Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Oberarm.
»Das war ein guter Witz, und jetzt erzähl die Wahrheit, sonst muss ich dir auch mein Bier berechnen.«
Agnus sah ihn ernst an. »Leider ist das kein Witz. Bei uns im Moor gibt es wirklich Zauberer und Gnome. Nur darum bin ich hier. Aber so wie es jetzt aussieht, hat sie der König selbst nach Ardelan eingeschleppt, um Elben aufzuspüren. Ich habe mir sagen lassen, dass er Beweise für das Vorkommen von Elben oder Feen, oder wie immer Ihr sie nennen wollt, im Alten Wald hat. Er ist der König, und nur sein Wort zählt.«
»Das ist doch alles bloß wieder ein Vorwand, um die Abgaben und Steuern zu erhöhen. Zauberer … Feen … Wir sind doch gläubige Menschen. Wir brauchen dieses heidnische Zeug nicht!«, polterte der Wirt.
Agnus zuckte mit den Schultern. Er dachte an das teigige Gesicht des Episkopos von Waldoria und daran, wie der sich vom König mitten im Gebet den Mund hatte verbieten lassen. Vonseiten der Kirche war keine Hilfe zu erwarten, denn wenn selbst ein hoher geistlicher Würdenträger dem König mehr untergeben war als seinem wahren Oberhaupt, dem Archiepiskopos, dann konnte auch kein anderer es wagen, dem Heiligen Vater in Eberus von den Zuständen hier zu berichten, ohne wegen Hochverrats angeklagt zu werden.
»Natürlich kenne auch ich Geschichten über Feen«, redete der Wirt weiter und riss Agnus aus seinen Gedanken. »Aber das sind Märchen, die erzählen wir unseren Kindern. Kein Erwachsener glaubt so was. Du sagtest der König hätte Beweise.«
Agnus trank einen Schluck von seinem Bier, um sich seine Worte zurechtzulegen.
»Die Jagdgesellschaft des Königs ist am hellen Tag im Wald überfallen worden …«
»Und jetzt will der König den ganzen Wald abholzen, bis sich kein Elbe mehr verstecken kann? Das wird ein schöner Krieg gegen Schatten, Geister und Märchengestalten.« Der Wirt klang halb belustigt, halb besorgt.
»Ich weiß nicht, was er vorhat, aber wenn alle Landesfürsten dem König die Männer schicken, die er angefordert hat, wird bald eine gewaltige Armee vor der Falkenburg lagern. Damit kann er jeden Stein im Alten Wald umdrehen, und er wird jedes Vogelnest und jedes Mauseloch finden.«
»Nun, es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird«, erwiderte der Wirt in der festen Absicht, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. »Harren wir der Dinge, die da kommen mögen. Und jetzt erzählt, ist das Bier in Waldoria vergleichbar mit dem unseren?«
Agnus nahm probehalber noch einen Schluck und meinte dann: »Also das hier ist schon mal sehr gut.« Er nahm noch einen Schluck. »Wirklich hervorragend.« Der Wirt lächelte. Nachdem Agnus dann noch das eine oder andere Bier bestellt hatte, fiel er in den frühen Abendstunden erschöpft und angetrunken in sein Bett und schlief bis zum nächsten Morgen wie ein Stein.
***
Valerian hatte seinerzeit darauf verzichtet, sich diesen Mann persönlich anzusehen. Er hatte sich blind auf das verlassen, was sein Untergebener ihm gesagt hatte. Heute musste er sich eingestehen, dass er sich mehr mit der Sache hätte beschäftigen müssen.
Als er jetzt unvermittelt in demselben Raum mit Dosdravan Liminos, dem Zauberer, stand, merkte er, wie leichtgläubig er gewesen war.
In einem langen Umhang mit fließenden, wallenden Ärmeln, den Bart mit dünnen geflochtenen Zöpfen durchsetzt, die Haare mit irgendeinem widerlich riechenden Zeug eingerieben und zu einen straffen Zopf gebunden, stand er vor dem König und redete mit seiner schnarrenden Stimme, die in jedem Winkel der Halle widerhallte.
Valerian versuchte, kein weiteres Mal in die Augen des Zauberers zu sehen, denn sie waren das Schlimmste an ihm. Augenlider und die dünnen, bleichen Augenbrauen waren in dem kalkweißen Gesicht kaum auszumachen. Sein Blick stach wie Nadeln und ließ einem das Blut in den Adern erstarren. Hilmar von Weiden und Vinzenz von Hohenwart, in deren Audienz beim König der Zauberer hineingeplatzt war, rückten schutzsuchend einen Schritt näher zusammen.
Leonidas schien das alles gar nicht zu beachten. Er hatte den Zauberer nicht aufgefordert, weiter in den Raum zu treten, und so stand dieser kurz hinter der Tür wie ein Bittsteller, wirkte aber in keinster Weise demütig, sondern eher so, als würde er Anspruch auf diese Hallen erheben.
Nachdem alle Vorwürfe, die ihm der König an den Kopf geworfen hatte, wirkungslos verklungen waren, berichtete Dosdravan Liminos von den Erfolgen, die seine Schergen bis vor die Behausung der Elben im Wald
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