Neobooks - Dreck muss weg!
Spekulationen. Frau Lorei war bei Kräften und psychisch bis dato unauffällig. Ich kann und werde Frau Terbeek da keinen Vorwurf machen.«
Marga war sicher, mit der Festnahme korrekt gehandelt zu haben – obwohl ihr Gewissen sie piekte, weil sie so siegessicher gewesen war. Und sie war zornig. Sie war auf die heimliche Medikamentengabe angesprungen wie eine Wespe auf den Pflaumenkuchen. Außerdem war sie immer noch sicher, dass die Lorei Dreck am Stecken hatte. Trotzdem dankte sie Harm fürs große Kino. Sie war froh, dass er hinter ihr stand.
Der Anwalt der Lorei rieb sich die Hände. »Gut. Dann lassen wir jetzt den Vorhang fallen. Da laut Staatsanwalt gegen meine Mandantin im Mordfall Neehuis kein hinreichender Tatverdacht besteht, werden Frau Lorei und ich uns jetzt verabschieden. Außerdem wird Frau Lorei hinsichtlich weiterer Ermittlungen gegen ihre Person von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Ein entsprechendes Schriftstück habe ich vorbereitet. In doppelter Ausführung.«
Harm unterschrieb den Wisch nach kurzer Prüfung und erhob sich. Der Anwalt knöpfte sein Sakko zu, grüßte knapp und schob die stetig schweigende Lorei nach draußen.
»Und du willst sie einfach so gehen lassen?« Marga starrte Harm an und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
»Ich habe keine Wahl.« Harm stützte sich auf seine Stuhllehne. »Man muss auch wissen, wann’s gut ist, Margarethe. An diesem Punkt kommen wir nicht weiter.«
»Weil der blasierte Anwalt uns in die Schranken weist?« Margas Lippen waren weiß und blutleer. Harm sah sie an. »Weil wir uns an die Fakten und die Rechtsgrundlagen halten müssen. Hast du nicht mit Joki gesprochen? Warum bist du dir so sicher, dass die Lorei Theda Neehuis ermordet hat?«
»Es war eine Beziehungstat, da bin ich mir sicher. Und der Täter stammt aus ihrem Umfeld.« Marga ballte die Hände zu Fäusten. Andererseits war da noch diese Bullifahrerin. Marga war am Ende.
Harm schüttelte den Kopf. »Ab ins Wochenende, Margarethe. Ruh dich aus und leg die Beine hoch. Dein Dauerlauf nützt gar nichts, wenn du in die falsche Richtung rennst.«
Marga wollte etwas erwidern, doch er kam ihr zuvor.
»Keine Widerrede. Und iss was. Du siehst aus wie ein Handstock mit Plünnen.«
*
Uttum, Ostfriesland
Nach Dienstschluss fuhr Marga nach Emden. In einem Supermarkt an der alten Molkerei kaufte sie Brot und Käse, Saft, Tomaten und eine Prinzenrolle.
Handstock mit Plünnen.
Was fiel Harm eigentlich ein? Nur weil er vom Alter her ihr Vater sein konnte, brauchte er sich noch lange nicht wie einer aufführen.
Und iss was.
Frechheit. Sie bog in die Bolardusstraße ein. Bei Peter war alles dunkel. Mist. Sie war zwar erleichtert, Peter erst mal nicht unter die Augen zu kommen, wollte Ludger aber unbedingt mit nach Hause nehmen. Der dicke Kerl. Er war bestimmt schon völlig entfremdet. Durch ein ausgeklügeltes Einbahnstraßensystem war Marga gezwungen, zu ihrer Wohnung einmal um den kompletten Pudding zu fahren. Einem inneren Drang folgend, fuhr sie plötzlich wieder stadtauswärts Richtung Harsweg. Dann Richtung Hinte und über die Dörfer. In der Dunkelheit flogen einzelne Baumschatten an ihr vorbei, und das Auto fraß einen weißen Mittelstreifen nach dem anderen. Osterhusen, Cirkwehrum, danach kam Uttum. Sie war seit der Befragung von Derk Kampmann nicht mehr in Uttum gewesen. Es schien Lichtjahre her zu sein. Sie parkte ihren Wagen am Dorfrand, kramte im Kofferraum nach einer Taschenlampe und ging zu Fuß an der Landstraße entlang. Ganz geheuer war ihr das nicht. Ein unaufmerksamer Autofahrer, und sie würde als Pizza Margarethe auf dem Asphalt enden. Das Gelände um das alte Arbeiterhaus war wieder freigegeben. Marga leuchtete ins Dickicht und fand den Bau nach ein paar unwegsamen und feuchten Metern. Hier hatte Theda ihre letzten Stunden verbracht. Marga lief es kalt über den Rücken, als sie in den Schuppen leuchtete. Nichts deutete auf Thedas gewaltsames Ende hin. Hatte sie gespürt, dass sie erstickte? Oder war sie durch das Beruhigungsmittel einfach eingeschlafen und hatte ihren krassen Abgang verpennt? Gerade noch Rosenkohl mit Mehlschwitze, dann plötzlich im Büßerhemd auf der himmlischen Showbühne. Marga hatte keinen Plan. Theda hatte im Leben wie im Tod keine Antworten für sie hinterlassen. Zurück an der Landstraße lief sie wie automatisch den Weg hinein ins Hammrich auf den Hof von Derk Kampmann zu. Dort war Theda geboren. Die Entfernung war Marga
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