Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Aufmerksamkeit den Kern des Themas erfassen konnte.
»Als die ersten Krieger von Westen über die Berge kamen, hatten diese Bauern ihnen nicht viel entgegenzusetzen. Ein Dorf nach dem anderen fiel in die Hände der Besatzer. In ihrer Not riefen die Menschen die Elben zu Hilfe. Gemeinsam stellten sie Fallen auf, und es gelang ihnen kurzfristig, die Krieger zurückzudrängen. Aber der Reichtum und die Schönheit Ardelans hatten sich herumgesprochen, und so drangen immer größere Heere durch den Hettiggraben.«
Philip unterdrückte ein Gähnen.
»Schließlich kam es zu der finalen Schlacht im Wilmus-Tal, nach der sich die Elben in ihre Hochburgen zurückgezogen hatten und ihre Städte vor den Menschen verbargen. Wie viele Städte es genau sind, vermag niemand zu sagen, aber zumindest drei davon werden häufiger erwähnt. Ihr Standort kann jedoch nur ungefähr ermittelt werden.« Theophil blieb stehen und drehte sich zu Philip um. »Was ich dir gerade erzähle, ist Wissen, das du in keinem Schulbuch, aber auch in keiner Bibliothek nachlesen kannst. Nur ein kleiner Kreis von Menschen ist eingeweiht. Der geheime Schlüssel nennen wir uns. Seit fast tausend Jahren – also seit der Besiedelung von Ardelan – sind wir fünf.«
Philip verstand die Mahnung: Zu niemandem ein Sterbenswort. Bevor er jedoch eine Frage stellen konnte, fuhr Theophil fort.
»In den Jahrhunderten, in denen die Zauberer hinter den Elben her waren, versteckten die jeweils fünf Mitglieder des Schlüssels allen Wissens über das schöne Volk. Ein glücklicher Zufall ermöglichte es, dass vor fünfhundert Jahren König Peregrin von einem Elben gerettet wurde, woraufhin er begann, die Zauberer zu vertreiben. Der Kirche waren die Zauberer ohnehin ein Dorn im Auge, und so entstand ein Bündnis, das in zahllosen Prozessen, aber auch durch Meuchelmorde die Zauberer verfolgte. Wie viele Unschuldige dabei ihr Leben verloren, mag ich mir nicht auszumalen. Sicher ist aber auch, dass viele Zauberer über die Berge flohen und sich wieder in Mendeor niederließen, wo sie zwar auch nicht gern gesehen waren, aber geduldet wurden.«
Philip stolperte über eine Wurzel, die er im Dunkeln nicht gesehen hatte.
»Nachdem die Zauberer verschwunden waren, kam es verstärkt zu Unruhen und Aufständen. Die betroffenen Grafen und Barone – meist solche, die vorher ihre Untertanen mit Hilfe eines Zauberers unterdrückt hatten – wollten dabei nicht selten einen Elben als Aufwiegler gesehen haben. Daran hat sich leider bis heute nicht viel geändert, obwohl sich zumindest keiner mehr wünscht, von Zauberern umgeben zu sein.« Theophil rückte seinen Rucksack zurecht. »Aber zurück zu den Elben. Obwohl sie jahrhundertelang gejagt wurden, brach der Kontakt zu den Menschen nie ganz ab. Es gab immer wieder Menschen, denen sie sich näherten und die sie in ihrer Nähe duldeten. Doch sind nur wenige Fälle bekannt, in denen ein Mensch eine ihrer Städte betreten durfte.« Der Lehrer blieb stehen und machte sich umständlich an seinem Trinkschlauch zu schaffen. Philip nutzte die Gelegenheit.
»Wo sind die beiden anderen Städte?«
Theophil trank durstig, ehe er antwortete. »Die eine liegt irgendwo am Meer und die andere in den südlichen Bergen.«
»Aber wenn kein Mensch diese Städte je betreten hat, wieso weiß man dann, dass es sie wirklich gibt?«, fragte Philip weiter. Theophil lachte.
»Philip, du bist am Rande dieses Waldes mit den Geschichten über Waldfeen aufgewachsen. Die Kinder am Meer wachsen mit Geschichten über Nixen und Wassergeister auf. Außerdem gibt es Überlieferungen – geheime Überlieferungen –, die besagen, dass viele Elben ans Meer gegangen sind, um von dort aus Ardelan zu verlassen. Vergleicht man dieses Wissen mit alten Geschichten, die man sich am Meer erzählt, kann man zu dem Schluss kommen, dass es zumindest eine Elbenstadt am Meer geben muss.«
»Aber erzählt man nicht überall Geschichten von Waldgeistern, Seeschlangen, Wassermännern, Eisdämonen und vielem mehr, und trotzdem sind es nur Geschichten, um die Kinder zu erschrecken?« Philip dachte an all die Geschichten, die er selbst schon seinen Brüdern erzählt hatte und in denen alles frei erfunden war. »Du vergisst, Philip, dass es die Elben wirklich gibt und dass in jeder Geschichte über sie ein Hauch Wahrheit stecken kann.«
Philip erinnerte sich an die Geschichte, in der die Elben Schiffe bauten. Er hatte sie seinen Brüdern erzählt, an dem Tag, als Jar’jana in ihr
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