Neonträume: Roman (German Edition)
Material für deinen Artikel. Wäre super, wenn du ihn heute noch fertig kriegst und mir schicken könntest, damit ich ihn absegne. Sonst komme ich nicht mehr dazu. Vadim.«
Sieh mal an, er hat’s nicht vergessen! Und ich dachte, er wollte sich bloß ein bisschen aufblasen, der Witzbold. Dann wollen wir mal schauen, was es mit dieser » Kosmetik für Glamour-Viecher« auf sich hat…
» Doggy-M von MIORR ® (shit, schon wieder doggy!), das Kosmetik-Sortiment für Hunde, umfasst Shampoo, Spülungen, Gel gegen Parasiten und Deodorants«, beginnt der Werbetext. » Alle Produkte dieses Sortiments sind dermatologisch unbedenklich. Sie sind hundertprozentig geruchsneutral und fügen dem sensiblen Geruchssinn Ihres kleinen Schützlings keinerlei Schaden zu. Die Insektenschutzcremes und Pflegemittel von Doggy-M von MIORR ® regenerieren strapazierte Hautpartien, unterstützen den gesunden Wuchs des Fells und geben ihm Glanz. Doggy-M von MIORR ® ist Kosmetik für jeden Tag: Sie schützt Ihren Hund bei Wind und Wetter vor allen schädlichen Witterungseinflüssen, 24 Stunden am Tag! Unser Sortiment wendet sich an das Frauchen mit hohen Ansprüchen und ihre kleinen Freunde.« (Geht es da um Vibratoren, oder was?)
So. Das ist schon die ganze Info. Es folgt noch eine kleine Anmerkung: Jedes Produkt wird in einer Verpackung mit individuellem Design vertrieben. Tja, viel ist das nicht.
Auf diese Idee, aus Hundeshampoo ein Glamour-Produkt zu machen, kann wirklich nur ein völlig durchgeknallter Brand-Manager kommen. Wer braucht das? Das Zeug soll im Einzelhandel ab hundert Euro aufwärts zu haben sein. Das ist doch krank! Haben die schon mal was von Marktforschung gehört? Wie viele Idioten soll es denn geben, die ernsthaft bereit sind, 300 bis 500 Euro pro Tag für ihre sabbernden Rassemonster zum Fenster rauszuschmeißen? In Europa höchstwahrscheinlich niemand, deshalb versuchen sie wohl, dieses Programm in Russland zu lancieren. Wahrscheinlich denken sie, dass hier sogar Hunde auf der Forbes-Liste stehen. Aber dafür zwei Riesen zu zahlen! Zwei Riesen! Das muss man sich mal reintun! Also halt die Schnauze und schreib!
Aber wie anfangen? Und worüber soll ich überhaupt schreiben? Bei Google findet man keine Spur von dieser Hundekosmetik von MIORR ® . Bei Wikipedia gibt es einen Artikel über Hundeshampoo, aber daraus kann ich wohl schlecht abschreiben, das ist erstens zu banal und zweitens peinlich, wenn es jemand merkt. Also was tun? Zwei Riesen… Ich hole mir noch Kaffee, um mein Hirn auf Touren zu bringen, klemme mich wieder vor den Computer und fange an:
» Möchten Sie, dass Ihr Hund besser riecht als Ihr Hausmädchen?« Ah! Nein, geht nicht. Zu schwülstig, außerdem politisch nicht korrekt. Obwohl, manche Hunde sind teurer als manche Hausmädchen. Bloß– damit komm ich nicht durch. Zweiriesenzweiriesenzweiriesenverdammtescheiße! Wenn ich nur mal aufhören könnte, an die Kohle zu denken. Mein Kopf ist komplett leer. Vielleicht sollte ich zu meiner Geheimwaffe greifen, meine letzte Munition für den äußersten Notfall? Ich würde sagen, so einer liegt hier vor.
Ich falle auf die Knie, mache mich platt wie eine Flunder und krame unter meinem Kleiderschrank. Nichts außer Staub. Wo, verdammt, ist das Teil? Ich renne aufs Klo und hole den Schrubber. Minutenlang stochere und scharre ich kreuz und quer, fördere Bonbonpapiere, Berge von Staub und schließlich eine Zigarettenschachtel zutage, in der ich vor einem halben Jahr einen nicht ganz zu Ende gerauchten Joint gebunkert habe.
» Hunde leiden genau wie Menschen, wenn sie zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Sie möchten auch an glamourösen Partys teilnehmen und interessante Artgenossen und Artgenossinnen treffen«, beginne ich von neuem. Ja… Der Joint ist nach einer Minute weggequalmt, nach weiteren dreißig Sekunden ist der Kaffee weg und der letzte brauchbare Gedanke hat sich ebenfalls in Luft aufgelöst. Genervt fange ich an, im Zimmer rumzurennen. Ich schalte den Fernseher an. Reklame für billiges Dünnbier. Unbeschreiblich. Dann geht der Film weiter, fadester Action-Trash. Schließlich, als ich schon drauf und dran bin, diesen ganzen beschissenen Auftragsjob hinzuschmeißen, als mir alles rettungslos verloren und verkackt scheint– da kommt sie! Meine Muse! Sie erscheint mir in Gestalt von Penelope Cruz in einem Werbespot für Shampoo. Wie angestochen rase ich in die Küche und fange an, die verstaubten Stapel alter Hochglanzmagazine, die sich auf dem
Weitere Kostenlose Bücher