Neobooks - Dreck muss weg!
Tiefgarage war es feuchtkalt. Ob die Spurensicherung ein Chemieklo dabeihatte?
*
Hamburg-St. Georg, Lange Reihe
Einer der Beamten ließ sie später am Hotel in der Langen Reihe raus. Ihr ganzer Körper fühlte sich leer und ausgehöhlt an. Sie streifte die Schuhe ab und warf sich in voller Montur aufs Bett. Marga konnte sich nicht erinnern, wann ihr das letzte Mal so schlecht gewesen war. Glücklicherweise schlief sie ein. Als sie erwachte, war es dunkel. Sie duschte lang und heiß, was ihrem Kreislauf nicht besonders gut bekam, legte sich wieder aufs Bett und bestellte sich beim Zimmerservice einen Kamillentee. Ein krankes Huhn war sie. Und einsam. Kurz überlegte sie, ihre Schwester anzurufen oder Peter. Aber sie hätte gar nicht gewusst, was sie sagen sollte. Nicht mal eine Begrüßungsfloskel wäre ihr über die Lippen gekommen. Trotzdem nahm sie ihr Handy und tippte eine SMS . Für Kalle.
xenia borg ist ausgeflogen, angeblich in spanien, aber wir haben den wagen. pass gut auf deine tochter auf. lg marga.
Sie blickte auf den Text im Display, dann löschte sie den letzten Satz und drückte auf Senden. Mist. Sie zögerte, tippte wieder eine Nachricht und schickte sie gleich hinterher.
alles gut mit eliza? passt auf euch auf. lg marga.
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Kapitel 46
Hamburg-Winterhude, Polizeipräsidium
D ie Sonne am Postkartenhimmel über Hamburg-Winterhude gab ihr Bestes, und Kalle wusste das sehr wohl zu würdigen. Es lag nicht am Wetter, dass er so mies gelaunt war wie lange nicht. Gestern hatte er noch spätabends versucht, vor der Glotze abzuschalten, und einen preisgekrönten
Tatort
geguckt. Ein arbeitsloser Börsenmakler, der finanziell ins Nichts abgestürzt war und als Ein-Euro-Jobber über die Runden kommen musste, hatte zu Beginn die Hecken in öffentlichen Grünanlagen geschnitten. Er war über neunzig Minuten so gut wie nie wieder aufgetaucht. Zum Schluss zauberten ihn die Ermittler als Mörder seines Chefs aus dem Hut. Den hatte er in einer reichlich blutigen Szene einen Kopf kürzer gemacht, und zwar mit der Heckenschere. Über die Tatwaffe war der rotweinsaufende Gerichtsmediziner im Dunkeln gestolpert. Haste Worte! Oder war der Grund für Kalles depressive Stimmung – abgesehen von der bekloppten Jay – so simpel wie naheliegend? War er zu feige, sich vor Guntbert geradezumachen? Alle paar Wochen einen hysterischen Anfall zu bekommen, damit zeigte Kalle höchstens, dass er bereits bis zur Stufe seiner Unfähigkeit befördert worden war. Kurz vor Mitternacht hatte er dann endlich Margas Nachricht erhalten. Auf Marga konnte er sich verlassen. In düsterer Zeit entwickelte sie sich zum Lichtblick wie die liebe Sonne, Margasonne, so warm und wohltuend wie Rotlicht bei Ohrenschmerzen
. lg marga.
Kalle las die SMS zum dritten Mal. Jetzt wanderten seine Mundwinkel doch nach oben. Schlechte Nachrichten waren besser als gar keine Nachrichten. Xenia Borg in Spanien aufzustöbern, konnte dauern. Es machte absolut keinen Spaß, deutschen Staatsbürgern im Ausland hinterherzurennen. Natürlich gab es schlimmere Jobs, wahrscheinlich gehörte Heckenschneiden dazu. Klagte er auf hohem Niveau? Am Monatsende war sein Geld auf dem Konto. Nicht übermäßig viel, aber die meisten Menschen auf der Welt hatten viel weniger bis gar nichts. Sein Job war sicher, Mörder würde es immer geben. Unglück und Leid waren Kalles Lebensversicherung.
A ls er sich vom Aufzug in den zweiten Stock des Landeskriminalamtes hochhieven ließ – zweifellos ein alltäglicher Luxus –, hatte er sich wieder geerdet. Dachte er. Allein die geleckte Visage von Guntbert Meyer reichte aus, um Kalles Groll wieder auflodern zu lassen.
»Unser Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräch ist längst überfällig, Herr Bärwolff.« Guntbert lehnte am Treppengeländer und drehte demonstrativ die Daumen. Seine gestern noch über die Ohren wuchernden Haare waren geschnitten, auch das struppige Fell in den Ohren war verschwunden. Der kleine Kläffer war also beim Heckenschneider gewesen und hatte leider überlebt.
Guntbert stieß sich vom Geländer ab. »Na, dann wollen wir mal.«
In Guntberts Büro sah es aus wie in einem Altpapiercontainer.
»Was ist denn hier passiert?«
»Ich wüsste nicht, was dich das angeht.« Guntbert hob einen Stapel Zeitschriften, Mappen und lose Papiere vom Stuhl und ließ alles auf einen weiteren Stapel auf dem Fensterbrett sinken. »Setz dich.«
Kalle konnte nicht widerstehen. Mit dem Zeigefinger fuhr er über die
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