Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
überhaupt sprachen.
Er hatte dem Eisball lediglich Wasser abtrotzen können und nebenher erfahren, dass es nicht seine Mutter gewesen war, die ihm beim Gemetzel an Kinian und seinen Leuten zur Seite gestanden hatte. Einiges aus seiner Vergangenheit ergab jetzt einen Sinn, anderes blieb im Dunkeln.
Nachdem sowohl die Priesterin als auch Gideon ihn mehrfach nach dem Grund für seine geistige Abwesenheit gefragt hatten, erzählte er ihnen, was er von Palema erfahren hatte, bat sie jedoch darum, dieses Wissen für sich zu behalten. Es müsste ja nicht jeder wissen, welch seltsamer Bastard er wäre.
Beide versprachen Stillschweigen, widersprachen der Begründung aber vehement. Der Verianer sprach ehrfürchtig von der Wahrhaftigkeit, Ernsthaftigkeit und Opferbereitschaft der unsterblichen Schwestern und empfahl Rhonan, seine edle Geburt als Geschenk anzusehen, das ihn mit Stolz erfüllen sollte.
Bevor der widersprechen konnte, tat Caitlin das. »Dem Königspaar einfach mal so ein Kind aufzuzwingen ... also, ich weiß ja nicht so recht. Warum hat sie Rhonan nicht zumindest selbst erzogen? Von Kindern scheint diese große Palema das gleiche Verständnis zu haben wie meine Mutter. Unbrauchbare werden verschenkt, bei anderen wartet man, bis sie einem nützlich sein können. Und du sprichst von Opferbereitschaft! Die einzigen Opfer, die sie bringen, sind ihre Kinder, die sie lieblos auf den Altar der Politik werfen.«
Sie hielt inne, strahlte und ergänzte: »Hab ich das eben gesagt? Gideon sag: Das war doch ein wunderbarer Satz, oder?! Ich kann bald kämpfen wie Rhonan, und jetzt rede ich schon so gelehrt wie du. Wenn jemand schnell lernt, dann ich! Stimmt’s?«
Die Herren konnten nur zustimmen.
Als man sich trennte, um sich wieder dem Unterricht zu widmen, ergriff Caitlin den Prinzen am Arm. »Weißt du, wir können uns unsere Eltern nicht aussuchen und auch nicht die Umstände unserer Geburt. Meinen Vater durfte ich nicht kennenlernen, und meine Mutter sehe ich oft Monde lang nicht, obwohl wir im gleichen Schloss wohnen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie eine ihrer Töchter jemals in den Arm genommen hat. Wenn du deine Mutter nicht magst ... tröste dich: Ich mag meine auch nicht.«
Sie strahlte ihn an, und er nickte. Tatsächlich fühlte er sich etwas leichter und hätte noch nicht einmal sagen können, warum eigentlich.
Die Priesterin betrat kurze Zeit später beschwingt und guter Dinge den Wohnraum ihrer Ahnfrau und blieb erst einmal wie angewurzelt stehen. Von den Eiswänden war kaum etwas zu sehen. Gestickte Teppiche und Blumengirlanden zierten sie. Der Boden war zur Gänze mit Fellen bedeckt, die Caitlin an Rhonans neue Stammesbrüder denken ließen. Überall brannten Kerzen, und sogar ein Kaminfeuer flackerte, umgeben von Eis, vor sich hin. Eine offene Truhe ließ den Blick auf Halsketten, Armbänder und Spangen zu. Es glitzerte und funkelte in allen Farben. Liegebänke mit dicken Polstern und gewebten Decken standen um den Kamin herum. Auf Tischen dazwischen befanden sich Krüge und Becher, Obst und Naschereien, und es duftete nach Rosen.
Auf einer der Bänke lag ihre Ahnfrau in rote Seide gewandet mit geschlossenen Augen und lauschte einer Laute, die neben ihr im Raum schwebte. Die Saiten bewegten sich, doch Finger, die sie zupften, waren nicht zu sehen.
»Schön, nicht wahr?«, kam es von der Bank. »Der Spielmann war auch nett anzusehen, aber leider sterblich.«
Die Laute verschwand, und Myria setzte sich auf. »Ich hatte dich früher erwartet.«
Caitlin lächelte verschmitzt und wippte auf den Füßen. »Ich will ganz ehrlich sein. Ich hatte gestern ein bisschen zu viel getrunken. Aber jetzt bin ich nüchtern.«
Das Lächeln wurde nicht erwidert. »Wie schön! Eigentlich hatte ich auch deine Mutter erwartet. Was hielt sie ab?«
»Sie sagte, die Gebrechen des Alters! Aber ich denke, sie hatte einfach keine Lust.« Hell lachte sie auf. »Bei der Reise, die wir hinter uns haben, hätte sie aber wohl tatsächlich ihr Alter gespürt. Ich weiß auch nicht, ob Rhonan sie so lange hätte tragen können. Sie wiegt schließlich mehr als ich.«
»Du gehst auch nicht davon aus, dass Ayala vielleicht andere Möglichkeiten offengestanden hätten, als sich tragen zu lassen?«
Caitlin schüttelte den Kopf. »Fliegen kann sie nun einmal nicht. Und allein die Vorstellung von Mutter in Schneehöhlen, im Unterzeug zwischen Gideon und ...«
Erneut lachte sie auf und fand sich plötzlich auf einem
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