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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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mit dem ersten Monat? War er lebendig genug?«
    Lukas schluckte die Portion hinunter. »Mir hat’s gereicht.«
    »Den Bericht an die Pariser Polizei haben Sie abgeschickt?«
    »Der ist eben in den Postausgang gewandert.«
    »Wie ich vorhin bemerkt habe, sind die Fäden über Ihrem Auge gezogen worden. Wann ist das denn passiert? Es war doch Wochenende.«
    »Sie waren eingewachsen. Es hat entsetzlich gejuckt. Mein Vater hat sie gezogen.«
    »Dann können wir uns wieder der gewöhnlichen Osteifler Kriminellenszene widmen.«
    »Haben wir einen neuen Fall?«
    Habermehl kam nicht dazu, eine Antwort zu geben. Es klopfte. Im nächsten Augenblick flog die Tür auf und Weinbrecht stürmte herein. »Wir haben Arbeit, eine Entführung.«
    »Wer ist gekidnappt worden?«, erkundigte sich Habermehl.
    »Bauer Liedtke hat angerufen. Eine Kuh ist weg.«
    »Verarschen Sie mich nicht. Kühe werden nicht entführt, die laufen weg.«
    »In diesem Fall nicht, weil sein Trecker auch weg ist. Die Kuh stand auf dem Anhänger.«
    »Herr Weinbrecht«, Habermehl gab seiner Stimme einen scharfen Klang.
    »Das ist noch nicht alles. Die Frau des Bauern ist auch verschwunden, mit Traktor und Kuh. Seit gestern.«
    »Warum sagen Sie das nicht gleich?«
    »Weil Bauer Liedtke es mir in dieser Reihenfolge erzählt hat.«
    Seufzend fiel Habermehl gegen die Rückenlehne, holte ein Taschentuch hervor und wischte über die Stirn. »Es soll einer die Eifler verstehen.«
    »Was machen wir?«, fragte Weinbrecht.
    »Sie und Herr Beyer kümmern sich darum. Fühlen Sie dem Bauern auf den Zahn.«
    Weinbrecht verließ den Raum.
    »Und was ist mit mir? Soll ich mitfahren?«
    »Nein. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es noch eine astronomische Frage zu klären. Das machen Sie jetzt.«
     
    Lukas zog eine Schublade an seinem Schreibtisch auf. Auf einem Zettel hatte er die Telefonnummer von Doktor Volker Abromeit notiert. Er wählte die Nummer und bekam sofort Verbindung.
    »Hallo, Herr Doktor Abromeit. Sie erinnern sich an mich?«
    »Natürlich. Sie sind der Kriminalbeamte, mit dem ich vor zwei Wochen telefoniert habe. Wir unterhielten uns über den Kometen. Was kann ich heute für Sie tun?«
    »Sie haben gehört, wer der Schlitzer ist?«
    »Ja.« Abromeit senkte seine Stimme. »Wir alle sind zutiefst erschüttert. Wenn man sich vorstellt, monatelang mit einem Menschen zusammengearbeitet zu haben, der sich als dreifacher Mörder entpuppt. Schockierend.«
    »Das glaube ich gern, Herr Doktor. Mir geht es genauso, denn schließlich kenne ich Jan seit der Schulzeit.«
    »Er war ein fähiger, intelligenter Mitarbeiter, dem die Türen bei uns offenstanden. Unser Chef hat ihm nach Abschluss des Studiums eine Festanstellung am Observatorium in Aussicht gestellt. Er brauchte nur zugreifen und hätte zweifelsohne seinen Weg gemacht.«
    »Er war ein Januskopf mit zwei völlig unterschiedlichen Gesichtern.« Das Gespräch kam kurzzeitig ins Stocken. »Es hört sich im Abstand von wenigen Tagen zu den furchtbaren Verbrechen möglicherweise platt an, aber das Leben geht weiter.«
    »Die Zeit heilt alle Wunden, und die Erde wird weiterhin ihre Bahn um die Sonne ziehen. Wir sollten über das sprechen, weshalb Sie sich gemeldet haben. Zweifellos wollen Sie etwas von mir wissen.«
    »Sie haben recht. Aber bevor ich eine Frage stelle, was wir Polizisten ausgesprochen gern tun, Herr Doktor, möchte ich Ihnen die Antwort auf ein Rätsel geben.«
    »Aus Ihrem oder aus meinem Fachgebiet?«
    »Aus Ihrem.«
    »Da bin ich aber sehr gespannt, was ein Kriminalbeamter einem Astronomen über Astronomie Neues erzählen kann.«
    »Ich weiß, was das Wort Nemti bedeutet.«
    Sekundenlang blieb es still. Nur ein leises Summen im Hintergrund und das Atmen von Volker Abromeit waren zu hören.
    »Seit fast zweihundert Jahren rätseln Astronomen darüber. Nun kommen Sie, einer der, mit Verlaub gesagt, keine Ahnung von Astronomie hat, und sagen, Sie wüssten es. Verdammt starker Tobak.«
    »Manchmal ist es eben nützlich, über den Rand seines Fachgebietes hinauszublicken.«
    »Den Wink mit dem Zaunpfahl habe ich verstanden, Herr Dux. Ich gebe Ihnen sogar recht. Also, ich blicke gerade über meinen Tellerrand. In welche Richtung muss ich schauen?«
    »Südosten. Ich schlage die altägyptische Mythologie vor.«
    »Klären Sie mich auf? Da wäre ich nicht drauf gekommen.«
    »Gern. Nemti war eine lokale Gottheit, die im alten Ägypten in zwei Gauen verehrt wurde. Sie wurde als Falke

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