Neobooks - Erotische Frühlingsträume
erklärte, er wolle keine persönlichen Details zulassen. Keine Oberflächlichkeiten, wie er es nannte.
»Ich will nicht wissen, was du beruflich machst und ob du in festen Händen bist oder nicht«, brummte er, als Anna auf seiner Brust lag und lauschte, wie sich sein Herzschlag beruhigte.
Ob sie in festen Händen war? Wie konnte er …
Empörung wallte in ihr auf. Sie schnappte nach Luft und wollte protestieren, doch er legte einen Finger auf ihren Mund.
»Ich sagte, ich will es nicht wissen.« Er lächelte.
»Das sind äußere Umstände, die mich nicht interessieren. Hinter einem Namen kann man sich verbergen, hinter seiner Familie und seinem Beruf auch. Sogar hinter seinen Freunden. Alles ist klischeebelastet, nichts ist mehr rein. Es sei denn, ich weiß nichts davon. Dann kann ich dich genießen, als Mensch … als Frau. So, wie du bist, so, wie ich dich sehe. Ich will dich ohne Tabus und ohne Fassade. Pur.«
Anna hatte eine Weile nachgedacht. Seine Logik blieb ihr ein Rätsel, doch sie beschloss, sich auf sein Spiel einzulassen. Denn er gefiel ihr, und sie hatte noch nie zuvor so guten Sex gehabt. So genossen, mit all ihren Sinnen.
Also reichte sie ihm die Hand, als er ihr seine entgegenstreckte.
»Deal?«, fragte er.
Anna nickte.
Dieser Pakt zwischen ihnen funktionierte blendend. Zumindest anfangs.
Zunächst war es ungewohnt, den Schlüssel zu einer fremden Wohnung zu benutzen. Doch nachdem Anna bei ihrem ersten Versuch puterrot anlief, als Madame Jankolini just in dem Moment auf den Flur trat, als sie die Haustür öffnete, war sie überzeugt davon, dass es nicht noch peinlicher kommen konnte.
Ihr Fremder stand zu seinem Wort. Sobald sie einen Fuß über die Schwelle der Wohnung setzte, ließ er alles andere stehen und liegen und widmete sich nur noch ihr. Er schien sie immer zu erwarten, nie kam sie ungelegen.
Der Kalender zeigte Mai, als sich Anna dabei erwischte, dass sie nach Details zu seiner Person suchte. Sie forschte nach irgendetwas, einer Werbung oder einem Brief mit seinem Namen, doch sie fand nichts. Nicht einmal auf dem Schild seines Briefkastens stand sein Name, sondern nur OG .
Es war Juli, als Anna merkte, dass sich ihre Gefühle wandelten. Sie sehnte sich danach, in seinen Armen einzuschlafen. Und da es in diesen vier Wänden keine Tabus zwischen ihnen geben sollte, überließ sie sich ihrem Wunsch und übernachtete von diesem Tag an sehr häufig bei ihm.
Als der September anbrach, glaubte Anna, eine Änderung bei ihrem namenlosen Geliebten zu spüren. Ihre gemeinsame Zeit drehte sich nicht mehr nur um Sex.
Seitdem sie von einer Reise nach Mallorca zurückgekehrt war, wirkte er erleichtert. Und bemüht. Er machte ihr Frühstück und bat sie, bei ihm zu schlafen, wenn sie Anstalten machte, ihn am Abend zu verlassen.
Eines Samstagmorgens stellte er sich hinter sie und führte ihre Hand, in der sie einen rot getränkten Pinsel hielt, über die Leinwand. Auch wenn dies zu einem der besten sexuellen Erlebnisse ihres Lebens führte und sie als menschliche Kunstwerke auf einer Plane auf dem Fußboden endeten, spürte Anna, dass sich die Stimmung zwischen ihnen gewandelt hatte.
Im Oktober bereute sie ihren Pakt zum ersten Mal.
Er schlief, und sie betrachtete seine entspannten Gesichtszüge. Auf einmal wollte sie nichts mehr, als ihm von sich zu erzählen. Anna wollte berichten, was sie beruflich machte, wie gern sie sang, dass sie die Tatsache hasste, sich schuldig gegenüber ihrem Vater zu fühlen, sobald sie über einen Umzug in eine eigene Wohnung nachdachte. Sie wollte, dass dieser schöne Mann ohne Namen sie in den Arm nahm und sie bestärkte.
Und natürlich wollte sie alles über ihn erfahren. Wollte Geschichten aus seiner Kindheit hören, wissen, ob er Geschwister hatte, und gemeinsam mit ihm seine Fotoalben ansehen. Sie wollte ihn fragen, wer für den permanenten Schimmer Traurigkeit in seinen Augen verantwortlich war.
Mehr als alles andere jedoch wollte Anna seinen Namen kennen.
Der Wunsch, ihre emotionale Beziehung zu vertiefen, wurde in dieser Oktobernacht so mächtig, dass sie kurz davor stand, ihn zu wecken und einfach alles zu riskieren. Doch sie konnte es nicht.
Das war der Moment, in dem sie realisierte, dass sie ihn liebte.
Die Blätter fielen, die des Kalenders und die der Bäume. Im November entdeckte Anna, dass er sie gemalt hatte.
Es war das schönste Bild, das sie jemals gesehen hatte. Nicht, weil jeder Pinselstrich saß und er sie wirklich
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