Neobooks - Dreck muss weg!
Margarethe.«
*
Fachkommissariat Aurich, Ostfriesland
Annette Lorei sah wesentlich besser aus als bei ihrem letzten Treffen, aber das war auch kein Kunststück. Sie trug einen grauen Pullover mit Schalkragen. Ein buntes Nicki-Tuch verdeckte die Verletzungen an ihrem Hals. Der Anwalt der Lorei, ein markanter Typ mit Dreitagebart, erhob sich und begrüßte Marga mit einem festen Händedruck.
»Ich möchte betonen, dass es Frau Loreis Pflichtbewusstsein und gutem Willen anzurechnen ist, dass wir heute schon aufeinandertreffen. Aus ärztlicher Sicht hätten wir gut noch eine Woche warten können, zumal Frau Lorei sich nur langsam von den Schrecken der vergangenen Tage erholt.«
Marga versuchte, seinen gönnerhaften Ton zu ignorieren, und bemühte sich um Sachlichkeit.
»Wäre Frau Lorei nicht mit einem Kopfsprung in die Scheibe getaucht, hätte die Vernehmung zum Mord an Frau Hayenga schon wesentlich eher stattfinden können.«
Harm hatte einen Pokerblick. Nur seine Nasenflügel blähten sich auf, als hätte er etwas Unappetitliches gerochen. Der Anwalt richtete sich auf. »Ich muss doch sehr bitten. Behalten Sie Ihre Spekulationen für sich. Von einer Beamtin in Ihrer Stellung dürfte man etwas mehr Professionalität erwarten. Und ich finde es sehr befremdlich, dass Sie Ihren rücksichtslosen Kurs beibehalten, nach allem, was Sie damit angerichtet haben.«
Hallo? Jemand zu Hause? Nach allem, was sie, Marga, angerichtet hatte? Ging’s noch? Marga schoss zurück.
»Frau Lorei war eine Tatverdächtige im Mordfall Neehuis. Sie hat das Opfer sediert, das kurze Zeit später verschwand und am Tag darauf tot aufgefunden wurde. In ihrer Obhut befanden sich weitere Frauen, für deren Sicherheit ich zu dem Zeitpunkt nicht garantieren konnte. Im Gegenteil. Es bestand ein dringender Tatverdacht gegen Frau Lorei. Ich habe mir nichts vorzuwerfen.« Marga spürte, wie die Wut ihr rot den Hals hochkrabbelte. Harm machte unter der Tischplatte Zeichen mit der flachen Hand: Bleib ruhig, Margarethe.
Sie gab sich alle Mühe.
»Nun werden Sie doch nicht albern. Der dringende Tatverdacht war lächerlich und keinen Moment haltbar. Meine Mandantin war zu jeder Zeit um das Wohl von Frau Neehuis bemüht. Und das seit Jahren. Sie hat exzellente Referenzen aus ihrer Arbeit in der Altenpflege und versteht sich mit den Angehörigen der Verstorbenen bis heute ausgezeichnet. Und dann erscheinen Sie auf der Bildfläche und zerstören in wenigen Minuten alles, was sich das Ehepaar in jahrelanger Arbeit aufgebaut hat. Und warum? Weil Sie mit Ihren unüberlegten Verdächtigungen weit über das Ziel hinausschießen.«
Marga beugte sich vor. Am liebsten hätte sie die Zähne gefletscht. »Es ist ein Mord geschehen, darf ich Sie daran erinnern? Frau Neehuis ist das Opfer von brutaler Gewalt geworden, Frau Lorei gehört als Bezugsperson automatisch zum Kreis der Verdächtigen. Und Frau Lorei hat erwiesenermaßen das Opfer kurz vor seinem Tod mit Medikamenten sediert. Und nach ihrer begründeten Festnahme hat sie versucht, sich selbst zu verletzen – und hat sich damit in Lebensgefahr gebracht. Egal, wie Sie es mit dem Tatverdacht halten, den Sprung in die Scheibe sehe ich persönlich als eindeutiges Schuldeingeständnis.«
Der Anwalt lehnte sich behaglich zurück. »Nun kommen Sie mal runter. Es gibt genügend Mediziner, die an einer Verabreichung eines leichten Beruhigungsmittels bei dementen Personen keinen Anstoß nehmen. Das bekommen Sie auf Wunsch auch schriftlich. Außerdem kann von Selbstverletzung keine Rede sein. Frau Lorei ist gestürzt und unglücklich gefallen. Sie hatte einen Schwächeanfall, für den Sie und Ihr unangemessenes Verhalten die Verantwortung tragen. Wir behalten uns rechtliche Schritte gegen Sie vor.«
Marga lachte auf. Frau Lorei spielte das Bambi, und Harm schüttelte den Kopf.
»Meine Herrschaften, das führt doch zu nichts. Wir befinden uns hier nicht in einem Theater-Workshop.« Harms Blick war fest, Naturstein im Block. »Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie rechtliche Schritte gegen wen auch immer einleiten wollen. Fakt ist, es ist ein Mord geschehen im Umfeld von Frau Lorei, und zu diesem wird sie vernommen. Ich möchte betonen, dass ich als Polizist genau wie meine Kollegin gehandelt hätte. Frau Lorei hat sich durch das eigenmächtige Hantieren mit dem Sedativum äußerst verdächtig gemacht. Den Unfall kann man deuten, wie man will, der steht heute nicht zur Debatte. Ich verbitte mir da ebenfalls
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