Neonträume: Roman (German Edition)
Dabei habe ich alles für sie getan. Ich habe gerade eine zweiwöchige Reise nach Italien gebucht, ein Freund von mir ist nämlich Reiseveranstalter, der hat mir Rabatt gegeben. Ich habe eine Hypothek aufgenommen, habe meinen Eltern erzählt, dass ich vorhabe zu heiraten. Ich hab mich sogar schon nach einem Smoking umgesehen, Ringe angeguckt und so…« Wowa nickt nachdenklich und gießt sich das Glas wieder voll. » Ich verstehe nicht, woran es ihr fehlte! An Geld? Bitte schön! Hübsche Geschenke? Kein Problem, gerne! Restaurants, Klubs, Shopping und all das. Ich habe sogar jeden Sonntag mit Engelsgeduld ihre hohlköpfigen Freundinnen ertragen. Getrunken habe ich auch fast gar nicht. Und das hier«– er hält sich ein Nasenloch zu– » haben wir nur zusammen gemacht, zwei-, dreimal im Monat. Sie hatte alles, was sich eine Frau wünschen kann!«
» Vielleicht kommt sie ja zurück«, meint Wanja. » Man kennt das doch! › Ich brauch einfach noch etwas Zeit, muss über alles nachdenken‹ und so weiter. Kann doch sein, oder?«
» Oder um zu kapieren, was sie aufs Spiel setzt«, echot Anton, an seinem Whisky nippend.
» Meine beruflichen Perspektiven sind ausgezeichnet.« Wowa leert sein Glas in einem Zug und greift sich die nächste Zigarette. » Höchstens zwei Jahre, dann bin ich Abteilungsleiter. Dumme Gans. Was will sie? Eine Ponderosa? Einen neureichen Yuppie mit dickem BMW ? Ich habe ihr einen kleinen Toyota gekauft, auf Ratenzahlung, nebenbei bemerkt. Dieses Miststück. Diese Schlampe. Zwei Jahre waren wir zusammen. Sie hatte doch alles, Blumen, Geschenke…«
Ehrlich gesagt, gehen mir Wowas Probleme am Arsch vorbei. Ich habe jedenfalls keine Lust, hier rumzuhocken und zu warten, bis er sich ausgeheult hat oder vollständig besoffen ist. Als mein Salat und mein Whisky kommen, bestellt Wowa noch eine Flasche Wein und verschwindet dann auf dem Lokus.
» Macht, was ihr wollt«, spreche ich in die Runde. » Ich geh mir jetzt Drogen kaufen. Lieber dröhne ich mich zu, als mir noch länger diesen Schmu anzuhören.«
» Sehr witzig«, bemerkt Anton melancholisch. » Du könntest besser die Barfrau für ihn angraben, sonst klebt er uns den Rest des Abends auf der Pelle.«
» Ich verstehe nicht, wieso er überhaupt hier ist.«
» Mann, der Junge hat Probleme, siehst du das nicht, du gefühlloser Klotz? Wir sind nun mal seine Freunde, also müssen wir jetzt auch für ihn da sein«, doziert Wanja.
» Ich bin nicht sein Freund«, korrigiere ich und setze die nächste Zigarette in Brand.
» Er hat mir echt das Hirn weichgelabert«, murmelt Anton schwach und starrt ins Leere. (Ich habe den Eindruck, er hat, seit ich hier bin, nicht einmal seine Sitzhaltung verändert.) » Muss ich mir das wirklich antun? Nein, Leute! Das muss ich nicht!«
» Super Sache!«, spotte ich und schaufele mir Hühnchen rein. » Wenn ich das richtig verstehe, habt ihr aus mir bisher unbekannten Motiven beschlossen, euch dem armen Wowa als lebender Ärmel zum Ausheulen zur Verfügung zu stellen. Okay, aber was hab ich damit zu tun? Für so einen Scheiß hab ich echt keine Zeit. Wir sollten lieber unsere eigenen Angelegenheiten bereden. Apropos: Ich habe heute ein geiles Video auf Youtube gesehen. Mit so einem Typen, bis zu den Ohren vollgepumpt mit Barbituraten, den die Bullen gerade aus seinem Auto ziehen. Habt ihr das gesehen? Ich hab das Teil sogar hier auf meinem Handy«, verkünde ich.
» Hast du das auch gesehen, Anton?«, gackert Wanja. Anton schüttelt den Kopf. Ich schiebe mein Telefon in die Mitte und spiele das Video ab. Offenbar haben die Bullen selber mit einem Handy gefilmt: Ein Typ steht mit regungslosem Gesicht neben seinem Auto. Er ist total von der Rolle, kann kaum noch richtig sprechen. Auf die Fragen der Bullen antwortet er mit piepsiger Stimme immer nur dasselbe: » Scheiße, ist das geil, Alter!« Die Bullen amüsieren sich köstlich und lassen spöttische Kommentare vom Stapel, und auf einmal scheint sich der Typ an seinen letzten Disco-Aufenthalt zu erinnern, er macht ein paar wacklige Tanzschritte vor und zurück, verdreht seinen Körper irgendwie gequält und schreit wie ein Irrer los: Opa-pa-pa-pa! Die Bullen gehen sofort darauf ein, klatschen in die Hände und feuern ihn an: Opa-pa-pa!, grölen sie und lachen sich tot. Wir liegen ebenfalls vor Lachen unter den Tischen. Dieser Junkie-Humor ist zwar völlig bescheuert, aber trotzdem irre komisch, finde ich.
» Apropos, gibt es irgendwelche Neuigkeiten aus dem
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