Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
doch jedes Verständnis für ihre Sprache. Was sollte er tun? Theophil war irgendwo unterwegs, sollte er ihn warnen? Ihm von der Veränderung erzählen? Wo sollte er ihn suchen? Und selbst wenn er ihn fand, was konnte er ihm erzählen, ohne sich vollkommen lächerlich zu machen? Trotzdem war er sich sicher, dass etwas nicht stimmte, und es machte ihm Angst. Sein Blick irrte nach allen Seiten. Sein Kopf dröhnte jetzt von den Lauten der Bäume. Zu spät hörte er das Trappeln von Pferdehufen und die Stimmen der Menschen, die sich von Süden seinem Lager näherten. In wilder Panik sprang er auf und versuchte zu fliehen. Schon nach zwei wackeligen Schritten stolperte er und fiel der Länge nach hin. Als hätte man ein Eisschwert in seinen Fuß gerammt, flammte der Schmerz von der Ferse bis unter die Haarwurzeln und trieb ihm die Tränen in die Augen.
Verzweifelt rappelte er sich wieder auf. Neben ihm lag das Gnommesser. Darüber war er gestolpert. An seinem Bein bemerkte er einen blutigen Kratzer. Es war zwar nur ein schmaler Riss, aber die Art und Weise, wie sich der Schmerz in sein Bein bohrte, ließ keinen Zweifel daran, dass er sich schon wieder an dem Messer verletzt hatte. Die Geräusche der Menschen wurden lauter. Philip packte das Messer und suchte nach einem geeigneten Versteck. Er hatte jedoch noch keinen Schritt vorwärts gemacht, als hinter ihm eine Stimme rief: »Bleib stehen!«
Langsam drehte er sich um. Auf den ersten Blick konnte er etwa zehn Reiter ausmachen. Sie und ihre Pferde waren gepanzert. Drei glänzende Pfeilspitzen zielten auf seine Brust.
»Was hast du hier zu suchen?« Die Stimme war hart und eisig wie die Klinge in seiner Hand.
»Ich?«, fragte Philip und versuchte ein möglichst einfältiges Gesicht zu machen, während er sich überlegte, was er sagen sollte.
»Bist du allein?«, schnarrte eine andere Stimme. Sie klang noch unheimlicher als die erste. Philip verbeugte sich, um sein Gesicht zu verbergen. Angst und Wut lagen im Widerstreit und versuchten ihn zu beherrschen. Was wollten diese Soldaten im Wald? In wenigen Stunden musste er mit den Ritualen für das Tor der Dämmerung beginnen.
»Ich bin ein Reisender auf der Suche nach Arbeit«, murmelte er und hoffte, dass er mit dieser Geschichte weiterkam. Seine Hoffnung sank, als er bemerkte, dass immer mehr Berittene zwischen den Bäumen auftauchten, die alle das Zeichen des Königs trugen. Alle, bis auf den zweiten Sprecher, der ihn mit eisigem Blick beobachtete.
»Was hältst du hinter deinem Rücken?« Seine Aussprache hatte einen eigenartigen Akzent. Philip konnte es nicht verhindern – die Hand mit der Gnomklinge sprang nach vorne. Das Messer löste sich aus seinen Fingern und flog auf den Mann zu.
»Er ist bewaffnet«, brüllte jemand.
»Nein …«, rief eine andere, Philip wohlvertraute Stimme. Er wurde von der Seite angerempelt, kämpfte einen Augenblick rudernd um sein Gleichgewicht und spürte, wie ein Körper vor ihm zu Boden stürzte. Aber er war unfähig, seinen Blick von dem des schwarzgewandeten Mannes zu lösen. Wie ein hässlicher Vogel ließ sich das Gnommesser in dessen Hand nieder. Das ist der Zauberer, dachte Philip teilnahmslos. Seine Wahrnehmung war eingeschränkt, sein Körper willenlos. Es gab nur ihn und den bleichen Mann in diesem Wald. Sein Blick war gefangen in den höhnischen, kalten Augen, und er konnte ihn auch nicht abwenden, als er von jemandem zu Boden gerissen wurde, wo er kampflos liegen blieb.
Erst als der Zauberer ihn nicht mehr ansah, nahm er das Chaos um sich herum wahr. Neben ihm lag Theophil. In seiner Brust steckte ein Pfeil. Erschrocken schrie Philip auf, aber es gelang ihm nicht, sich aus dem Klammergriff des Mannes, der ihn festhielt, zu befreien.
Theophil drehte ganz langsam seinen Kopf zu Philip herum und sah ihn aus glasigen Augen an.
»Sei ruhig mein Sohn, dann wird alles gut.« Er zwinkerte ihm zu und versuchte zu lächeln. Ein dünner Blutfaden floss aus seinem Mundwinkel. Philip nickte, dabei war ihm zum Heulen zumute. Er hatte verstanden.
Mit einem Ruck wurde er auf die Beine gerissen und vor einen der Reiter geschleift.
»Verneige dich vor deinem König, du Wurm.« Der Mann, der ihn eben noch mit stahlhartem Griff gehalten hatte, schubste ihn nach vorne. Philipp stürzte zu Boden, rappelte sich jedoch sogleich auf. »Was hast du hier im Wald zu suchen?« Die schneidend kalte Stimme war die des Königs.
»Ich suche nach Arbeit, Majestät.« Der König hob kurz die Hand,
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