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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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mit Werbe- SMS zumüllt, damit sie ja nicht vergessen, dass das Wochenende bevorsteht, an dem sie ihre Zeit verplempern können.
    » Was für eine Veranstaltung?«
    »› Fata Morgana‹, am Samstag. Besuchen Sie uns!«
    » Vielen Dank«, sage ich und schalte ab. Tja, der Freitag hat begonnen.
    Am Tisch neben mir lassen sich zwei absolut identisch getunte Blondinen unbestimmbaren Alters in Juicy-Couture-Sportanzügen nieder, die eine in Gelb, die andere in Rosa. Ich muss daran denken, dass Anfang der neunziger Jahre die Moskauer Mafiosi prinzipiell nur Trainingsanzüge trugen, was immer sie taten und wo immer sie sich aufhielten. Diese Spezies der Moskauer Blondinen der Zweitausender machen es im Grunde genauso. Als wäre die Welt ein einziges Fitness-Studio. Damals war es Adidas, jetzt Juicy Couture. Eigentlich hat sich nichts geändert. Rein gar nichts.
    An den Handgelenken der Damen baumeln diamantengespickte Uhren von wahrhaft männlichen Ausmaßen, an Fingern und Ohren bemerkenswert geschmacklose Produkte des Juwelierhandwerks, ebenfalls mit Diamanten besetzt, allerdings von geringer Karatzahl– woran sich die Zugehörigkeit ihrer Trägerinnen zur zweiten oder dritten Garde der » Lieblinge« ablesen lässt. Eine der beiden Bräute ist schwanger, und die Steine in ihren Ohrringen sind ein wenig größer als bei ihrer Gefährtin. Während der ganzen Zeit, die ich sie beobachte, reden die beiden Grazien kein Wort, schauen mit säuerlichem Gesicht in die Gegend und trinken Wein. In regelmäßigen Abständen blicken sie auf den Stuhl neben sich, auf dem ihre kostspieligen Handtaschen thronen. Auf der Tischfläche liegen dekorativ ausgebreitet ihre Zigarettenschachteln, Feuerzeuge, zwei erdbeerfarbene Vertu-Handys und die Autoschlüssel.
    Jetzt nähert sich eine dritte Freundin, eine Rotblonde, die aussieht wie ein Model. Sie ist um einiges jünger als die beiden anderen, hat eine bessere Figur, ist aber auch bescheidener gekleidet: kurzes rotes Kleid, rote Schuhe, rote Handtasche, eine kleine Armbanduhr mit kleinen Diamanten. Dafür sind die Lippen echt.
    » Hallo, Mädchen!« Sie verteilt schmatzende Küsschen. » Stellt euch vor, ich habe vorhin in einem Magazin gelesen, dass man glatt ein Pfund zunimmt, wenn man nicht ausschläft! Das ist doch zum Verrücktwerden! Gestern hab ich den ganzen Tag nur Obst gegessen, dann bis vier Uhr morgens gevögelt, und um zehn bin ich schon wieder aufgestanden. Soll das jetzt heißen, meine ganze schöne Diät war für die Katz?«
    » Hast du dich gewogen?«, fragt die rosa Freundin.
    » Wie denn? Ich hab kaum Zeit gehabt zu duschen! Janna, du glaubst es nicht, das ist ein schrecklicher Kerl!«
    » Freu dich doch, wenn er dich anständig bumst. Nicht ausgeschlafen!«, sagt die schwangere Dame in Gelb.
    » Ach, egal«, plappert die Hinzugekommene und wedelt mit dem Pfötchen. » Jedenfalls hab ich es ihm auch ordentlich besorgt.«
    » Hast du neue Schuhe?«, fragt Janna.
    » Hm-hm! Vorgestern gekauft! Christian Louboutin«, bemerkt die Rote lässig.
    » Wem hast du’s besorgt, Lisa? Diesem Bullen?«, fragt die Schwangere in absolut gleichgültigem Ton.
    » Janna, was denn für ein Bulle? Wir sind doch schon lange getrennt«, antwortet Lisa gekränkt. » Er heißt Tolja, ein Erdölmanager, hab ich dir doch erzählt! Er sieht ein bisschen gewöhnlich aus, aber er hat Geld. Er hat mir neulich einen Ring gekauft, von Chopard!« Lisa reckt stolz ihren Finger in die Höhe.
    » Ziemlich kleiner Stein. Er hätte ruhig einen größeren rausrücken können, dein feiner Erdölmanager«, schnaubt Janna. » Guck dir Jenja an: zweihundert Quadratmeter in dieser Nobelwohnanlage, Alye Parussa, direkt an der Moskwa, nächste Woche sind sie fertig mit der Renovierung. Und sie hat keinen Erdölmanager, bloß einen einfachen Banker.«
    » Dafür hat Jenja ja auch hart gearbeitet«, gibt Lisa mit einem Blick auf den vorgewölbten Bauch der Schwangeren zurück. » Ich weiß nicht, Mädels, ich glaube, ich habe mich verliebt! Er ist so ein Romantiker! Gestern Abend waren wir zusammen in einem Restaurant, und nach dem Essen hat er zu mir gesagt: Du riechst nach Sommer!«
    » Meint er den Klub?«
    » Was für einen Klub?«
    » Es gab doch mal so einen Klub, der hieß › Sommer‹«, erläutert Janna.
    » Hat der eine Meise? Was wollte er denn damit sagen? Dass du nicht mehr aktuell bist?« Jenja versucht, ihre Brauen spielen zu lassen, denkt aber gerade noch rechtzeitig an das Botox.
    » Wieso Klub?«

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