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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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blauen Kontaktlinsen in die himmelblaue Welt und dreht sich permanent Löckchen um den Finger. Auf ihren aufgeworfenen Lippen klebt ein unverwüstliches sanftes Lächeln. (Oder ist da bloß beim Aufspritzen etwas schiefgegangen?) Ansonsten ist sie mit jeder Menge billigem Metallplunder behängt, inklusive falschen Steinen und einer Swatch aus blauem Plastik. In der einen Hand hält sie ein vollständig mit Strass zugeklebtes Handy, in der anderen eine blaue Handtasche. Ein faszinierendes Bild: Sie schreitet, als ginge sie mit Zepter und Reichsapfel zu ihrer eigenen Krönung. Das Ganze ist eigentlich keine Frau, sondern eine einzige Dissonanz.
    » Hallo«, sagt Anton und schlägt mir gegen die ausgestreckte Hand. » Darf ich vorstellen: Das ist Wika. Wika, das ist Andrej.«
    » Sehr angenehm«, nicke ich.
    » Analog«, antwortet sie und zieht die Lippen noch breiter.
    O Gott, denke ich und lächele zurück. » Wie geht’s?«
    » Gut«, sagt sie eifrig, setzt sich und zupft sich das T-Shirt zurecht. » Ich hab heute bei meiner neuen Arbeitsstelle angefangen, letzte Woche war ich in Kiew bei meinen Eltern, mein Bruder fängt nämlich an zu studieren und ich wollte ihm…«
    Manche Leute verstehen die Frage » Wie geht’s« als Aufforderung, sofort ihren kompletten Lebenslauf abzuspulen. Ich halte mir die Speisekarte vors Gesicht.
    » Anton, wollt ihr etwas essen?«
    » Weiß nicht. Wika, wollen wir etwas essen?«
    » Nein, ich ganz bestimmt nicht, nach sechs Uhr esse ich niemals etwas!« Sie streckt ihre Pfötchen aus, um das Unheil Essen von sich abzuwehren. » Anton, bestellst du mir bitte ein Glas Champagner?«
    » Hm-hm.« Er winkt der Kellnerin. Zu mir gewandt sagt er: » Was ist mit deiner Laune? Apropos, was trinkst du?«
    » Bacardi. Ich hatte heute einen scheußlichen Tag. Nur Probleme.«
    » Gottchen, das kann ich dir sagen! In Moskau Auto fahren ist einfach nur noch furchtbar!«, legt Wika erneut los. » Ich habe heute eine halbe Stunde gebraucht, vom Arbat bis zur Kurskaja!«
    » Mit der Metro wär’s schneller gegangen«, spotte ich.
    » Ach, die Metro ist immer so schrecklich voll, dieses ständige Gedränge, das geht gar nicht!« Angewidert zerknittert sie ihr Gesichtchen.
    » Wika, mach nicht solche Grimassen, davon kriegt man Falten«, bemerkt Anton trocken.
    » Oh, das stimmt! Immerzu vergesse ich das, ich bin unmöglich! Sag mal, wo ist denn hier die Toilette?«
    Ich beschreibe ihr den Weg, Wika nimmt Handtasche und Handy und springt wie eine Gazelle davon. Der Kellner serviert den Champagner.
    » Wer ist das denn?«, frage ich düster.
    » Irgend so ein Landei, achte nicht drauf. Ich hab sie letzte Woche kennengelernt. Sie will zum Film.« Anton nippt an dem Glas und rümpft die Nase. » Das ist ja Asti. Ich hatte Champagner bestellt.«
    » Egal, das kann sie sowieso nicht unterscheiden.«
    » Reg dich ab. Sie ist ein dummes Huhn, aber ziemlich sexy. Das kannst du wohl nicht abstreiten!«
    Ich nicke gehorsam.
    » Hauptsache, sie nervt nicht.«
    » Im Prinzip ist sie ganz pflegeleicht. Ihre Freundin kommt später auch noch.«
    » Wozu das denn? Wir hatten ausgemacht, uns im engen Kreis zu treffen.«
    » Wo ist das Problem? Was soll der Stress? Zwei appetitliche Schnecken am Tisch stören nicht. Eine davon ist übrigens für dich gedacht.«
    » Ich will aber nicht. Ich hab die Schnauze voll von Frauen. Ich wollte einfach nur in Ruhe mit euch zusammensitzen und quatschen.«
    » Was ist denn mit dir los? Ich erkenne dich nicht wieder! Normalerweise hechelst du durch die Gegend wie ein Schwanz auf Beinen, und jetzt gibst du dich plötzlich als Frauenhasser.«
    » Ich hab gerade ein paar Probleme.«
    » Was für Probleme?«
    » Erzähl ich dir später.«
    Wika kommt von der Toilette zurück– allerdings nicht allein. In ihrer Gesellschaft ist eine Frau in engen Hosen, enganliegendem Rolli und goldenen Stiefeln. Wenn man unvorbereitet in ihre Richtung schaut, hat man das seltsame Gefühl, man sieht ein Paar Lippen durch den Raum schweben, denen eine Frau folgt. Gleichzeitig nähert sich vom Eingang her Wanja unserem Tisch. Klassische Full-House-Konstellation, denke ich.
    » Das ist Tanja«, stellt Wika ihre Freundin vor.
    » Und das ist Wanja«, sagen Anton und ich im Chor.
    Man lässt sich nieder, bestellt sich etwas zu trinken und stürzt sich umgehend in ein angeregtes Geplauder über nichts, mit reichlich Federspreizen, Hihi und Haha und großem Augenrollen. Wanja hat sofort gecheckt, dass Wika zu

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