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Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Titel: Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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Hände, lass nur die Finger frei!«
    »Ich hoffe, ich träume das alles nur. Sei vorsichtig«, bat sie mit zittriger Stimme.
    »Bin ich doch immer«, gab er munterer zurück, als er sich fühlte.
    »Können wir sonst noch etwas tun?«, fragte Gideon, obwohl er nicht wusste, was das hätte sein können.
    »Haltet euch warm!«
    Rhonan atmete noch einmal tief durch und machte sich an den Aufstieg. Da er mit den Bolzen haushalten musste, hackte er zunächst Löcher für die Füße ins Eis. Für Hände und Seil schlug er dann die angespitzten Bolzen ein. Nach Anweisung der Horkas wickelte er das Ende des kurzen Seiles um den jeweils letzten Bolzen, um sich selbst zu sichern. Er kam nur langsam voran, denn das Einschlagen der Bolzen war schwierig, weil er dazu beide Hände benötigte und sich nicht festhalten konnte.
    Die ersten Eislöcher hatte er nicht tief genug geschlagen, und häufig rutschte er beim Arbeiten ab. Einmal gelang es ihm dabei nicht mehr, einen Bolzen zu erwischen. Er hing in der Luft und spürte, wie das Seil schmerzhaft in Brust und Rücken schnitt. Doch zumindest hielt es, auch wenn es erbärmlich knarrte. Nach einigen Verrenkungen fand er wieder Halt und musste sich erst einmal, ans Eis gepresst, beruhigen. Sein Herz raste, sein Mund war trocken, und seine Muskeln schienen bereits verhärtet zu sein.
    Ein Blick nach oben brachte keinen Trost, nach unten sah er erst gar nicht. Nun, überwintern konnte er hier nicht! Notgedrungen tastete er sich weiter vor. Das Gletschereis war mal rund und abgeschliffen und dadurch rutschig, mal ausgesprochen griffig oder scharfkantig. Schon nach kurzer Zeit bluteten seine Hände aus zahlreichen Schnitten. Wegen der Kälte spürte er die Wunden zwar kaum, die Handflächen wurden aber zunehmend glitschiger, das Arbeiten wurde immer beschwerlicher. So oft, wie ihm Hammer oder Hacke aus der Hand glitten, war er froh, dass sie am Gürtel festgebunden waren. Mit den Werkzeugen der Horkas war es mehr als beschwerlich, ohne sie wäre es unmöglich gewesen. Selbst über die stinkende Weste war er dankbar, denn sie hielt tatsächlich warm.
     
    Gideon und Caitlin hielten die Hände schützend über die Augen und beobachteten oftmals mit angehaltenem Atem ihren Begleiter. Sie stieß einen spitzen Schrei aus, als Rhonan gerade erneut abrutschte, und schlug die Hand vor den Mund.
    Gideon legte tröstend den Arm um ihre Schultern. »Keine Angst, Caitlin, er wird es schon schaffen. Er ist vorsichtig und gut gesichert!« Obwohl auch sein Herz vor Aufregung bis zum Hals schlug, lachte er und setzte noch einen drauf: »Ich habe es mir längst abgewöhnt, daran zu zweifeln, dass er schafft, was er sich vornimmt. Ich wüsste nicht, was ihn aufhalten sollte.«
    Caitlin nickte versonnen. »Er ist wirklich stark und ausdauernd.«
    Gideon bejahte umgehend.
    »Er ist auch so mutig! Nichts und niemand macht ihm Angst. Unglaublich, oder?«
    Er blinzelte sie an und nickte.
    »Eigentlich ist er auch ganz nett.«
    »Ich komm jedenfalls gut mit ihm aus«, erwiderte Gideon und suchte fieberhaft nach einem unverfänglicheren Gesprächsstoff. »Wenn wir ...«
    Weiter kam er nicht. Caitlin war wie üblich nicht vom eingeschlagenen Kurs abzubringen. »Findest du, dass er gut aussieht?«
    »Ich fürchte, da bin ich überfragt.«
    »Na ja, schön ist er wirklich nicht. Aber wie sollte er das auch anstellen, wenn ständig alle auf ihn einprügeln. Er wirkt auch ein bisschen düster. Aber weißt du, er hat es auch nicht leicht. Du kannst nicht erwarten, dass jemand, der so viel tun muss und zwischendurch immer wieder verletzt wird, auch noch fortwährend lustig und vergnügt ist.«
    Jetzt fiel ihm die Kinnlade herunter. »Jetzt, wo du es erwähnst«, stammelte er halb überrascht, halb belustigt. »Das kann man tatsächlich nicht erwarten.«
    »Nur weil er sich nie beklagt, heißt das nicht, dass es ihm gutgeht«, fuhr sie in belehrendem Ton fort. »Wenn du mal darauf achtest, wirst du bemerken, dass er richtig erschöpft aussieht! Außerdem fehlt ihm wohl immer noch der Branntwein. Er ist oft unruhig, und dann zittern seine Hände viel stärker.«
    »Was dir so alles auffällt«, erklärte Gideon, um einen ausgeglichenen Tonfall bemüht.
    »Ich bin eine Frau, ich bemerke so etwas eher. Deshalb sag ich es dir ja. Ich geb ja schon mein Bestes, aber vielleicht könntest du ihn auch etwas mehr unterstützen.«
    Gideon verschluckte sich am Speichel, hustete und stimmte ihr zu: »Ich werde mir Mühe geben!«

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