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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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raffinierten Juwelendieben und nicht zuletzt vor Angehörigen von Minderheiten, die den Wert ihrer Grundstücke beeinträchtigen könnten. Die Ironie dabei war, daß diese Leute vielleicht das größte Maß an Sicherheit auf der ganzen Welt genossen – sie waren sicher vor Krankheit, Armut, politischer Unterdrückung und so gut wie allem anderen –, außer vor dem Tod.
    »Was schätzt du, was so ein Besitz kostet?« fragte Cletus.
    »Keine Ahnung, vielleicht eine Million Dollar.«
    »Mein Alter war Milchmann im Garden District, und ich bin im Sommer manchmal mitgefahren, wenn er seine Runde gemacht hat. Eines Morgens trieb ich mich so vor einem dieser großen Häuser direkt an der St. Charles Avenue herum, da kam diese Dame raus und sagte, ich wär das niedlichste Kind, das sie je gesehen hat, und ich sollte um drei Uhr nachmittags wiederkommen, dann würd ich ’n Eis bekommen. An diesem Nachmittag nahm ich also ein Bad und zog meine guten Sachen an und klopfte um Punkt drei an ihre Tür. Zuerst hat sie sich nicht mehr erinnert, wer ich war, dann hat sie gesagt, ich soll ums Haus rum an die Hintertür gehen. Ich hab überhaupt nicht kapiert, was los war. Als ich dann hinters Haus kam, hab ich gesehen, wie das Dienstmädchen an die zerlumpten farbigen Kinder aus der gesamten Nachbarschaft Eiskrem verteilt hat.
    Diese Dame hatte hinten im Garten ein Gewächshaus, und ich bin am gleichen Abend mit einem Karton voller Steine zurück und hab ihr sämtliche Scheiben eingeschmissen. Sie ließ den Schaden reparieren, und drei Wochen später bin ich wieder hin und hab wieder alles zerdeppert. Als mein Alter spitzkriegte, daßich der Übeltäter war, hat er mich mit dem Rohrstock vermöbelt, bis mir das Blut an den Beinen runterlief.«
    Clete bog in die Straße ein, an der Julio Seguras Haus lag. Überall standen Bäume und blühende Sträucher.
    »Hast du auch schon mal so eine Wut auf jemand gehabt, als du klein warst?« fragte er mich.
    »Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Du hast mir doch mal erzählt, dein Bruder und du hätten es auch nicht leicht gehabt.«
    »Was soll das, Clete? Das ist doch Schnee von gestern.«
    »He, das weiß ich auch. Ist doch kein Grund, sich aufzuregen.«
    »Du hast irgendwie ein rostigen Nagel quer im Kopf sitzen. Hör endlich auf, du machst aus ’ner Mücke ’nen Elefanten.«
    »Ich finde, manchmal wirst du ganz schön persönlich, Streak!«
    »Da kommt er! Los, drück drauf!« unterbrach ich ihn.
    Julio Seguras lavendelfarbener Cadillac war gerade aus der Auffahrt gekommen und in die Straße eingebogen. Am Steuer saß ein Zwerg und auf dem Beifahrersitz eine blonde Frau. Segura und ein weiterer Mann saßen hinten im Wagen. Cletus trat das Gaspedal durch und setzte sich vor den Cadillac. Der Zwerg machte ein ängstliches Gesicht hinter der Scheibe und fuhr weiter. Ich hielt meine Dienstmarke hoch, damit er sie sehen konnte. Er trat auf die Bremse, beide Hände fest auf das Lenkrad gelegt und das Kinn trotzig erhoben unter der violetten Chauffeursmütze. Der rechte Vorderreifen hinterließ eine lange schwarze Schleifspur am Bordstein.
    »Wie willst du vorgehen?« fragte Clete, ehe wir aus dem Wagen stiegen.
    »Wir ziehen einfach die schwarze Flagge auf«, antwortete ich.
    Clete hatte vor dem Cadillac geparkt, und wir gingen jeder auf einer Seite langsam auf den Cadillac zu.
    Ich klopfte an die Fenster auf der Beifahrerseite und hinten, wo Segura saß, um ihnen zu bedeuten, sie sollten die Scheiben herunterlassen. Später spielte ich die Szene in Gedanken immer und immer wieder durch, ebenso wie die fahrlässige Bemerkung mit der schwarzen Flagge, die ich Clete gegenüber gemachthatte, und fragte mich, welchen Verlauf dieser Nachmittag genommen hätte, wenn ich auf der Fahrerseite des Wagens gewesen wäre oder meine eigenen Ratschläge beherzigt hätte.
    Clete griff durch das geöffnete Fenster, zog die Schlüssel aus dem Zündschloß und warf sie hinter sich in die Hecke. Der Zwerg war vor Angst wie versteinert. Seine kleinen Hände hielten das Lenkrad fest umklammert, und er richtete den kahlgeschorenen Kopf abwechselnd auf Clete und zum Rücksitz.
    »Du hast doch wohl kein Blasrohr in der Unterhose versteckt, hoffe ich?« sagte Clete zu ihm. Dann sog er prüfend die Luft ein, die aus dem Wagen kam. »Ach du liebe Güte, was ist denn das für ein Aroma? Kolumbianischer Kaffee? Oder haben wir vielleicht auf dem Weg zum Golfplatz eine kleine muta geraucht?«
    Die Luft war schwer von dem

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