Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
Schneefeld wieder. Die Sonne schien, Wolken zogen durchs Blau des Himmels. Verstört griff Caitlin in den Schnee und spürte Kälte. »Myria?« Ihr Blick huschte durch die Einsamkeit. «Hallo!?« Es fröstelte sie, und sie bekam eine Gänsehaut. Wind pfiff und kräuselte sich. Schnee wurde verweht und baute sich zu einer großen Höhle auf. Zögernd ging sie hinein. Wärme schlug ihr entgegen. Sie sah sich um und stand plötzlich wieder in Myrias Gemach.
»Was war das eben?«, fragte sie und wischte Schneestaub von ihren Armen.
»Das, meine Liebe, war Magie!« Myria ließ das erst einmal wirken, bevor sie fortfuhr: »Bevor du fragst: Meine Fertigkeiten kann Ayala nicht erreichen, und du wirst es auch nicht können. Menschen leben nicht lang genug, um einst göttliche Magie so zu beherrschen, wie ich es vermag. Für deine Aufgabe ist das aber auch nicht nötig. Mein heutiges Können besaß ich leider auch noch nicht, als ich die Siegel an der Höhle verschmolz. Hier und jetzt könnte ich ein Siegel erschaffen, das die Ewigkeit überdauert. Dir kann ich hoffentlich beibringen, ein Siegel für die nächsten Jahrhunderte zu schmieden.«
»Das klingt schwierig genug«, gab Caitlin kleinlaut zu. »Ich bringe noch nicht viel zustande ... eigentlich nur ganz wenig.«
»Das ist mir bewusst«, stimmte Myria zu. »Ich kann in dir lesen wie in einem Buch. Du hast die Laute gesehen und gehört und dir gewünscht, so gut spielen zu können. Du hast dir nicht gewünscht, sie auch erscheinen lassen zu können. Ich zeige dir, was große Magie ist, und in deinem Hirn spuken schon wieder Gedanken daran, welches Kleid du heute Abend tragen willst.«
Die Prinzessin errötete. »Es tut mir leid. Es ist nur ... alles so neu, so schön und so gewaltig. Ich weiß, ich muss mich jetzt konzentrieren. Was soll ich tun? Ich bin bereit. Ganz ehrlich!« Sie lächelte Myria an. »Darf ich mich dabei setzen. Meine Beine sind nach dem anstrengenden Marsch immer noch recht schwach.«
Ihre Ahnfrau wies auf eine Bank ihr gegenüber und hielt plötzlich eine Traube mit dicken, roten Beeren in der Hand. Genussvoll aß sie eine Beere und sah dann wieder zu Caitlin, die genau wie sie selbst jetzt halb saß, halb lag.
»Du meinst, du kannst einen Dämon, der über annähernd so viel Magie verfügt wie ich, mit einer Konzentrationsübung bezwingen? Deine Einfalt hätte etwas Rührendes, wäre sie nicht so gefährlich. Muss ich dich daran erinnern, wie ungeheuer wichtig eure Mission ist?«
»Nein!«, versicherte die Prinzessin umgehend. »Gideon hat häufig davon gesprochen. Ich habe das schon begriffen. Etwas, das noch böser ist als Camora, muss gebannt bleiben.«
Myria nickte. »Dann lass uns beginnen. Um zu begreifen, was Magie ist, musst du dich ihr öffnen, und du musst dich ihr hingeben. Nichts anderes darf deine Sinne mehr beherrschen. Deine Mutter hat es dir, wie all die Nebelfrauen vor ihr, vorgelebt. Eine Magierin lebt für die Magie und nur mit ihr. Sie ...«
»Heißt das, sie darf sich auch nie verlieben?«, fragte Caitlin dazwischen und setzte sich kerzengerade hin.
»Das heißt: Sie wird sich nie verlieben! Alles, was ...«
»Und wenn sie es schon getan hat? Geht das dann nicht mehr mit der Magie?«
Myrias Augen saugten sich an ihr fest. Caitlin versuchte verzweifelt, nicht an Rhonan zu denken, was natürlich dazu führte, dass sie dabei an Rhonan dachte, und rang die Hände.
Ihre Ahnfrau seufzte auch hörbar auf, bevor sie feststellte: »Ich kann einem Unwissenden das Lesen beibringen, aber keinem Blinden. Werde dir darüber klar, was du sein willst, und komm morgen wieder! So kann ich nichts mit dir anfangen.«
Caitlin erzählte ihren Begleitern nichts von dem Gespräch und verabschiedete sich ziemlich früh mit dem Hinweis darauf, sich immer noch nicht ganz erholt zu haben. Schlaf fand sie allerdings wenig, denn ihre Gedanken bewegten sich im Kreis. Sie wollte unbedingt bei Rhonan bleiben. Dazu musste sie Magie beherrschen. Wollte sie die aber erlernen, durfte sie angeblich nicht an ihn denken. Warum Liebe Magie ausschließen sollte, konnte sie sich nicht einmal ansatzweise vorstellen. Hylia hatte sich schließlich auch verliebt und dadurch nicht ihre magischen Fähigkeiten verloren. Vielleicht war es ja auch so, dass diese uralte Unsterbliche ihr einfach keine Liebe gönnte, weil sie selbst einsam auf einem Berg festsaß. Auf alle Fälle hatte sie sich nicht durch das Wintergebirge gekämpft, um jetzt aufzugeben. Sie
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