihm sagte, seine Mutter sei fortgegangen, fragte er, wann sie denn wieder zurückkomme. Jake erwiderte, es tue ihm furchtbar leid, aber sie werde nie zurückkommen. Dann überlegte er es sich anders und beschloss, dass Oliver es verdiente, die Wahrheit zu erfahren. Er gestand ihm, seine Mom sei tot. Allerdings begriff er bald, dass Kinder nicht verstehen, was der Tod ist. Eigentlich ging es ja Erwachsenen auch nicht anders. Oft lag Jake nachts wach, weil er lange Zeit einfach nicht glauben wollte, dass seine Frau nicht mehr da war. Es war schlichtweg unmöglich, zu begreifen, wie eine so temperamentvolle, schöne und liebevolle Frau einfach aus seinem Leben verschwinden konnte.
Oliver schien mit der Situation zurechtzukommen, doch er schlief nachts schlecht, hatte Albträume. Zwei Jahre nach dem Tod seiner Mutter kam er immer noch manchmal mitten in der Nacht zu Jake ins Zimmer, voller Angst, weil er von Schlangen und Tigern geträumt hatte. Jakes Mutter Norma kümmerte sich tagsüber um ihn, und Jake versuchte, weniger in seiner Autowerkstatt zu arbeiten, um möglichst viel Zeit mit dem Jungen zu verbringen. Wie es innerlich um den Jungen bestellt war, wusste er nicht genau. Er machte sich Sorgen um ihn, befürchtete, der Verlust seiner Mutter könnte ihn geschädigt haben. Und so beunruhigte es ihn auch, als der Junge ihm in jener Nacht gestand, er habe um den dreibeinigen Hund geweint.
Der Tag zuvor war ein Sonntag, und sie waren bei Freunden zum Grillen gewesen. Jake und Oliver aßen Burger und plauderten, als Jake bemerkte, wie Oliver aufmerksam ein Gespräch am Nachbartisch verfolgte. Ein Mann redete über seine Nichte, die in einem Tierheim arbeitete und jeden in der Familie zu überreden versucht hatte, einen kleinen dreibeinigen Hund bei sich aufzunehmen. Der Mann schilderte, der Hund solle in nur wenigen Tagen in die Tötungsstation gebracht werden, wo man ihn einschläfern würde. Scherzhaft fügte er noch hinzu, ja, es sei eine traurige Geschichte, aber wer würde schon einen dreibeinigen Hund wollen? Der Mann war ein guter Pantomime und ahmte die Bewegungen des dreibeinigen Tieres, wie er sie sich vorstellte, so gut nach, dass alle am Tisch vergnügt kicherten.
Urplötzlich hatte Oliver begonnen, den Mann anzuschreien, ihn als bösen, grausamen Menschen zu beschimpfen. Jake versuchte, ihn zu beruhigen und entschuldigte sich bei dem Mann für Olivers Verhalten. Als seine Tränen getrocknet waren, sagte Oliver, er wolle den dreibeinigen Hund aus dem Tierheim retten, und um die Situation zu entschärfen, gab Jake nach und ließ sich von dem Mann die Adresse des Heimes geben, wo seine Nichte arbeitete. Dabei war er sich alles andere als sicher, dass sie den Hund wirklich bei sich aufnehmen würden, doch er wollte seinen Sohn beruhigen. Eigentlich hatte Oliver den gleichen sanften Charakter wie Jake, und dass er von der Idee mit dem Hund so besessen war, kam für den Vater überraschend. An diesem Tag redete Oliver von nichts anderem als von dem Hund, und als er abends zu Bett ging, weinte er, weil ihm das Schicksal des dreibeinigen Tiers so nahe ging. Und so hatte sein Vater ihm schließlich versprochen, gleich am nächsten Morgen den Hund aus dem Heim zu holen.
Als sie an dem Morgen, als Nelson eingeschläfert werden sollte, ins Tierheim kamen, stellte sich heraus, dass der Hund nicht mehr da war, und Oliver war am Boden zerstört. Er fing laut und herzzerreißend zu schluchzen an, so heftig, wie er es seit dem Tod seiner Mutter nicht mehr getan hatte. Wieder und wieder schrie er: » Der Hund ist tot, der Hund ist tot.«
Jake ging in die Hocke und nahm den Jungen in die Arme. Da er damit beschäftigt war, seinen Sohn zu beschwichtigen, bemerkte er nicht, wie einer der Mitarbeiter des Heims einen Anruf tätigte, in dem es um den dreibeinigen
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