Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Geruch nach Marihuana. Die Blonde war blaß geworden. Ich sah den Zigarrenanzünder auf dem Wagenboden liegen und hatte sofort den Verdacht, daß sie wahrscheinlich den Joint angezündet und ihn dann, als wir den Wagen anhielten, verschluckt hatte. Sie hatte eine ganz nette Figur und trug weiße Shorts, hochhackige Schuhe und eine tief ausgeschnittene Bluse, aber sie hatte sich mit so viel Haarspray frisiert, daß ihre Haare wie Draht aussahen, und sie trug eine dicke Schicht Make-up auf dem Gesicht, um die tiefen Pockennarben zu verdecken.
Ich öffnete die Wagentür. »Gehen Sie zurück ins Haus«, sagte ich.
»Aber das Tor ist verschlossen.«
»Dann tun sie das Klügste, was Sie seit Jahren getan haben, und gehen Sie weiter«, riet ich ihr.
»Ich weiß nicht, was ich machen soll, Julio.« Sie blickte zum Rücksitz des Wagens.
»Tun Sie, was ich Ihnen sage, Schätzchen. Ihr Latin Lover hier wird heute auf die Nase fallen«, sagte ich.
Ihre Augen zuckten nervös, und sie biß sich auf die Lippen, nahm dann ihre Handtasche aus dem Wagen, machte vorsichtig einen Bogen um mich und ging mit schnellen Schritten und klappernden Absätzen die Straße hinunter.
Ich lehnte mich durch das Seitenfenster in den Wagen. Segura und der Torwächter, dem Clete neulich eins in die Magengrubegegeben hatte, saßen hinter der eingebauten Bar und hatten Wodkagläser in den Händen. Die Papierservietten hatten sie mittels Gummibändern um die Gläser gewickelt Segura trug gelbe Golfhosen, auf Hochglanz polierte braune Slipper und ein geblümtes weißes Hemd, das bis zum Bauch aufgeknöpft war. Sein merkwürdiges dreieckiges Gesicht mit den kleinen Hautperlen in den tiefen Stirnfalten sah mich gegen die jetzt tiefstehende Sonne an.
»Was zum Teufel glauben Sie, was Sie hier machen, Robicheaux?« fragte er.
»Ich will Ihnen nur zeigen, wie ein richtig schlechter Tag aussehen kann«, sagte ich.
»Was wollen Sie? Eine kleine Nummer umsonst? Irgendwas, was Sie in der Stadt gesehen haben?«
»Ich will Philip Murphy, Bobby Joe Starkweather und den kleinen Israeli.«
»Ich kenne diese Leute nicht. Sie kommen immer wieder in mein Haus und reden von Dingen, von denen ich nichts weiß.«
»Der alte Streak ist heut nicht besonders gut drauf, Julio«, sagte Clete. »Deine Freunde haben ihn neulich abends ganz schön fertiggemacht und ein paar häßliche Dinge getan. Jetzt sind sie verschwunden, aber dafür haben wir dich. Dich und diesen kleinen Paco-Kotzbrocken hier.« Er blies dem Torwächter den Rauch seiner Zigarette ins Gesicht.
»Sie wollen mich unter Druck setzen? Schön, ich bin Realist. Ich habe öfter geschäftliche Kontakte mit Polizeibeamten«, sagte Segura.
»Diesmal kommen Sie nicht davon, Julio«, sagte ich. »Alle Türen sind verschlossen. Nur noch Sie und ich.«
»Ruf Wineburger an«, befahl Segura seinem Torwächter.
Der andere Mann griff nach dem Telefon, das in einem in die Rückenlehne des Vordersitzes eingelassenen Kästchen aus Mahagoni steckte.
»Wenn du das Telefon auch nur anfaßt, steck ich’s dir quer in den Hals«, sagte Clete zu ihm.
Der Mann lehnte sich wieder in die Lederpolster, sein Gesicht angespannt und beide Hände flach auf die Knie gelegt.
»Sie haben überhaupt nichts, Sie wissen nicht das Geringste.Sie machen einfach nur Lärm, so, wie sich jemand in die Hose furzt«, sagte Segura.
»Dann versuchen wir’s doch hiermit«, sagte ich. »Lovelace Deshotels war ein kleines, schwarzes Mädchen vom Lande. Sie hatte sich viel vorgenommen, für sich und für ihre Familie. Sie dachte, sie hätte das große Los gezogen, aber Sie haben nichts übrig für Weiber, die Ihnen den Schnaps wegsaufen und das Schwimmbecken vollkotzen, deshalb haben Sie sie gleich wieder zurückverfrachtet ins Affenhaus. Die Sache hatte nur den Haken, daß Sie es diesmal mit einer wirklich harten Nuß zu tun hatten, die sich nicht einfach so abschieben lassen wollte. Abgesehen davon kam sie auf diese verrückte Sache mit den Elefanten.« Ich beobachtete bei diesen Worten sein Gesicht. Es zuckte wie ein Gummiband. »Also was macht ein Macho wie Sie, wenn eine seiner Schnallen widerborstig wird? Er läßt sie von ein paar seiner Ganoven zum Angeln mitnehmen und mit dem gleichen Zeug ins Jenseits exportieren, für das sie ohnehin schon ihre Seele verkauft hat.
Jetzt werden Sie sicher überlegen, woher ich das weiß, stimmt’s Julio? Ganz einfach. Die Typen, die für Sie arbeiten, leiden an verbalem Dünnschiß. Solche
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