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Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition)

Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition)

Titel: Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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Handflächen zermalmen. Sie warf mir die Arme um den Hals und drückte mir die Luft ab. Sie biss in meine Unterlippe. Der Letzte, der mich vor ihr gebissen hatte, war der Rottweiler gewesen. Ich packte ihr Haar, das sich schwer und kühl in meine Hand legte, und wunderte mich über das merkwürdige Keuchen und Knurren, das mir zu Ohren drang. Dann begriff ich, dass wir es waren, die diese Geräusche machten.
    Plötzlich ließ sie mich los und fuhr einen Meter zurück. Meine Knie wurden ganz weich. Ich spannte die Beine an, um nicht einzuknicken, erfasst von der irren Angst, dass Janne mir die Fähigkeit zu gehen geraubt hatte und ich von jetzt an doppelt gestraft war – ohne Gesicht, ohne Beine. Ich stützte mich an der Wand ab und drehte mich automatisch zur Webcam. Sie schien ausgeschaltet zu sein, das rote Auge leuchtete nicht, also sparte ich mir ein Lächeln für die Öffentlichkeit. Die Beine waren noch da und sie trugen mich. Janne beobachtete mich aus einiger Entfernung, mit strahlenden Augen und einem sehr breiten Grinsen.

    Ich schob Jannes Rollstuhl über den Bürgersteig. Jannes Mutter stand in der Haustür und sah uns hinterher. Ich drehte mich um und winkte. Sie winkte zurück, ungeschickt und steif. Beim Verabschieden hatte sie mich auf beide Wangen geküsst, und ich hatte ihr süßliches Parfum eingeatmet und die kleinen Fältchen unter der Puderschicht um ihre Augen angeblinzelt.
    Ich konnte Jannes Gesicht nicht mehr sehen, nur ihren Scheitel in dem schwarzen Haar. Wir sprachen nicht miteinander. Ich konnte von oben ein wenig von ihrem Schoß sehen, die Vertiefung in den Kleiderfalten, die kleinen Hände, die Finger ineinander verschränkt.
    »Soll ich dir einen Schoßhund schenken?« fragte ich, als wir an einer Ampel warteten.
    »Wozu?«
    »Würde gut zu dir passen. Ein kläffendes Hündchen mit Haarklammer auf deinem Schoß.«
    »Superidee«, sagte Janne.

          Bis zum Familienbildungszentrum hatten wir eine knappe Stunde gebraucht, und das nur, weil ich so langsam war. Wir gingen nicht in den Meditationsraum. Diesmal waren wir im kleinen Garten hinter dem Gebäude verabredet. »Damit Janne keine Treppenstufen steigen muss«, hatte der Guru gesagt. Dabei gab es am Eingang eine Rampe, sonst hätte sie auch die anderen Male nicht reinkommen können – ich begann neuerdings, auf so etwas zu achten.
    Sie waren alle schon da, verteilt auf zwei Holzbänke um einen alten Tisch herum, auf dem eine Riesenflasche Apfelschorle und ein Stapel Plastikbecher standen. Sie schauten uns entgegen, alle, selbst Marlon mit seiner Sonnenbrille sah aus, als würde er uns mit Blicken durchbohren. Jetzt, da wir den Asphalt verlassen hatten, ließ sich der Rollstuhl viel schwerer schieben. Ich schwitzte. Der Guru hob hastig die Kamera und richtete sie wie ein Gewehr auf uns.
    »Janne?« fragte Marlon mit einer Stimme, angespannt wie eine Gitarrensaite.
    »… und Marek«, ergänzte Friedrich strahlend.

    »Macht man das wirklich so?« fragte Richard, nachdem der Guru uns alle herzlich begrüßt hatte. »Bist du dann Gruppenleiter und Kameramann in einem?«
    »Ich bin alles in einem.« Der Guru lief mit seinem Gerät um uns herum, und ich hatte Lust, ihn wegzuscheuchen wie eine Fliege. »Schon immer, mein Leben lang. Ich bin Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann, Sprecher, Koch, Mädchen für alles. Der Schöpfer schlechthin.«
    »Vielleicht sollten wir dich feuern und jemand anderen nehmen«, sagte Janne. »Einen, der etwas von der Sache versteht.«
    »Macht das«, sagte der Guru. »Wieso seid ihr beiden eigentlich zusammen gekommen? Ihr fangt doch nicht etwa was miteinander an? Ich warne euch. Denkt an eure armen Kinder.«
    Ich verschluckte mich an der Schorle. Alle schauten mich an. Marlon vor allem. Ich war mir sicher, dass er es tat. Jannes Blick war in die Ferne gerichtet, ihre Hände im Schoss gefaltet, als hätte sie mit alldem nichts zu tun, mit mir am allerwenigsten.
    »Beziehungen«, sagte der Guru verträumt, »sind schon für uns Normale nicht einfach. Da müsst ihr ja ganz schön verzweifeln. Hat jemand von euch eine Freundin? Möchte jemand davon erzählen?«
    Richard blieb stumm, griff aber automatisch nach dem Ring, den er am kleinen Finger trug. Marlon hatte sein Gesicht nach Janne ausgerichtet und pfiff eine Melodie. Janne saß ganz unbeteiligt da. Und die Tunte namens Kevin hob die Hand und sagte: »Ich habe einen ganz lieben Freund.«
    Darüber wollte aber keiner Genaueres wissen, also

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