Nelson sucht das Glück
Tierärztin ihnen gesagt hatte, er sei ein ausgewachsener, reifer Hund. So kam es, dass sein zehnter Geburtstag sang- und klanglos vorüberging. Doch Jake bemerkte durchaus eine gewisse Versteifung seiner Gelenke, die etwa um diese Zeit begann. Nelsons Gang und auch seine Art, zu laufen, wurden etwas behäbiger. Ein- oder zweimal im Monat fiel er auch um, was Jake in den ersten Monaten, die er bei ihnen verbrachte, nie erlebt hatte.
Jake machte es Angst, als er die ersten Anzeichen des Alters an Nelson wahrnahm. Eines der gesundheitlichen Probleme bei Hunden mit drei Beinen, sagte die Tierärztin, sei es, dass sowohl Arthritis als auch Gelenkversteifungen, die bei älteren Hunden immer auftraten, bei ihnen etwas früher kamen, weil auf den verbleibenden Gliedmaßen mehr Belastung lag. Manchmal, bei Nacht, massierte Jake Nelsons kleinen Körper und zeigte Oliver, wie man das machte. Dem Hund schien es sehr gut zu gefallen.
Eines Morgens, als Jake sich für die Arbeit fertig machte, hörte er, wie Oliver erschrocken aus dem Erdgeschoss rief. Er war gerade dabei, Nelson sein Frühstück zu geben, als Nelson sich urplötzlich hinsetzte und nicht wieder aufstehen wollte. Als beide versuchten, ihn hochzuziehen, damit er ein paar Schritte ging, knurrte er sie an. Er schien große Schmerzen zu haben. Oliver war aufgeregt, doch Jake schaffte es, ihn in den Schulbus zu verfrachten, und versprach ihm, Nelson würde es wieder besser gehen, wenn er von der Schule nach Hause kam.
Nelson vertraute Jake und ließ es zu, dass er ihn vorsichtig hochhob und in eine kleine Decke wickelte. Dann trug Jake Nelson zum Auto und legte ihn auf den Rücksitz. Der kleine Hund winselte vor Schmerz. Wann immer er versuchte, seine Beine zu bewegen, fuhr ihm ein scharfer Schmerz durch den Körper. Die Fahrt zur Ärztin war nur kurz, und Jake trug Nelson behutsam hinein und streichelte ihm über den kleinen Kopf.
Sowohl Jake als auch Nelson mochten die Tierärztin, Dr. Richards. Sie war eine junge Frau, erst Mitte dreißig, und strahlte sowohl Kompetenz als auch eine wirkliche Zuneigung zu Tieren aus. Sie sagte zu Jake, Nelson leide wahrscheinlich an einer Verkalkung der Gelenke, doch zuerst wolle sie eine Röntgenaufnahme machen, um diese Diagnose zu bestätigen. Die Kosten würde eine spezielle Tierkrankenversicherung tragen, die Jake erst wenige Monate zuvor abgeschlossen hatte. Wenn sich die Diagnose dann bestätigte, würde sich Nelsons Zustand nach einer Kortisonspritze schlagartig verbessern.
Jake ging ein paar Stunden zur Arbeit. Nelson sah ihm mit kummervollen Augen hinterher, und Jake musste auf einmal mit einem so intensiven Gefühl der Trauer an seine Frau denken, wie er es schon seit Monaten nicht mehr verspürt hatte. Zu seiner Erleichterung schien die Tierärztin jedoch guter Dinge zu sein, als sie bei seiner Rückkehr am Nachmittag das Sprechzimmer betrat. Ja, und nicht nur das: Nelson war an ihrer Seite, an der Leine und etwas langsam, doch mit einem glücklichen Schwanzwedeln, als er Jake erblickte.
Die Tierärztin sagte zu Jake, die Röntgenaufnahme habe bestätigt, dass Nelson unter einer Verkalkung der Gelenke litt, dass man seine Schmerzen aber mit einer Kortisonspritze deutlich lindern und es Nelson ermöglichen könne, ohne Probleme zu laufen. Abgesehen von seinen Gelenkproblemen, erfreue sich der Hund sehr guter Gesundheit, meinte die Ärztin. Nelson blickte zu ihnen auf, als wüsste er, dass von ihm die Rede war, und wedelte wieder mit der Rute. Die Ärztin empfahl, ihn in den nächsten Wochen im Haus zu behalten und sorgfältig zu beobachten.
Oliver war überglücklich, dass es Nelson wieder besser ging, obwohl er ein wenig langsamer war, als sie an diesem Nachmittag miteinander spielten. Auch Norma hing sehr an dem Hund und beschloss, in den kommenden Wochen besonders gut auf ihn aufzupassen, so, wie es die Tierärztin empfohlen hatte.
Jeden Morgen, wenn sie zu Jake kam, massierte sie den Hund am ganzen Körper, während sie zusammen im Wohnzimmer saßen und Radio hörten. Sie zog es vor, sich im warmen Haus aufzuhalten, weil das besser für Nelsons Gelenke war. Nelson schien es gutzutun, und Norma hoffte, auf diese Weise das Leben des Hundes verlängern zu können. Trotzdem war sie nicht vorbereitet auf das, was nur eine Woche nach dem Tierarztbesuch geschah.
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Norma liebte Musik. Als sie noch ein junges Mädchen in Mexiko gewesen war, hatte sie sich oft gegen den Willen ihrer Eltern aus dem Haus geschlichen, um
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