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Nemesis 03 - Alptraumzeit

Nemesis 03 - Alptraumzeit

Titel: Nemesis 03 - Alptraumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte.
    Doch Maria machte keine Anstalten, zurück in das Gebäude zu rennen, um Ed mit dem Gemüsemesser, das Judith ihr gegeben hatte, mühselig in Streifen zu schneiden, sondern eilte vorweg Richtung Lehrerhaus. Sie hörte auf, wie wahnsinnig herumzukreischen, verstummte aber nicht ganz, wie ich feststellte, als wir ihr über den finsteren Hof folgten. Tatsächlich murmelte sie immer noch unverständliches Zeug vor sich hin, als wir die hölzerne Treppe in die erste Etage des Lehrerhauses hinauf zurücklegten, und schwieg erst, als wir das Rektorzimmer erreichten. Ich fragte mich ernsthaft, ob unsere graue Maus nun endgültig und unwiderruflich den Verstand verloren hatte. Ich hätte diesen Umstand durchaus begrüßt: Er bot einen ausgezeichneten Vorwand, sie – ihrem eigenen Vorschlag, wie man am besten mit Ed zu verfahren hätte, folgend – an einem beliebigen Möbelstück in einem abgelegenen Zimmer zu fixieren und die Tür zu schließen, bis die Polizei oder die Feuerwehr sich um sie kümmern würden, wenn dieser Alptraum endlich vorbei war.
    Ellen trat an uns vorbei, schob langsam die Tür auf (ich konnte mich nicht daran erinnern, sie hinter mir geschlossen zu haben) und ließ den Strahl der Taschenlampe, die sie in der Küche an sich genommen hatte, einige Augenblicke lang durch den finsteren Raum huschen, ehe sie selbst sich hineinwagte und beiseite trat, um uns ebenfalls eintreten zu lassen.
    »Für ein Rektorzimmer ist das aber recht bescheiden«, stellte Judith skeptisch fest.
    Ich konnte mich nicht daran erinnern, den Raum als Rektorzimmer bezeichnet zu haben. »Wie kommst du darauf, dass es das Rektorzimmer ist?«
    »Das hast du gesagt«, behauptete Judith, aber ihre Stimme klang nicht so fest, wie mir lieb gewesen wäre.
    Ich betrachtete sie einen Moment lang mit schräg gelegtem Kopf. Dieses Haus, die Treppe, der kleine Raum – das alles kam mir unglaublich bekannt vor, viel vertrauter, als es hätte sein sollen, nachdem ich nur ein einziges Mal hier gewesen war. Ich erinnerte mich daran, dieses an Vertrautheit grenzende Gefühl gehabt zu haben, als ich meine Füße zum ersten Mal über die Schwelle gesetzt hatte, und ich wusste auch, wie zielstrebig ich auf diesen Raum zugesteuert war und dass ich die ganze Zeit über keinen Zweifel daran gehabt hatte, dass es sich dabei um das Zimmer des Rektors, um Klaus Sängers Privatraum, gehandelt hatte.
    Ob es Judith ebenso ging? Oder war ich wirklich schon so durcheinander, dass ich mich an meine eigenen Worte kaum mehr erinnerte?
    »Eigentlich ist es nicht viel besser als unsere Zimmer«, bemerkte Ellen und zuckte mit den Schultern. »Aber nach allem, was wir bislang gehört haben, scheint unser großer Gönner Klaus Sänger ja ein gnadenloser Idealist gewesen zu sein.«
    Ich fühlte mich ganz und gar nicht wohl in meiner Haut, als ich, plötzlich ganz der Gentleman, nach den drei Frauen in das Zimmer trat. Ellen ließ den Strahl ihrer Lampe über den wuchtigen Schreibtisch gleiten und etwas Seltsames geschah: Obwohl ich mir jede Sekunde darüber bewusst war, dass er nicht tatsächlich da war, sondern lediglich in meiner Vorstellungskraft existierte, sah ich Klaus Sänger an seinem Schreibtisch sitzen, weit vornüber gebeugt und konzentriert irgendeine Lektüre studierend, die wie sein Gesicht von einer Messinglampe mit grünem Glasschirm in schwaches, unheimliches Licht getaucht wurde.
    »Respekt.« Ellens Worte zerstörten das Bild vor meinen Augen und ich war ihr dankbar dafür.
    Was war nur los mit mir? Ich hatte den alten Mann mit dem silberweißen, schütteren Haar ausschließlich auf einem Foto gesehen, nie in der Realität. Und selbst wenn ich Sänger persönlich gekannt hätte: Die Detailgenauigkeit meiner Vorstellung erschreckte mich. Eigentlich war ich ein eher fantasieloser Mensch. Meine Kopfschmerzen wurden wieder schlimmer.
    »Ich hätte dieses Geheimfach nicht so schnell gefunden wie du«, behauptete Ellen und schien sich der Unsinnigkeit ihrer eigenen Worte gar nicht bewusst zu sein, obwohl sie den in der Schmuckleiste verborgenen Schalter längst betätigt hatte und sich während des Redens nach dem offenen Fach auf der Rückseite des Tisches bückte, um sich davon zu überzeugen, dass es wirklich nicht mehr als die Bilder enthalten hatte, die ich mitgenommen hatte. »Es ist wirklich verdammt gut versteckt.«
    Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Judith sich einen kurzen Moment mit den Fingerspitzen die Schläfen rieb, ehe sie Ellen zum

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