Neonträume: Roman (German Edition)
immer gleich, ich bin Schriftsteller.«
» Was denn, hast du etwa ein Buch geschrieben?«, frage ich beeindruckt.
» Hm-hm. Heißt Anti-Loser.«
» Hab ich schon mal gehört, glaube ich«, nickt Ljocha ernst.
» Ich hab im Netz mal einen Link dazu gesehen.«
» Ist noch nicht erschienen, im Februar kommt es raus«, lacht Illias.
» Schlau«, stimmt Ljloch zu. » Und springen sie drauf an?«
» Und wie sie springen. Ich habe schon überlegt, mir eine andere Telefonnummer zuzulegen. Jeden Abend hab ich die Wahl zwischen fünf Kandidatinnen.«
» Hör mal, das muss ich ausprobieren«, sagt Ljocha aufgekratzt.
» Sorry!« Illias nimmt einen Anruf entgegen. » Ja, Liebling. Ja… Ja… Ich bin in der Galerie. Ich trinke gleich meinen Kaffee aus und dann komme ich nach Haus. Gut! Küsschen! Das war meine Frau«, erklärt er. » Also, ich muss dann mal los. Das Buch schicke ich euch im Februar zu. Oder besser noch, ihr kauft es euch selber, ihr seid doch reich. Und das mit Odnoklassniki.ru, das erkläre ich dir ein andermal genauer, Ljocha.«
» So ein Angeber«, konstatiert Ljocha, als Illias verschwunden ist. »Zum Schuss kommen! Und kaum ruft Mami, zischt er ab nach Hause!«
» Vielleicht liebt er seine Frau ja wirklich! Was ist schon dabei?«
» Nichts ist dabei«, gibt Ljocha zu. » Seine Frau ist klasse. Aber trotzdem ist er ein Angeber.«
» Und hat er jetzt wirklich ein Buch geschrieben, oder war das auch Quatsch?«
» Das war kein Quatsch. Mit so einer Schnauze kann man jeden Monat eins schreiben. Wenn der anfängt zu erzählen, schmeißt du dich weg.«
» Weil er eben ein Angeber und Quatschkopf ist«, resümiere ich neidvoll.
» Und ich habe schlechte Laune«, erklärt Ljocha.
Na und? Ich habe Aids.
» Ich auch«, nicke ich.
» Scheiß drauf. Siehst du die Frau da drüben? Sie sitzt schon seit einer Dreiviertelstunde ganz allein an ihrem Tisch.«
» Seh ich. Und? Was ist mit der?«
» Die würde ich jetzt saumäßig gerne bumsen.« Ljocha hickst.
» Ich passe. Eine halbe Stunde bleibe ich noch, dann haue ich ab. Ich hab noch eine Verabredung.«
» Nee, ich will noch nicht nach Hause. Wozu hab ich mir hier den ganzen Champagner eingefüllt? Damit ich dann pennen gehe?« Ljocha macht der Kellnerin ein Zeichen. Als sie kommt, bedeutet er ihr, sich zu ihm hinunterzubeugen, und flüstert ihr etwas ins Ohr. Das heißt, er ist der Meinung, er flüstert, tatsächlich hört man ganz ausgezeichnet, was er sagt. (Ich hoffe allerdings, nicht im ganzen Restaurant.)
» Ich möchte die junge Dame dort gern einladen. Wenn sie die Rechnung bestellt, bringen Sie sie bitte mir. Und geben Sie ihr diesen Zettel mit meiner Telefonnummer.« Er grinst über beide Ohren. » So, das war’s. Jetzt warten wir mal ab, was passiert. Inzwischen geh ich erstmal aufs Klo.«
Damit ist er verschwunden. Ich stecke mir eine Zigarette an, lehne mich gemütlich zurück und beobachte, wie sich die Geschichte entwickelt. Die Kellnerin geht zu dem Tisch, übergibt den Zettel, sagt etwas, deutet in meine Richtung. Der Gesichtsausdruck der Frau verändert sich drastisch. Sie beginnt, zornig auf die Kellnerin einzureden, fuchtelt mit den Händen, schießt mit den Augen böse Blitze zu mir herüber. Die Kellnerin nickt einfach nur wie eine Aufziehpuppe. Dann unterbricht die Frau ihre Tirade, steht abrupt auf und kommt sehr schnell zu mir herüber.
» Was erlauben Sie sich eigentlich? Wofür halten Sie mich?«, geht sie sofort auf mich los. » Denken Sie, ich bin eine Prostituierte? Sie sind ein Flegel! Ich bin durchaus in der Lage, selbst zu bezahlen, verstanden? Ist das Ihre Art, sich an Frauen ranzumachen? Sie sind ein…«
» Entschuldigen Sie, Fräulein, aber Sie sind an der falschen Adresse«, unterbreche ich sie.
» Was soll das heißen?«, fragt sie und macht ein langes Gesicht. » Haben Sie mir nicht eben Ihre Telefonnummer überbringen lassen?«
» Nein, das war mein Freund«, sage ich ruhig. » Er ist gerade auf der Toilette. Wenn er wiederkommt, können Sie ihm das alles ja nochmal erzählen.«
In dem Moment kommt Ljocha auch schon leicht wankend auf uns zugesteuert. » Guten Abend!«, ruft er fröhlich.
» Was erlauben Sie sich eigentlich? Wofür halten Sie mich?«, spult sie ihren Text noch mal von vorne ab. » Das ist eine Unverschämtheit…«
Und so weiter und so weiter. Während sie ihre Tugendarie singt, werfen Ljocha und ich uns wissende Blicke zu.
» Verzeihen Sie mir, Fräulein!« Ljocha präsentiert
Weitere Kostenlose Bücher