Neobooks - Die Zitadelle der Träume
lassen.«
Rhonan sah ihn überrascht an. »Warum nicht?«
Dann schüttelte er den Kopf. »Hast recht. Wir wollen hier ja noch mit den Frauen durch. Legen wir sie zwischen die Bäume da.«
Derea machte gar nicht erst den Versuch, dem Prinzen zu sagen, dass er nicht an die Frauen gedacht hatte, sondern stimmte zu. »Mehr können wir nicht für sie tun.«
Als er einen Toten zwischen den Tannen auf seine Kameraden legte, fiel ihm auf, wie jung der noch war. Was war es nur für eine seltsame Welt, in der Menschen, die sich gar nicht kannten, blindwütig aufeinander einschlugen?
Er drehte sich um und sah seinen Schwager, der die letzten beiden Krieger jeweils an einem Fuß gepackt hatte und durch den blutigen Schneematsch zerrte. Sofort eilte er ihm zu Hilfe. Als alle Leichen beieinanderlagen, murmelte er ein kurzes Gebet, in dem er die Götter bat, auch diese Seelen aufzunehmen, wenn ihre unverbrannten Körper sie endlich freigaben. Er war ganz froh darüber, dass Rhonan das nicht mitbekommen hatte, sondern sich bereits in den Sattel schwang.
Um auf andere Gedanken zu kommen, bemerkte er, während er Patras bestieg: »Ich gebe dir einen guten Rat: Erzähl deiner Frau nicht, was wir hier getrieben haben.«
»Sie wird mir den Kopf abreißen oder Schlimmeres, wenn sie davon erfährt. Aber du bist doch keine Plaudertasche, oder?«
Rhonans Stimme hatte so kläglich geklungen, dass er unwillkürlich auflachte.
»Ich fass das jetzt einfach mal als nein auf«, erklärte der Prinz daraufhin säuerlich, was ihm erneut ein Lachen, aber auch ein Nicken einbrachte.
Schon wenig später spähten sie von einer kleinen Anhöhe auf eine Lichtung. Ein größeres Zelt und mehrere kleinere Zelte waren um ein großes Feuer herum angeordnet. Derea hob sechs Finger und zog zweifelnd die Schultern hoch. »Sollen wir noch warten?«, raunte er kaum hörbar. »Ich glaube kaum, dass das alle sind. Dafür sind’s zu viele Zelte.«
»Die anderen werden vielleicht darin schlafen. Ich schleich mich an die drei dort hinten bei den Pferden heran. Zähl bis vierzig und schieß auf die beim Feuer.«
Der Hauptmann nickte, legte den Bogen an und zählte.
Bald sah er, wie der erste Hordenkrieger zwischen den Pferden lautlos in den Schnee kippte. Einen Wimpernschlag später verließ der erste Pfeil den Bogen, unmittelbar danach der zweite. Doch der verfehlte im Gegensatz zum ersten knapp das schon aufspringende Opfer.
Er hörte Waffenklirren und einen erstickten Schrei.
Die beiden Überlebenden vom Lagerfeuer stürmten bereits auf ihn zu und schlugen dabei Haken wie Kaninchen.
Er warf also den Bogen weg und zog die Schwerter.
Einer seiner Angreifer kippte mit einem Aufschrei vornüber, noch bevor er ihn überhaupt erreicht hatte. Ein Dolch ragte zwischen den Schulterblättern hervor. Der andere Krieger überlebte schon den ersten Angriff des Hauptmanns nicht mehr. Erstaunt sah er noch auf das Schwert in seinem Leib, dann sackte er zusammen.
Rhonan kam langsam auf ihn zu und grinste. »Das war jetzt fast zu einfach. Haben die keine Ausbilder?«
Derea grinste zurück. Dann änderte sich sein Gesichtsausdruck plötzlich. »Pass auf, hinter dir!«
Der Prinz wirbelte herum und erstarrte.
Sechs Hünen, in schwere, schwarze Plattenrüstungen gekleidet, kamen aus zwei Zelten und schwangen riesige, doppelschneidige Streitäxte. Ihre Hände steckten in mit Stacheln bewehrten Handschuhen. Schwarze Helme mit gedrehten Hörnern ließen nur die Augen frei.
Rhonan wich unwillkürlich einige Schritte zurück, bis er neben seinem Begleiter stand. »Was ist denn das?«
Die Krieger überragten selbst ihn noch um mehr als Haupteslänge.
»Grundgütiger«, stöhnte Derea voller Inbrunst. Er kam sich lächerlich klein und schmächtig vor und suchte die Rüstungen mit den Augen schon nach Schwachstellen ab.
»Wenn du gern noch länger mein Schwager sein willst, besorg dir jetzt besser einen Schild«, riet Rhonan und deutete mit dem Kopf nach links.
»Legt die Waffen nieder und ergebt euch«, forderte der erste Hordenkrieger. Seine Stimme klang merkwürdig hohl.
»Das hättest du wohl gern«, gab der Prinz zurück.
»Ich eigentlich auch«, murmelte Derea, während er den Schild, der am Eingang eines Zeltes lehnte, ergriff. »Aber das zählt wohl nicht, oder?«
Neben ihm flammte Kahandar blau auf. Rhonan hielt es jetzt in beiden Händen, ließ es hin und her schwingen und stieß es dann vor sich in die Luft.
Blitze zuckten knisternd auf die
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