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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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des Gebietes befahren zu dürfen. Im Internet hatte er die Seiten der Landesforsten Rheinland-Pfalz aufgerufen und das Logo kopiert. Er würde es an der Frontscheibe seines Wagens anbringen.
     
    Eine halbe Stunde später bog er in Höhe der Schweppenburg von der Talstraße ab und ließ sein Auto auf der Zufahrt zur Sprudelwasserfabrik ausrollen. Zurückgelehnt drückte er sich tief in den Sitz und beobachtete die Gegend. Nur ab und zu fuhr ein Lastwagen vorbei. Kaum Publikumsverkehr.
    Neferkarê startete schließlich den Wagen und fuhr auf den Besucherparkplatz. Er war leer. Beim Einparken entdeckte er ein Schild. Rauchen war strengstens verboten. Wieder wartete er. Es musste doch möglich sein, hier ein Opfer aufzutreiben. Die Zeit verrann. In seiner Fantasie sah er sich bereits mit dem Meister im Tempel, um den Göttlichen zu verherrlichen. Nur langsam löste er sich aus den Gedanken. Hier war der Hund begraben. Vielleicht sollte er sich woanders ein Opfer suchen.
    In diesem Moment fuhr ein Golf auf den Parkplatz und ein alter Mann stieg aus. Ein Blick genügte, und Neferkarê wusste, dass der Mann das ideale Opfer darstellte. Er war jenseits der Siebzig und schmächtig. Ihn konnte er leicht überwältigen. Mit einer Flasche in der Hand spazierte der Mann rechts am Werksgelände vorbei auf ein Gebäude zu. Er folgte ihm. An einer Biegung verschwand der Alte aus seinem Blickfeld. Langsam ging er weiter und entdeckte den Mann, der an einem Wasserhahn hantierte. Er befüllte die Flasche mit Wasser.
    Neferkarê griff sich an den linken Arm. Dort steckte in einer Ledermanschette, und verdeckt vom Ärmel seiner Jacke, ein Stilett. Der Meister hatte ihm aufgetragen, es bei seinen Erkundigungen mitzuführen. Leichtfüßig schlenderte er zu dem Alten hinüber und grüßte ihn. »Sagen Sie bitte, kann man das Wasser trinken? Schmeckt das?«
    »Und ob. Es ist das beste, das ich kenne. Die Firma hat es öffentlich zugänglich gemacht. Jeder der mag, kann sich kleine Mengen abfüllen.«
    »Soll das gesund sein?«
    »Seit dreißig Jahren komme ich täglich her und hole mir ein Fläschchen. Mir hat es bisher nicht geschadet.«
    Neferkarê rümpfte die Nase. »Schmeckt es denn auch?«
    »Das ist naturbelassenes Mineralwasser mit vielen Mineralien und Eisen. Auch natürliche Kohlensäure ist enthalten. Sehen Sie.« Er hob die gefüllte Flasche und zeigte auf die aufsteigenden Blasen. »Sie sollten es unbedingt kosten.«
    »Ich habe keine Flasche dabei. Bin rein zufällig hier. Doch beim nächsten Mal werde ich es bestimmt probieren.«
    »Es wird Ihnen nicht schaden.« Der Alte sah auf seine Armbanduhr. »Ich bin zwar gut in der Zeit, muss aber weiter.«
    »Sie sind bestimmt Rentner. Warum die Eile? Leben Sie etwa im Ruhestand immer noch streng nach der Uhr?«
    »Die Macht der Gewohnheit.« Der Alte zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, es ist blöd, aber was soll ich machen?«
    »Dann will ich Sie nicht aufhalten. Möglicherweise treffen wir uns hier wieder. War nett mit Ihnen zu plaudern und schönen Dank für den Tipp.«
    »Nichts zu danken. Um diese Zeit bin ich immer hier. Würde mich freuen.«
    Obwohl innerlich aufgewühlt, bemühte sich Neferkarê um eine ausdruckslose Miene. Den würde er sich holen. Verstohlen blickte er auf seine Uhr, um sich die Zeit zu merken. Sie würden sich wiedersehen, und zwar bald. Der ahnungslose Tropf. Er blickte ihm hinterher. Der Alte war genau richtig, aber die Wiedersehensfreude würde ihm schnell vergehen. Er konnte mit dem Wagen bis hierher vorfahren und sich den Mann greifen.
    Zum ersten Mal hatte er ein Opfer näher kennengelernt und sich mit ihm unterhalten. Es machte ihm nicht das Geringste aus, den Mann trotzdem zu töten. Er empfand nicht einen Funken Mitgefühl für ihn. Der Alte diente in seinen Augen lediglich als Blutspender für Seth.
    Neferkarê lächelte und rieb sich die Hände. Wenn er schon einmal hier war, konnte er das Wasser auch probieren. Er formte mit den Handflächen eine Schale und fing es auf. Sobald das Wasser über seine Zunge floss, spuckte er es aus. Der Geschmack war sehr gewöhnungsbedürftig. Und doch nahm er einen weiteren Schluck. Er schmeckte den Eisengehalt deutlich und erinnerte sich an den Geschmack des Bluts seiner Opfer.
    Das Ergebnis seiner Erkundigungen stellte ihn zufrieden. Seine bevorstehende Mission würde perfekt verlaufen, da war er sich sicher. Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, schlenderte er pfeifend zurück zu

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