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Nemesis 06 - Morgengrauen

Nemesis 06 - Morgengrauen

Titel: Nemesis 06 - Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
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er.
    »Und das, obwohl Maria eigentlich in der Lage hätte sein sollen, sich gegen dich abzuschirmen. Du kannst dir kaum vorstellen, was es für mich bedeutet hat, Zeuge dieses Duells werden zu dürfen.« Seine Stimme nahm einen schwärmerischen Klang an. »Nach mehr als fünfzig Jahren hat sich der Traum, auf dem das Projekt Prometheus begründet war, endlich erfüllt. Du bist eine lebende Waffe.
    Das Kind, das sich der Führer von uns gewünscht hat.«
    »Ich bin kein Mörder.« Meine Zunge fühlte sich an wie ein bleigefülltes Stück Holz. Das Beruhigungsmittel wirkte noch, aber trotzdem sträubte sich alles in mir gegen dieses Gespinst aus Lügen und Rassenwahn, in welches dieser senile Greis mich hineinzuziehen versuchte.
    »Was für Beweise brauchst du noch?« Wieder erschien die Sichel zwischen Kinn und Nase des Professors. »Heute würde man sagen, dass wir den Auftrag erhalten haben, eine Truppe absolut führertreuer Psioniker auszubilden.
    Deshalb auch diese Schule. Sie diente zum Teil als Tarnung, aber das Ziel war auch, Kinder zu indoktrinieren, bis sie völlig von unseren Idealen überzeugt waren. Es mussten Kinder sein, weil sie noch am besten zu formen sind.
    Sturmbannführer Krause und andere haben sie für uns gesucht: Kinder unter zehn Jahren, die allen arischen Idealen entsprachen. Sie sollten blond, blauäugig und von gesundem Wuchs sein, und natürlich begabt. Sie haben tausende Kinder in den besetzten Gebieten vermeintlichen Intelligenztests unterzogen, weißt du. Versuche, wie sie später mit den Zehner-Karten durchgeführt wurden, haben wir mit einem Skatblatt praktiziert. Die Kinder saßen hinter einer dünnen Holzwand und sollten raten, welche Karten der Prüfer für sie unsichtbar vor sich aufdeckt. Ich bin übrigens der Meinung, dass bei diesem Versuch die Begabten durch die Augen des Prüfers sehen und nicht einfach nur fühlen, welche Karten aufgedeckt werden. Wir wollten Kinder, die in den Geist anderer schlüpfen können.«
    Er schüttelte den Kopf und seufzte tief. »Du kannst dir kaum vorstellen, wie unendlich schwierig es war, Begabte zu finden«, fuhr er fort. »Bis Ende des Krieges hatten wir gerade einmal vierundzwanzig. Übrigens hat sich herausgestellt, dass man einen Teil der Begabten durch niedrigfrequente Schallwellen zu besseren Leistungen stimulieren kann.«
    Niedrigfrequente Schallwellen, hallte es in meinem Kopf wider. Der Bass ? Das Zittern des Bodens unter meinen Füßen? Das Kribbeln in meinen Innereien ...
    »Mit dem Untergang des Tausendjährigen Reiches war klar, dass wir unsere Versuche vorläufig einstellen mussten«, drängte sich wieder die Stimme des Professors in meine Gedanken. »Von der kleinen, handverlesenen Schar von Wissenschaftlern und anderen Mitarbeitern, die am Projekt Prometheus beteiligt waren, zeigte im Gegensatz zu unseren Ingenieurskollegen, die an Raketen und Düsenjägern gebaut hatten, keiner Interesse daran, alliierte Kriegsbeute zu werden. Unser Forschungsprojekt war so klein, dass die Siegermächte nicht auf uns aufmerksam geworden sind. Aber die Bedingungen der frühen Nachkriegszeit ließen es nicht zu, unsere Arbeit fortzuführen.
    Erst als ich Anfang der fünfziger Jahre diese Schule hier auf der Burg eröffnen konnte, wurde das Projekt wieder aufgenommen. Du würdest kaum glauben, wie schwer es war, nach den Kriegswirren die Kinder wieder aufzuspüren. Aber fast alle sind zurückgekommen, als es mir schließlich gelungen war und ich ihnen ein Stipendium versprochen hatte, denn die meisten waren in Kinderheimen gelandet. Ihr Abitur an einer Privatschule zu machen, das war die Chance ihres Lebens. Ein Abschluss hier und das Versprechen, bei guten Leistungen auch ein Studium über die Sänger-Stiftung bezahlt zu bekommen, war der Schlüssel zu künftigem Wohlstand.«
    »Meine Eltern waren nicht besonders reich«, fiel ich in den Redefluss des alten Mannes ein. »Und sie kamen auch von Ihrer Schule. Demnach sind Ihre Versprechungen nichts als Schall und Rauch gewesen, was?«
    Sänger fuhr sich mit dem Daumen über die Lippen. »Du tust mir unrecht«, verteidigte er sich, »auch wenn dein Vorwurf nicht ganz unberechtigt ist. Es zeigte sich im Rahmen der Versuche, dass alle Hochbegabten besonders anfällig dafür sind, Tumore im Frontlappen ihres Hirnes auszubilden.«
    »Vielleicht sind diese Krebserkrankungen ja auch die Folge Ihrer Menschenversuche«, entgegnete ich, aber mein Widerspruch war nur noch geflüstert. Ich konnte meine Arme

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