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Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Titel: Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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öffnen.
    Die Männer schlugen unterdessen Schilfrohr, um es zu verfeuern, und bereiteten den Boden zum Aufbauen der Zelte vor, die hier weder Wind noch Wetter, sondern nur Insekten abhalten sollten. Silbrige Stechpflanzen galt es zu entfernen, in denen sich kleine Schilfkugeln verfangen hatten. Viel zu erschöpft waren die Männer, um sich noch zu fragen, wie diese kugelrunden Gebilde auf natürliche Art zustande gekommen sein sollten. Pflanzen und Kugeln wurden dem Feuer überantwortet.
    Die Schilfgebilde verbrannten und entließen dabei ihre Gefangenen zu Tausenden in die Freiheit: Moorwespen, winzig, rot und todbringend! Ihr Gift verursachte Atemlähmung ... und ihr Gift wirkte schnell.
    Innerhalb kürzester Zeit verwandelte sich das müde Lager in ein Tollhaus. Das Surren und Brummen war ohrenbetäubend und wurde kaum übertönt von den Schreien der Krieger, die mit Händen oder Tüchern schlugen, um die Insekten zu vertreiben. Brennende Schilfrohre wurden geschwungen. Männer versuchten, sich in den Mooren rund um das Lager vor den Wespen in Sicherheit zu bringen. Sie warfen sich hinein, und der Morast saugte sie auf, langsam und schmatzend.
    General Mattalan wähnte sich in der Hölle.
    Krieger wanden sich röchelnd am Boden, die Hände um ihre Hälse gelegt, die Gesichter angeschwollen und rotblau! Stumme Körper zuckten im Todeskampf. In der nur durch die Lagerfeuer erhellten Dunkelheit spielten sich gespenstische Szenen ab. Sterbende Männer klammerten sich an unwillige Kameraden oder rammten sich das Schwert in den Leib, um sich von den Qualen zu befreien. Andere versuchten, sich unter Decken oder Zeltplanen in Sicherheit zu bringen, die ihnen wieder andere zum eigenen Schutz entrissen. Krieger, deren Gesichter bedeckt von Wespen waren, warfen sich in die Lagerfeuer und taumelten als lebende Fackeln durchs Lager. Todesschreie von Hunderten hallten durch die Nacht.
    Ein Reiter, das Gesicht verquollen, die Augen geweitet, brach vor den Füßen des Generals zusammen, unfähig, auch nur noch einen Ton von sich zu geben.
    Pferde wieherten unter den Stichen, rissen sich los und stürmten durchs Lager, trampelten alles nieder, was vor ihre Hufe kam, bevor auch sie zu Boden gingen.
    Der General hatte Mühe, Männer aufzutreiben, die noch in der Lage waren, einen Befehl auszuführen, und packte selbst mit an, ließ Moorwasser über die großen Feuer kippen, um die Insekten mit Rauch zu vertreiben. Beißender Qualm stieg auf, nebelte den Lagerplatz ein, ließ Männer husten und würgen, brachte aber Erfolg: Die Wespen flohen!
    Das Lager glich einem Schlachtfeld, und Mattalan musste seine gesamte Befehlsgewalt aufwenden, um Hauptleute und Krieger zur Ordnung zu rufen. Lebende Kameraden wurden aus dem Moor befreit und Leichen diesem übergeben. Pferde mussten eingefangen, Feuer wieder entfacht werden, und derweil starben immer noch Männer.
    Es dauerte lange, bis Stille einkehrte. Zelte waren nicht mehr aufgebaut worden, auch essen mochte niemand mehr. Nur Branntwein war heiß begehrt. Die Hordenkrieger legten sich nicht schlafen, sie fielen um, vor Erschöpfung, sinnlos betrunken, meist aus beiden Gründen.
    Mattalan, General vieler Schlachten, war zum ersten Mal nicht gegen derart unkriegerisches Benehmen vorgegangen, denn er wusste, dass seine Armee verloren war. Wen das Moor noch hergab, der würde am Pass sein Ende finden.
    Der Weg, völlig anders als beschrieben, hatte sie unaufhaltsam in die zweite Falle geführt, und wem sie die Schilfkugeln zu verdanken hatten, war offensichtlich. Die Bergjäger wussten ihre Heimat zu verteidigen. Ihre Schlachten waren nicht ehrenvoll, aber sie waren erfolgreich. Der Angriff winziger Wespen hatte vierhundertdreißig Männer das Leben gekostet.
    Er konnte es immer noch nicht fassen. Über vierhundert Krieger erstickt, verbrannt, von den Sümpfen verschlungen. Und, was genauso stark wog: Die Moral der Überlebenden war gebrochen. Erschöpfung, Verzweiflung und die Ahnung vom eigenen Tod standen in ihren Augen.
    Natürlich rechneten Krieger damit, Verluste zu haben, schließlich befand man sich auf einem Feldzug. Aber es war eine Sache, im Kampf zu sterben, eine ganz andere Sache war es, qualvoll dahinzusiechen. Ihre Taten würden nicht in die Geschichte eingehen, und ausgerechnet er, General der Horden Mattalan, Oberbefehlshaber der Schwarzen Armee, enger Vertrauter Camoras, würde als der General sterben, der eine gewaltige Armee kampflos in den Mooren verloren hatte. Er

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