Neobooks - Dreck muss weg!
Sitzfläche. »Nicht dass ich mir hier was hole …«
»Können wir uns wie Erwachsene benehmen?«
Meinst du, du kannst das, lag Kalle auf der Zunge, doch er entschied, Guntbert keine weitere Angriffsfläche zu bieten. Kalle fing an: »Warum mauerst du, wenn ich dich frage, ob es stimmt, dass über den Vorgang
My Lord
keine Akte auffindbar ist? Seit wann hältst du deine Hand schützend über Nick Nolte und seine Bauchtanztruppe? Was hast du mit den Sexualdelikten überhaupt zu schaffen?«
Guntbert drehte sich zum Fenster. Nur die Hälfte seiner Glatze ragte hinter dem protzigen Chefsessel hervor. »Das kann ich dir nicht sagen, Kalle.«
»Du meinst, du willst es mir nicht sagen.«
Der Sessel quietschte, als Guntbert Kalle wieder in die Augen sah. »Ich meine es genau so, wie ich es sagte.«
»Okay.« Kalles Blut wärmte seine Ohrläppchen. »Was ist mit Jette Winter? Wieso bekommt sie Sonderwürste von dir gebraten? Der Telearbeitsplatz gehört nicht zur Standardnummer, oder? Sie ist die einzige Kommissarin im LKA , die dieses Privileg genießt. Den Grund kenne ich nicht, obwohl ich ihn kennen sollte, finde ich. Ist Jette deine uneheliche Tochter, die dich damit erpresst, deine weiße Weste zu besudeln?«
Wieder wendete sich Guntbert ab. Kalle zählte fünf fette Leberflecke und unzählige kleinere. Hautkrebs war kein schöner Tod …
»Gibt es einen Anlass, dass du mit Jette Winters Arbeit unzufrieden bist?« Guntbert drehte noch eine Runde, dann war er wieder auf Los angekommen.
Schlupflider. Genau, so nannten sich die Dinger, denen Guntbert seinen Dackelblick zu verdanken hatte. Wenn Kalle ehrlich war, mochte er Jette einfach nicht. Das war sein Problem und nicht ihres. Nein, er würde sich nicht auf dieselbe Luschenstufe mit Guntbert Meyer stellen und wild um sich schlagen, das war Kalle seiner Ehre schuldig. »Du enthältst mir Informationen vor. Ich denke, das ist es, was mich wahnsinnig macht. Ich habe keine Ahnung, warum du das für nötig erachtest. Du schaltest und waltest nach Gutsherrenart. Ich muss deine Entscheidungen nicht toll finden, aber ich habe ein Recht darauf, sie nachvollziehen zu können.« Kalle stand auf. »Was qualifiziert dich eigentlich als Chef?«
Guntbert erhob sich aus seinem Liegestuhl. »Hast schon länger keine mehr flachgelegt, was?«
Treffer unter der Gürtellinie. Wenigstens hatte er Guntbert Meyer alles gesagt, was er ihm sagen wollte, außer: Arschloch!
*
Kalle machte einen Abstecher ins Erdgeschoss zur Polizeipsychologin Kerstin Brockmann. Nach seinem Gespräch mit Dr. Kluge hatte er sie gefragt, ob sie in Elizas Klassenstufe über die Gefahren von sozialen Netzwerken im Internet referieren würde. Ob er einen bestimmten Grund dafür habe, wollte Kerstin damals wissen. Nein, rein prophylaktisch, hatte er gesagt! Kerstin hatte gelacht und behauptet, sie sehe es ihm an der Nasenspitze an, wie besorgt er sei. Pah, Weiber. Pah, Psychologen! Kerstins Bürotür stand weit offen. Kalle klopfte an den Rahmen. »Hallo, hast du einen Augenblick Zeit?«
Kerstin nickte und winkte ihn herein. Kalle schloss die Tür. Kerstins Büro glich dem von Anna Lekowski und stand im krassen Kontrast zum Chaos, das bei Guntbert Meyer herrschte. Nicht eine Akte, nicht einmal ein Notizblock oder wenigstens ein Wandkalender.
»Hast du den Osterhasen gesehen?« Kerstin lachte.
Kalle schüttelte den Kopf. »Kann man über das Büro Rückschlüsse auf dessen Nutzer schließen?«
»Ach, das meinst du. Nee, privat müsste sich das Redaktionsteam von
Schöner Wohnen
mindestens zwei Wochen vorher bei mir zu Hause anmelden.« Kerstins Lachen steckte an. »Nimm Platz. Mit Tee und Gebäck kann ich leider nicht dienen. Was verschafft mir die Ehre, dich in meiner Hütte begrüßen zu dürfen?«
Kalle zog sich einen Stuhl an Kerstins Schreibtisch, drehte ihn herum, setzte sich und kreuzte seine Arme auf der Lehne. »Hast du schon einen Termin mit Dr. Kluge vereinbart?«
»Ich hab ihn angerufen, wir haben länger telefoniert, und schwupp, hatte ich sowohl mehrere Terminvorschläge zur Auswahl als auch eine Einladung zum Abendessen.«
Wirklich niedliche Grübchen hatte sie, wenn sie lachte. Kalle grinste. »Sein wahrer Name ist also Doc Casanova. Das sieht man ihm gar nicht an.«
»Den meisten Leuten sieht man nicht an, was sie hinter ihrer Stirn verbergen. Meine Mutter hat mir gerade neulich erst erzählt, bei ihrem Lieblingsitaliener in Kreuzberg sei ein Mann festgenommen worden, den sie vom
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