Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
die Qual des Tieres und erleichterte Rhonan die Wahl.
Gideon hatte unterdessen Äste zusammengetragen und am Rand des Plateaus aufgeschichtet. Während Caitlin sie mit einem Feuerzauber entzündete, baute er schon mal das Zelt auf. Immer wieder schweifte der Blick der Prinzessin zum Felseingang.
»Es dauert so lange, Gideon! Glaubst du, dass alles in Ordnung ist?«
»Du hast doch gesehen, dass er nicht so schnell ist. Wir hätten es sicher gehört, wenn etwas geschehen wäre. Er wird schon kommen!«
Sie zögerte und schüttelte sich unwillkürlich. »Er macht so schauerliche Sachen, und manchmal ist er mir unheimlich, aber ich bekomme immer Angst, wenn er nicht da ist.«
Ihr Begleiter lachte leise. »Mir geht es genauso. Er scheint schier unverwüstlich und durch kaum etwas zu erschüttern zu sein. Seine Gelassenheit hat schon etwas Beruhigendes.« Er machte eine kurze Pause. »Weißt du, er hatte eben nicht ganz unrecht. Wir sollten uns wirklich nicht immer so anstellen.«
»Ich tu, was ich kann«, erwiderte sie selbstbewusst. »Mehr geht wirklich nicht! ... Oh, da kommt er.«
Gideon verließ sofort das Plateau, um dem Prinzen beim Klettern behilflich zu sein. Rhonan nahm die Hilfestellung dankbar an. Kaum oben, holte er zwei ansehnliche Fleischstücke hervor, steckte sie an Spießen über das Feuer und war überrascht, keine Entsetzensschreie zu hören.
Schweigend sahen sie ins Feuer. Die schrecklichen Erlebnisse saßen noch zu tief. Die Gesichtsfarbe seiner Begleiter hob sich kaum vom Schnee ab.
Gideon konnte es kaum fassen, aber das Brutzeln und der Duft führten dazu, dass sein Magen verräterisch zu knurren anfing. Er war sich so sicher gewesen, nichts von den Resten des Gemetzels essen zu können.
»So edel, wie wir es uns wünschen, sind wir nun mal nicht«, bemerkte Rhonan mit einem kleinen Lächeln. »Zumindest nicht, wenn es ums Überleben geht!«
»Ist es in der Wildnis immer so?«, fragte Caitlin schaudernd.
»Nein«, erwiderte er umgehend. »Meist hat man nicht das Glück, so mühelos Fleisch zu bekommen.«
»Mühelos!«, keuchte sie entgeistert. »Bist du übergeschnappt? Wir wären um ein Haar getötet worden!«
Rhonan blinzelte sie an. »Ach, das meinst du! Das kann einem hier jederzeit passieren, aber nur selten sitzt man hinterher am Lagerfeuer und sieht einem Braten beim Rösten zu.« Er wühlte im Rucksack. »Ich glaube, wir haben uns heute etwas Besonderes verdient.« Mit diesen Worten warf er Gideon einen Lederbeutel hin und Caitlin zwei Säckchen mit Trockenobst und Nüssen.
Die Prinzessin strahlte wie ein kleines Kind. »Ich liebe Nüsse! Oh, danke Rhonan!« Genussvoll steckte sie sich eine Nuss in den Mund.
»Woher hast du das?«, fragte Gideon verblüfft.
Rhonan sah ihn an und hob nur die Augenbrauen.
Der Verianer starrte erst seinen Begleiter und dann den Beutel an. Schließlich zuckte er die Achseln, und mit den Worten »hast recht« nahm er einen tiefen Zug. »Wein ... und der ist gar nicht schlecht. Wäre eine verdammte Verschwendung gewesen!« Er nahm einen weiteren Schluck und reichte den Beutel an Caitlin weiter.
»Oh, das wird immer besser!«, jubelte die verzückt. »Jetzt auch noch Wein!« Auch sie nahm einen tiefen Zug, wischte sich wenig damenhaft über den Mund und stieß auf. Ihr helles Lachen hallte durch die Dämmerung. »Wenn mich meine Mutter jetzt sehen könnte oder Ruth oder Hauptmann Cornelius! Es würde ihnen die Sprache verschlagen.« Sie hielt Rhonan den Beutel hin, aber der schüttelte nur stumm den Kopf und sah auf seine Hände. So ruhig, wie sie im Kampf waren, so zittrig waren sie in der übrigen Zeit. Er hatte sich bestimmt den dümmsten Zeitpunkt ausgesucht, um mit alten Gewohnheiten zu brechen, aber schließlich konnte er nicht immer wieder von vorn anfangen, schon gar nicht hier, wo seine Begleiter ohne ihn keinen Tag überleben würden.
Sein nächtlicher Angriff auf den Verianer war ihm noch gut in Erinnerung, und er schämte sich entsetzlich dafür. Er dankte den Göttern, dass zumindest Caitlin nicht wieder Zeugin seines schmachvollen Auftritts gewesen war. Es wunderte ihn ohnehin, dass sie ihm trotz seiner offensichtlichen Schwächen offenbar immer noch Vertrauen entgegenbrachte. Er hörte Gideon nach einem weiteren Schluck wohlig aufseufzen und zwang sich dazu, ruhig zu bleiben. Auf keinen Fall wollte er erneut Schande über sich bringen, aber das fiel ihm verdammt schwer, denn kalter Schweiß brach ihm aus allen Poren, und das
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