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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gang noch beherrschen ließ, waren die heftigen Adrenalinstöße, die meine Drüsen in unregelmäßigen Abständen durch meinen Organismus jagten.
    Mit einer schwachen Bewegung tastete ich nach dem altertümlichen schwarzen Drehschalter im Duschraum und betätigte ihn. Ein leises Knacken erklang und hallte von den gekachelten Wänden der schmalen Kammer mit der fleckigen, hölzernen Bank in der Mitte wider, die ich im schwachen, von außen einfallenden Licht der nackten Glühbirne unter der Decke im Flur erkennen konnte.
    Aber das Aufflackern der langen Neonröhre unter der von unzähligen mehr oder weniger feinen Rissen durchzogenen Decke im Duschraum, von der hier und da bereits der Putz abgebröckelt war, sodass er in Form von Staub und kleinen Bröckchen auf dem Boden verteilt lag, blieb aus. Wir mussten uns mit dem schmalen Lichtstreifen zufrieden geben, der von außen hereinfiel und die beiden mächtigen Waschbecken an der Längswand, die annähernd so groß waren wie durchschnittliche Badewannen und über denen eine ganze Batterie von Wasserhähnen angebracht war sowie die sechs aus der gegenüberliegenden Wand ragenden rostigen Duschköpfe.
    Ich griff nach Carls Handgelenken und durchtrennte die Klebebandfesseln mit dem Dolch. Ich konnte nicht genau sehen, ob ich ihn dabei versehentlich verletzte und vielleicht das der Grund war, weshalb der Wirt erschrocken zusammenzuckte, aber es war mir auch egal. Als ich ihn von seinen Fesseln befreit hatte, fiel mir ein, dass ich die Rolle mit dem restlichen Klebeband auf der Arbeitsplatte hatte liegen lassen. Mit einem leisen Fluch stieß ich den erbärmlich stinkenden Althippie einen Schritt weiter in den Duschraum hinein.
    »Los, zieh dich aus, Dicker!«, sagte ich harsch. Der Ärger, der aus meiner Stimme klang, galt zumindest in diesen Sekunden eher mir selbst als ihm, aber das musste und sollte er nicht wissen. »Und wirf die Klamotten gleich hinten aus dem Dachfenster.«
    »Würdest du vielleicht hinausgehen?«, fragte Carl vorsichtig, wobei er das Messer in meiner Hand keine Sekunde aus den Augen ließ, als erwartete er die Antwort auf seine Frage nicht von mir, sondern von der kleinen, mörderischen Waffe. »Ich ... brauche niemanden, der mir beim Duschen Händchen hält.«
    Ich ließ die Klinge in meine offene Linke klatschen.
    »Das läuft hier so, wie ich es entscheide«, antwortete ich trocken.

Der Wirt holte Luft, um etwas zu entgegnen, riskierte aber kein weiteres Aufbegehren. Wortlos wandte er sich von mir ab und streifte sein albernes Rüschenhemd ab, das meiner Meinung nach auch nicht viel geschmackvoller gewirkt hatte, als es noch nicht über und über mit Blut bespritzt gewesen war. Darunter trug er ein weißes Feinrippunterhemd. Sehr apart, dachte ich bei mir. Es sah ganz so aus, als würde der Dicke die alten Wäschebestände seines Vaters auftragen. Er würde sicher einen modischen Kulturschock erleiden, wenn er auf Stefans Klamotten Zugriff, sobald er sich gewaschen hatte. Ich stellte ihn mir in hauteng anliegenden Hotpants und pinkfarbenem Synthetik-Muscleshirt vor und konnte mir ein kurzes Grinsen nicht verkneifen. Der Wirt trat aus dem einfallenden Lichtstrahl heraus in den Schatten, ehe er die Hosen herunterließ, wobei er leise vor sich hin murmelte. Wahrscheinlich verfluchte er mit seiner weinerlichen Stimme in einer endlosen Litanei die Welt, aber ich konnte seine Worte nicht verstehen. Schließlich war es ein durchdringendes, metallisches Quietschen, welches an der Füllung in meinem Weisheitszahn rüttelte und das Gemurmel des Wirtes jäh beendete.
    »Tot!«, fluchte Carl. »Hier kommt kein Wasser!«
    »Dann probier eben einen anderen Hahn«, gab ich unbeirrt zurück.
    Carl stöhnte auf. Etwas knirschte leise. Ich blickte nicht in seine Richtung, denn ich legte keinen besonderen Wert darauf, die Speckschwarten an seinen Hüften und die Cellulite an seinen aneinander reibenden Oberschenkeln auch nur im schwachen Licht wabern zu sehen, konnte mir aber lebhaft vorstellen, wie der Dicke mit dem angerosteten Wasserregler einer anderen Dusche kämpfte.
    Schließlich ertönte ein tiefes, gurgelndes Geräusch. Fast im selben Moment schrie Carl entsetzt auf.
    »Scheiße!«, fluchte er. »Das Wasser ist eiskalt!« In der nächsten Sekunde hüpfte er wie von der Tarantel gestochen aus dem Schatten in den gelben Lichtstrahl und wieder zurück. Er litt tatsächlich an Cellulite. Außerdem hatte er ein paar hässliche, blauviolette Krampfadern an den

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