Nemti
Augenbrauen hoch.
»Das ist eindeutig. Es hat nicht das Geringste mit Esoterik oder Astrologie zu tun. Die Fundorte der Leichen und die Positionen der genannten Sterne stimmen genau überein.«
»Ich gebe Ihnen recht.« Weinbrecht starrte auf die vor ihm liegenden Blätter. Seine Stirnmuskeln spreizten sich und er hob die oberen Augenlider an, ein klarer Hinweis auf Erstaunen. »Es sieht tatsächlich so aus, dass der Mörder die Tatorte nach einer Konstellation am Himmel ausgewählt hat.«
»Nachdem Sie alle Ihrer Verblüffung Ausdruck gegeben haben, eine Frage«, meldete sich Habermehl zu Wort. »Was sind das für Sterne?«
»Die Deichselsterne des Großen Wagens.«
»Aha. Und warum gerade die?«
»Das kann ich nicht beantworten. Aber der Schlitzer wird es wissen.«
»Wir sollten ihn unbedingt danach fragen, wenn wir ihn haben«, meinte Weinbrecht.
»Ich brauche einen Kaffee. Wenn Sie so gut wären, Herr Beyer«, sagte Habermehl und schob seine Tasse in Richtung der Glaskanne. Er legte den Ausdruck der Landkarte vor sich auf den Tisch und schob die Folie darauf hin und her.
Niemand sagte etwas. Die Stille füllte sich mit ungläubigem Staunen und einer gewissen Verblüffung.
»Meine Herren«, sagte Habermehl nach einer Weile. »Herr Dux hat uns seine Erkenntnisse überzeugend dargelegt. Es ist unglaublich, aber die Ausdrucke belegen das eindeutig. Es gibt diesen Zusammenhang. Allerdings bleibt eine Frage offen.«
»Sie meinen den vierten Stern, den ich eingezeichnet habe?«, fragte Lukas.
Habermehl nickte. »Denken Sie dasselbe wie ich?«
»Vermutlich ja. Wenn es einen vierten Mord geben sollte, was wir alle nicht hoffen, wird er dort stattfinden, wo sich, auf die Landkarte übertragen, die Position des Sterns Megrez befindet.«
»Eines sollten wir aber bedenken«, meldete sich Weinbrecht zu Wort. »Ich habe zwar keine Ahnung von Astronomie, weiß aber, dass zum Großen Wagen noch weitere Sterne gehören.«
»Du willst andeuten, dass der Schlitzer noch mehr Morde planen könnte, als wir bisher ahnen?«, fragte Beyer.
»Solange wir die Motivation des Mörders nicht kennen, werden wir darauf keine endgültige Antwort finden«, sagte Lukas. »Allerdings bin ich der Überzeugung, dass es nur noch einen Mord geben wird. Aber das wäre auch schon einer zu viel.«
»Wir wären theoretisch in der Lage, den Mord zu verhindern, weil wir den Tatort kennen«, mutmaßte Weinbrecht.
»Das Problem ist, wir wissen nicht, wann er wieder zuschlägt.«
»Was macht Sie eigentlich so sicher, dass der Täter nach dem vierten Mord aufhören wird zu töten?«, fragte Habermehl.
»Würden Sie mir bitte eine der Ermittlungsakten reichen, Herr Beyer?« Lukas schlug sie auf und zog aus einer Plastikhülle eine Fotografie hervor. Es zeigte in Großaufnahme das Symbol, das der Mörder in die Wangen der Opfer einzuschneiden pflegte, sein Markenzeichen. »Wegen des Symbols, Herr Habermehl.« Er hielt das Bild hoch. »Wir haben bereits darüber gesprochen.«
»Dann ist es an der Zeit, auch uns zu informieren«, beschwerte sich Weinbrecht.
»Gleich, Herr Kollege. Was bitte hat das Symbol mit den Sternen zu tun?«, wollte Habermehl wissen.
»Wenn Sie sich das Symbol genau ansehen, werden Sie erkennen, dass die Schnitte auf der rechten Seite eine abknickende Linie mit zwei Endpunkten und zwei Knickpunkten darstellen. Sie ist exakt ausgeführt, von einem Punkt zum nächsten um einen bestimmten Winkel geneigt. Wenn man sich jetzt an diesen Punkten vier Sterne vorstellt …« Weiter kam er nicht.
»Natürlich«, entfuhr es Beyer. »Die rechte Seite des Symbols stellt die Deichselsterne des Großen Wagens dar, verbunden mit kurzen Linien.« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
»So ein Drecksack. Der Schlitzer hat uns von Anfang an einen versteckten Hinweis gegeben, und wir haben ihn nicht wahrgenommen.«
»Woher auch, Herr Weinbrecht?«, sagte Habermehl. »Wir hatten bis vorhin keine Ahnung, was es mit diesem Symbol auf sich hat, und wir kennen immer noch nicht seine wahre Bedeutung.«
»Wir sollten es herausfinden«, meinte Beyer leise.
»Aber wir haben nichts in der Hand. Keinen einzigen Hinweis aus der Bevölkerung. Nichts.« Weinbrecht ließ resigniert die Schultern hängen.
»Wo bleibt Ihr Optimismus?«, erwiderte Habermehl. »Strengen wir uns an. Wir haben schon viel zu lange in den Nebel gestarrt. Wir sollten unsere Kräfte bündeln, jetzt, wo er sich langsam zu heben beginnt.«
Die Kommissare waren so
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