Neobooks - Dreck muss weg!
bereitstand.
»Treffer.« Käthe Brandt freute sich königlich, da blieb Kalle gar nichts anderes übrig, als sich mit ihr zu freuen.
»Respekt, Frau Brandt!«
»Ich hätte eine prima Basketballspielerin abgegeben, aber …« Frau Brandt schüttelte den Kopf. »Schluss jetzt, Käthe.« Sie überlegte, dann fuhr sie fort. »Zu ihrem 80 . Geburtstag, das war vor zwei Jahren, hat Lisbeth Hayenga Frau Prinz, den Joris und mich in einen Waschsalon eingeladen. Wie der hieß, weiß ich nicht mehr.«
»Salut«,
warf Kalle ein.
»Ja, ja«, erwiderte Käthe Brandt kurz angebunden. »Erst dachte ich, ich hätte mich in der Adresse geirrt. Waschsalon? Die Party fand hinten im Garten statt. Denkt man ja nicht, was es für schöne Gärten in Hinterhöfen gibt. Da waren Scharen von Gästen und sogar ein Kammerorchester. Vier Mädels: Geige, Klavier, Cello und Querflöte. Wunderschöne Musik. Ich war überrascht, denn Lisbeth Hayenga war für mich bis dahin eine einsame alte Frau gewesen, die hin und wieder ein Gläschen zu viel trank.«
»Kannten Sie jemand von den anderen Gästen?«
»Nein, niemanden, nur die Prinz und den Joris. Beim genaueren Hinsehen bin ich aber zum Schluss gekommen, dass Lisbeth Hayenga auch nicht alle gekannt hat. Ich hätte schwören können, die waren von ihrer Agentur engagiert worden. Inszeniert, ja, das Ganze war inszeniert. Alles junge Leute. Woher sollte sie die kennen?« Käthe Brandt musterte Kalle.
Kalle hob die Hände. »Ich habe keine Ahnung.« Er setzte sich aufrecht. »Frau Brandt, ich habe seit Stunden Feierabend …«
»Ich habe mich über die Kellner gewundert, die uns jeden Wunsch von den Lippen abgelesen haben. Sehr jung, sehr, sehr jung. Mit einem habe ich ein bisschen geschnackt. Er erzählte mir, er sei von zu Hause abgehauen und komme mit Jobs von Lisbeth finanziell supergut über die Runden. Mal einen Auftrag, mit dem Hund Gassi zu gehen oder Herrchen in die Oper zu begleiten oder in die Sauna.«
»In die Sauna?«
»Ja, das fand ich auch etwas, na ja, unseriös, aber gedacht hab ich mir nichts dabei. Heutzutage sind die Menschen ja nicht mehr so manierlich wie zu meiner Zeit. Aber, nachdem ich den Artikel gelesen habe, glaube ich nicht mehr, dass die nur gekellnert haben. Das ist ganz furchtbar für mich. Sich so täuschen zu lassen. Das ist ein Charakterzug an mir, Herr Kommissar, uralt bin ich und immer noch naiv wie ein Schulmädchen.« Käthe Brandt sah aus dem Fenster. Sie schien nur noch körperlich anwesend zu sein. Kalle wartete ab, aber die alte Dame schwieg.
»Frau Brandt …«
»Als ich gehen wollte, bat ich den Jungen, mir ein Taxi zu bestellen. Lisbeth Hayenga überredete mich, noch ein bisschen zu bleiben. Wir setzten uns hinten in den Garten unter das Zeltdach. Ein kleines Lagerfeuer brannte, Lisbeth gab mir eine Decke, schenkte mir von der Erdbeerbowle ein. Sie hatte selbst schon ganz schön einen im Tee und fing an zu palavern. Ihre große Liebe habe sie als ganz junges Ding auf der Reeperbahn im
Café Keese
kennengelernt. In der Bäckerei
Appelles,
da, wo jetzt die Wallhöfe neugebaut worden sind, da habe sie Arbeit gefunden und der Bäckermeister habe ihr ein Zimmer im Haus vermietet. Das war ein Jugendstilhaus mit Erkern und Figuren. Solche Häuser gab es vor dem Krieg überall in Hamburg. Kennen Sie die nördliche Neustadt?«
»Ist praktisch mein Vorgarten.«
»Wieder ist ein Stück ursprüngliches Hamburg plattgemacht worden und nur noch in Gedanken wahr.« Käthe Brandt öffnete ihre Handtasche, holte ein Stofftaschentuch mit rosafarbenem Häkelrand hervor und schneuzte sich. »Im Erdgeschoss waren der Laden und hinten die Backstube. Vom Laden ging es hinauf in die Wohnung. Ich seh die Bäckerei und das
Keese
noch vor mir, als wäre es gestern gewesen. Nur an Lisbeth Hayenga erinnere ich mich nicht. An die erinnere ich mich einfach nicht.« Käthe Brandt schüttelte den Kopf. Sie schien ärgerlich über ihr lückenhaftes Gedächtnis zu sein. »Lisbeth Hayenga gestand mir, sie sei in letzter Zeit niedergeschlagen gewesen, trauere um die verpassten Chancen ihres Lebens. Im
Café Keese
auf der Reeperbahn – wissen Sie, das war der Kennenlerntempel der 50 er und der 60 er –, da habe Lisbeth sich Hals über Kopf verliebt. Ball Paradox, Damenwahl, Parkett der Ehestiftungen, sagt Ihnen das etwas?«
Kalle räusperte sich. »Das war vor meiner Zeit, Frau Brandt.«
»Da haben Sie wirklich was verpasst, Herr Kommissar. Das
Keese
war damals mein
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