Neobooks - Erotische Frühlingsträume
größer sein.«
Mit jedem Wort von Annas Gestammel gefror Madame Jankolinis Lächeln ein wenig mehr. Schließlich verflüchtigte es sich aus ihrem Gesicht und gab die dahinter liegende Enttäuschung preis.
»Oh! Nun ja, wissen Sie, als ich jung war, in Polen … Ich hatte ein Zimmer zusammen mit drei Freundinnen. Das ging auch. Aber nun ja … Sie müssen das wissen. Also nehmen Sie die Wohnung nicht?«
Nein, Absagen zu erteilen war wirklich nicht Annas Ding. Fast hätte sie ihren Entschluss aus Mitleid umgeschmissen, doch dann fasste sie sich ein Herz, atmete durch und schüttelte den Kopf. Tief zwischen ihren Schultern, wie es sich anfühlte.
»Aber
ich
nehme sie«, ertönte es im selben Moment hinter ihr.
Anna zuckte zusammen. Nicht, dass sie ihn für eine Sekunde vergessen hätte. Natürlich war sie sich in jedem Augenblick seiner Anwesenheit bewusst gewesen. Aber warum, zum Teufel, sprach er jetzt?
Auch Madame Jankolinis Augen weiteten sich für einen Moment. Sie blickte an Anna vorbei. Die junge Frau folgte ihrem Blick.
Der Fremde erschien im Türrahmen, und – Anna traute ihren Augen kaum – der Knopf seiner Jeans stand nach wie vor offen.
Madame Jankolini schien nichts davon zu bemerken. Sie fasste sich schnell.
»Oh, ich wusste nicht, dass Sie zu zweit hier sind.«
Anna holte Luft, um zu protestieren, doch der Fremde kam ihr zuvor.
»Nein, nein. Die Haustür ließ sich aufdrücken, und hier oben traf ich auf die junge Dame. Ich hätte mich jetzt bei Ihnen gemeldet.« Er zwinkerte Anna zu und schenkte ihr den Ansatz eines Lächelns.
Merkwürdig, wie selbstsicher und höflich er war. Anna erkannte nichts an ihm wieder. Weder den stürmischen Liebhaber, als der er ihr Minuten zuvor noch den Atem geraubt hatte, noch das Häufchen Elend, als das er hinter derselben Tür gekauert hatte, deren Schwelle er nun mit großen, festen Schritten passierte.
Anna staunte. Mit offenem Mund. Ein Luftzug berührte ihr Zäpfchen und machte ihr klar, welches Bild sie gerade bot. Entwürdigend. Schnell schloss sie den Mund wieder.
Madame Jankolini reichte dem Fremden die Hand und stellte sich vor. Er grüßte zurück, ließ seinen Namen jedoch unerwähnt.
»Und Ihnen gefällt die Wohnung?«, fragte die ältere Dame mit einer deutlichen Spur von Skepsis in Stimme und Mimik.
Er sah sich um und nickte. »Wie gesagt, ich würde sie nehmen. Ab sofort?«
Madame Jankolini strahlte. »Natürlich. Sie sehen ja, sie wartet nur auf einen neuen Bewohner.«
Auf einmal fühlte sich Anna durchsichtig.
Madame Jankolini schien dem Charme des Fremden verfallen zu sein. Sie lachte und beantwortete seine Fragen.
Anna entzog sich der Szene, ging zurück ins Schlafzimmer, warf einen ungläubigen Blick auf die Stelle, wo sie vor wenigen Minuten noch in seinen Armen gelegen hatte. Sie hatten tatsächlich miteinander geschlafen.
Sie, das verantwortungsbewusste, oft als bieder bezeichnete Mädchen und dieser unfassbar schöne Mann, dessen Namen sie nicht einmal kannte.
Die noch frische Erinnerung wirkte nicht real, sondern wie ein Traum.
Anna schüttelte den Kopf, hob ihre Jacke auf und ging zurück in den großen Wohnraum.
»Ähm, ich … bin dann mal weg. Vielen Dank noch einmal.«
Madame Jankolini wedelte mit der Hand, ohne den Fremden aus den Augen zu lassen. »Kein Problem. Adieu.«
Er jedoch sah auf Anna herab. Seine Augen verengten sich, und er verlieh seinem Blick eine Intensität, die ihren Herzschlag zum Stolpern brachte.
»Ich danke
dir
«, wisperte er. Natürlich erkannte nur sie die Doppeldeutigkeit seiner Worte. Sie sah ihn noch einen Moment lang an, dann senkte er seinen Kopf und sofort – im selben Moment, als er ihr seinen Blick entzog – erwachte sie aus ihrer Verzückung.
Ohne ein weiteres Wort verließ Anna die Wohnung. So schnell sie nur konnte, lief sie die Stufen hinab, schlug die Haustür hinter sich zu und stieg in ihr Auto.
Erst auf der Landstraße, die sich durch das Dunkel des Waldes schlängelte, wurde sie sich des Gefühls bewusst, auf der Flucht zu sein. Hinter einer Kurve musste sie die Bremse fast bis zum Anschlag durchtreten, um einen Auffahrunfall zu vermeiden.
Und plötzlich, wegen des Wagens vor ihr und der durchgezogenen Linie neben ihr zur Langsamkeit verdammt, wusste sie nicht, wie sie überhaupt bis hierhin gekommen war. Anna konnte sich nicht an die bisherige Fahrt erinnern und schimpfte bei dieser Erkenntnis laut vor sich hin.
Welche Folgen Träumereien am Lenkrad
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