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Nemesis 02 - Geisterstunde

Nemesis 02 - Geisterstunde

Titel: Nemesis 02 - Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
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herunterzufallen und sich dabei die Zähne auszuschlagen.
    »Nein«, beharrte Judith. »Bin ich eigentlich die Einzige hier, die noch an irgendetwas anderes denkt als an Geld?«
    Ed grinste breit. »Also ich denke schon noch an etwas anderes, Schätzchen«, sagte er. Zweifellos – er war wieder ganz er selbst.
    Judith ignorierte sein anzügliches Grinsen. »Ist euch eigentlich klar, in was für einer beschissenen Lage wir uns befinden?«, fragte sie. »Habt ihr alle vergessen, warum von Thun uns hierher gerufen hat?« Sie sah Zustimmung heischend von einem zum anderen, erntete aber nur verständnislose Blicke; selbst von mir.
    »Er war der Einzige, der Sängers Testament wirklich kannte«, fuhr sie fort. »Und er liegt jetzt schwer verletzt oder auch schon tot irgendwo dort unten. Könntet ihr euch vielleicht vorstellen, welche Fragen uns die Polizei stellen wird, wenn wir ihnen mit dieser Geschichte kommen?«
    »Ziemlich genau«, antwortete Stefans Stimme von der Tür her. Ich fuhr erschrocken herum. Ich hatte nicht einmal gemerkt, dass er schon zurück war. Sein Haar war nass. In der rechten Hand hielt er eine Rolle braunes Klebeband.
    »Das habe ich vorhin schon in Carls Wagen gesehen«, sagte er, als er meinen fragenden Blick bemerkte. »Ganz praktisch, wenn man immer auf alles vorbereitet ist.« Er kam näher, blieb aber drei oder vier Schritte vor Carl stehen. »Aber ich habe auch noch was anderes entdeckt«, fuhr er fort, ohne Carl dabei auch nur einen Sekundenbruchteil aus den Augen zu lassen. »Ich habe mir diesen so genannten Brunnenschacht noch mal genauer angesehen. Eigentlich erstaunlich, dass ich es nicht gleich gemerkt habe.«
    »Was?«, fragte Ellen.
    »Jemand hat dran rumgefummelt«, antwortete Stefan.
    »Vor gar nicht langer Zeit. Der Deckel musste bei der geringsten Belastung zusammenbrechen.«
    Carl begann unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen. »Und was ... soll das heißen?«, fragte er.
    »Das frage ich Sie«, antwortete Stefan. Er machte einen weiteren Schritt in seine Richtung, und Carls Blick begann fast gehetzt zwischen der Rolle Klebeband und Stefans Gesicht hin und her zu irren.
    »Was ... haben Sie vor?«, fragte er.
    »Ich will nur sichergehen, dass Sie uns nicht abhandenkommen«, antwortete Stefan. »Jedenfalls nicht, bevor Sie uns nicht ein paar Fragen beantwortet haben.«
    »He!«, machte Judith. »Langsam! Wir sind doch hier nicht im Wilden Westen!«
    Stefan sah ganz kurz in ihre Richtung, und in diesem Moment tat Carl das wohl Dümmste, was er hätte tun können, und zwar so schnell, dass selbst Stefan von dieser Aktion völlig überrascht wurde und zu spät reagierte.
    Carl prallte gegen ihn und stieß ihn aus dem Laufen heraus mit den Schultern aus dem Weg. Stefan taumelte zur Seite, besaß aber noch genügend Geistesgegenwart, zuzupacken und einen Ärmel von Carls Jacke festzuhalten. Der Wirt kam aus dem Tritt. Mit dem Mut der Verzweiflung schlug er nach Stefan und traf ihn zweimal im Gesicht, dann holte er aus und trat ihm wuchtig vors Schienbein.
    Der Hüne stieß einen Schrei aus und ließ ihn los. Mit einem Satz war Carl durch die Tür verschwunden.
    »Na warte!«, knurrte Stefan und setzte ihm nach. Die Wut gab ihm die Kraft, den Schmerz zu ignorieren. Er humpelte nicht einmal sichtbar.
    »Ich möchte nicht in seiner Haut stecken, wenn er ihn erwischt«, seufzte Judith. Sie warf mir einen auffordernden Blick zu. »Vielleicht sollten wir ihnen besser nachgehen.«
    Ich rührte mich nicht. »Er wird ihn schon nicht gleich umbringen«, sagte ich gleichgültig. Und wenn, war es auch nicht schlimm, dieser Dummkopf hatte es nicht besser verdient.
    Judith sah mich so konsterniert an, als hätte ich die letzten Worte tatsächlich laut ausgesprochen – was ich nicht getan hatte -, und im nächsten Augenblick fragte ich mich verwirrt, was zum Teufel ich da eigentlich gerade gedacht hatte. Es war noch nicht vorbei. Irgendetwas hier stimmte nicht. Ich habe nie behauptet, ein Pazifist zu sein oder lieber auch noch die linke Wange hinzuhalten, wenn mir jemand auf die rechte schlägt – aber das war dann doch nicht mehr ganz ich.
    Es war dieses Haus.
    »Von mir aus kann er ihm den Kopf abreißen und damit Fußball spielen«, sagte Judith. »Aber erst später. Wir brauchen Carl noch.«
    »Also, alles, was er für dich tun kann, kann ich bestimmt besser«, feixte Ed. »Du musst es nur sagen, Schätzchen.«
    Judith verdrehte die Augen, und auch Ellen sah plötzlich so aus,

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