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Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition)

Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition)

Titel: Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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bin so ein Idiot. Ich denke die ganze Zeit, jetzt kommt Claudi zurück und sagt, die in der Schweiz haben sich getäuscht, das ist ein ganz falscher Typ, um den es nicht so schade ist, vielleicht hat er wenigstens kein so kleines Kind …«
    »… und keine so süße Frau«, sagte ich unbeholfen. Ich strich die Gurkenscheiben von der Messerschneide in die Schüssel, trocknete die Finger am T-Shirt und legte sie auf Tamaras zitternde Schulter.
    »Sag, was ich für dich tun soll, ich mach alles, was ich kann.«
    »Du bist lieb.« Sie schniefte und fuhr sich mit dem Handrücken übers verschmierte Gesicht. »Du bist genauso lieb wie er. Kannst du Ferdi hochtragen?«

    Ferdi war schwer und roch nach Bananen und Milch. Er hing mit offenem Mund und zurückgeworfenem Kopf wie ein Sack in meinen Armen. Mein Herz raste. Ich hatte furchtbare Angst, ihn fallen zu lassen. Ich fragte mich, ob schlafende Kinder viel unhandlicher waren als wache. Ich wusste nicht, wie ich ihn die Treppe hochkriegen sollte, ohne zu stolpern und zu stürzen.
    »Soll ich lieber?« fragte Tamara.
    »Nein«, presste ich zwischen den Zähnen hervor. »Mach Licht auf der Treppe.«
    Stufe für Stufe stieg ich hoch, mit Ferdis Atem an meinem Hals, dem Duft seiner nass geschwitzten Haare in der Nase, der mich an Roggenbrot erinnerte, der feuchten Haut unter dem T-Shirt, die mich fürchten ließ, dass er mir aus den Händen rutschen könnte. Ich war noch nie in den Bergen wandern gewesen und musste an meinen Vater denken. So war es wohl, Berggipfel zu erklimmen, und wenn man abstürzte, war alles vorbei.
    Wir waren da, und Tamara hatte Ferdis Zimmertür für mich aufgerissen und die Nachttischlampe angeknipst, die den Raum in rötliches Licht tauchte.
    Sie schlug die Decke zurück, und ich legte Ferdi aufs Bett und ging davor in die Knie. Wahrscheinlich hatte ich eine Viertelstunde gebraucht, um die Treppe hochzukommen. Tamara zog an Ferdis Hose, bis er mit seinen dünnen nackten Beinen und der Dinosaurier-Unterhose dalag, streifte ihm die Anti-Rutsch-Socken von den Füßen, und er murmelte etwas und öffnete die Augen. Er sah mich direkt an, und ich dachte, das hätte nicht passieren dürfen, der Junge kriegt einen Schock fürs Leben, wird noch als Vierzigjähriger nur bei Licht einschlafen und niemals mit seinen Kindern in die Geisterbahn gehen, doch es war zu spät, um einen Schritt zurück ins Dunkle zu treten. Ich stand ja auch gar nicht, ich kniete.
    Ferdi sah mich aus weit geöffneten Augen an und lächelte.

          »Er war nicht wirklich wach«, sagte Tamara. »Er spricht oft im Schlaf und läuft manchmal sogar herum, er ist, wie heißt es, mondsüchtig.«
    »Ich war auch Schlafwandler, als ich klein war«, fiel mir plötzlich ein. »Claudia hat früher immer die Haustür abgeschlossen und Messer und Scheren vor mir versteckt.«
    Tamara sah mich besorgt von der Seite an.
    Wir waren in die Küche zurückgekehrt, hatten das Essen fertig gemacht und saßen uns gegenüber. Das Schweigen war zäh. Ich versuchte, meinen Blick an Tamara vorbeigleiten zu lassen, um nicht daran denken zu müssen, was heute morgen gewesen war. Jetzt, wo Ferdi nicht mit am Tisch saß, kehrten die Bilder penetrant in mein entzündetes Hirn zurück.
    Tamara erhob sich zum fünften Mal, um etwas aus den Schränken zu holen. Diesmal war es eine Flasche Wodka und zwei Gläser, die sie zwischen uns auf den Tisch stellte.
    »Wir haben noch gar nicht auf ihn getrunken«, sagte sie.
    »Hm?« Ich drehte die Wodkaflasche und studierte das Etikett, als verstünde ich irgendetwas davon.
    »Darfst du überhaupt?« fragte sie besorgt. »Bist doch schon sechzehn, oder?«
    »Wenn ich dich ficken darf, darf ich auch Wodka mit dir trinken«, sagte ich, und sie schlug mir mit der flachen Hand auf den Mund: »Das will ich nie wieder hören.«
    Sie schenkte ein, für sich ein kleines Glas voll, für mich ein ganz klein wenig, und stand auf. Ich tat es ihr nach. Sie hob das Glas und schloss die Augen. Ihre Lippen bewegten sich, dann führte sie das Glas zum Mund. Ich nippte an meinem, da öffnete sie wieder die Augen und stellte ihr Glas wieder ab.
    »Claudi«, sagte sie.
    Jetzt hörte ich es auch. Der Motor, der lauter wurde, als das Auto abfuhr, die Schritte auf den Stufen, der Schlüssel, der sich im Schlüsselloch drehte. Claudia stand in der Tür und wankte. Erst dachte ich, sie ist verletzt, dann begriff ich, dass sie nur furchtbar müde war. Ich lief zu ihr, um sie zu stützen, aber sie

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