Neobooks - Dreck muss weg!
gab ihnen den letzten Tritt und verscheuchte sie endgültig aus dem Frontallappen. Prost Mahlzeit. Aber sie hatte sich den Frust wegquatschen müssen, und Joki kam dafür nicht in Frage, von dem fühlte sich Marga verraten. Beim nächtlichen Verdauungsspaziergang über den Wall war es dann geschehen. Marga und Peter gingen Hand in Hand, und es hatte sich eigentlich ganz gut angefühlt. Nur war aus der Nummer schlecht wieder rauszukommen. Hilfe. Und der anschließende Abschiedskuss hatte die ganze Sache nicht besser gemacht. Dabei hatte Marga weder Zeit noch Ader für romantischen Kram. Mit Ludger und ihrem Fall war sie emotional weiß Gott ausgelastet. Akribisch hatte sie in den letzten Stunden alle Punkte mit den Kollegen durchgekaut und den neusten Ermittlungsstand der SOKO Hayenga dargelegt. Danach noch der schriftliche Bericht über die Raststättenbegehung und die Personenbeschreibung der Bullifahrerin. Wenigstens die konnte Marga in Hamburg vorzeigen.
Und sie hatte Joki geschnitten. Er durfte ruhig merken, dass sie sauer auf ihn war. Der Blödmann. Einfach hinterm Berg gehalten hatte er damit, dass die Lorei nicht mehr mitspielte. Um es ihr dann taufrisch in der Kirche zu flüstern. Was hatte er damit bezwecken wollen? Absolution? Anstatt Kalle Bärwolff nun mit heißen Spuren aus Emden kirre zu machen, hatte sie ihm wohl oder übel mailen müssen, dass die einzige Verdächtige aus Mangel an Beweisen vom Staatsanwalt auf freie Pantolette gesetzt worden war. Und Marga folglich ohne Auftrag in Ostfriesland. Na toll. Dafür hatte Kalle Bärwolff in einer spontanen Nacht-und-Nebel-Aktion Joris Duncker festgesetzt. Ob er absichtlich damit gewartet hatte, bis Marga wieder in Ostfriesland war? Wenn ja: Arschloch!
*
Hamburg, Hauptbahnhof
Unerwarteterweise wurde Marga am Hamburger Hauptbahnhof von Jette empfangen. Sie trug ihren neuen taubenblauen Fummel, mit einem weißen T-Shirt darunter. Sah gar nicht übel aus, nur ein bisschen prall. Jettes Gesichtsausdruck war nicht ganz so prall, sondern eher verkniffen. »Lass uns erst reden«, sagte sie, nahm Marga am Arm und legte einen atemberaubenden Laufschritt vor.
Jette stand unter Strom, Marga spürte es förmlich knistern und funken. Sie gingen zu
Mutterland
an der Kirchenallee auf einen Kaffee. Das Ambiente schien Jette nicht zu entspannen. Während Marga in ihrem cremigen Lavendel-Kakao rührte, wippte Jette unterm Tisch unentwegt mit den Füßen.
»Was ist los?«, fragte Marga, die keine Lust mehr hatte, noch länger zu warten.
Jette streute noch ein drittes Papierröhrchen mit Zucker in ihren tiefschwarzen Kaffee. »Kalle Bärwolff hat sich im
Salut
umgesehen. Ist wohl alles so, wie Hotte erzählt hat. Zumindest was den Waschsalon und die Nachtbar angeht. Und Joris Duncker ist ihm da praktisch in die weit geöffneten Arme gelaufen. Das bringt uns ein gutes Stück voran.« Jettes Gesicht sah allerdings nicht nach Freude über gutes Vorankommen aus, sondern nach saurer Milch.
»Und was ist dir über die Leber gelaufen?«, fragte Marga.
Jette guckte misstrauisch. »Mir? Nichts. Außer dass der böse Wolf das Rotkäppchen um Hilfe bittet.«
Marga verstand nichts.
»Kalle Bärwolff. Er möchte, dass wir Joris Duncker vernehmen.« Jette sah auf ihre Uhr. »Und zwar jetzt gleich.« Sie öffnete den Mund wie ein Fisch, der nach Luft schnappte, aber es kam nichts mehr aus ihr heraus. Stattdessen tauchte sie ab in ihre Tasse.
Jette verheimlichte ihr was, das konnte Marga riechen. »Was ist los?«
»Was soll los sein?« Jette fuhr sich durch das Haar.
Marga schluckte. Sie war nicht bescheuert. Irgendwas lag zwischen ihr und Jette wie ein greifbares Übel, und damit meinte Marga nicht den doofen Hosenanzug. Jette hatte einen Wassergraben gezogen, und Marga wusste nicht, warum.
»Und die Ermittlungen in Ostfriesland?« Jette blickte eine Spur zu interessiert.
»Hab ich euch gestern schon gemailt. Wir haben eine Personenbeschreibung des Bullifahrers. Es war eine Frau. Eine Reinigungskraft der Raststätte konnte sich an sie erinnern.«
Jette pfiff durch die Zähne. Marga winkte ab. »Dafür ist Annette Lorei aus dem Schneider. Für den Staatsanwalt besteht lediglich ein Anfangsverdacht wegen der Medikamentengabe.«
»Dumm gelaufen.« Jettes Mund lächelte aufmunternd. Ihre Augen nicht.
Allerdings, Jette. In Margas Magen warf der Lavendel seifige Blasen. Und du spielst nicht mit offenen Karten. Vielleicht sogar falsch. Jette hatte den Kaffee ausgetrunken und
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