Neonträume: Roman (German Edition)
nicht, ob die Gene zusammenpassen und sowas alles. Das ist doch schrecklich!«
» Aber wenn die werdende Mutter fleißig Ecstasy futtert, kommen wahrscheinlich auch behinderte Kinder raus, oder?«, erkundige ich mich höflich.
» Als würdest du nicht selber Ecstasy schlucken!«, braust sie auf. » Wenn man so lebt wie du, muss man erst mal ein Jahr lang entschlacken, bevor man Kinder zeugt!«
» Aha. Und wenn man so lebt wie du, muss man überhaupt nicht entschlacken, oder was wolltest du damit sagen?«
» Doch, natürlich muss man das. Das will ich gar nicht abstreiten. Aber für mich ist das ein sehr ernstes, sehr wichtiges Thema, während du bei solchen Gesprächen immer sofort an die Decke gehst.«
» Rita, wozu führst du überhaupt solche Gespräche, wie du sagst.« Ich räuspere mich. » Hast du vor, in nächster Zeit schwanger zu werden?«
» Nein, darum geht es nicht. Das heißt, ich würde gern schwanger werden, wenn du endlich bereit wärest, ein geregeltes Leben zu führen.« Rita wendet sich halb von mir ab und schaut durchs Fenster auf die Straße.
Geht das schon wieder los!
» Rita, was meinst du mit › geregeltes Leben‹? Einen Ministerposten in Moskau ergattern, gleich im ersten Monat zehn Millionen Euro verdienen und dich dann zur Geburt nach Ibiza bringen?«
» Wieso denn nach Ibiza?«, fragt Rita beleidigt, ohne mich anzusehen.
» Ach, sieh an! Ibiza gefällt dir nicht, aber gegen den Ministerposten hast du anscheinend nichts einzuwenden!«
» Möchtest du mit mir streiten? Hast du mich deshalb hierhergeschleppt?« Endlich wendet sie sich wieder mir zu.
» Ich habe dich nirgendwo hingeschleppt. Du wolltest doch Pasta, wenn ich mich richtig erinnere, mein Häschen!«
Paradoxes Bewusstsein. Warum muss man immerzu alles verdrehen und auf den Kopf stellen, warum ständig dieser Stress und dieses Gezeter wegen irgendwelcher Nichtigkeiten? Nein, es ist wirklich höchste Zeit, sie loszuwerden.
» Mit dir kann man überhaupt nicht ernsthaft reden!« Rita wendet sich wieder ab und betupft ihre Augen mit der Serviette. » Entweder machst du blöde Witze, oder du verstehst nicht, was man meint, oder du stellst dich dumm.«
Moment mal, wie denn loswerden– und die zehn Riesen kann ich in den Wind schreiben, oder wie?
» Nein, ich stelle mich nicht dumm. Ich verstehe bloß nicht, was dieses Gerede über Kinder soll, und warum du mir permanent Vorhaltungen machst, was meinen Lebenswandel angeht und so weiter. Ich habe im Moment keine Kinder geplant. Genauso gut können wir uns über die Implantate unterhalten, die wir uns vielleicht mal einsetzen lassen, wenn wir alt sind.«
» Genau deshalb gibt es ja keine Pläne, verstehst du das denn nicht?«, schreit Rita hysterisch los. » Was sollen das für Pläne sein, wenn ich sage: Ich liebe dich, hörst du? Ich will mit dir leben! Und du sagst: Prima, mein Häschen, als ginge es darum, zusammen ins Kino zu gehen!«
» Verdreh jetzt nicht die Tatsachen!« Allmählich komme ich auf Touren. » Ich war nur nachdenklich, in dem Moment, weil… Das kam eben so unerwartet.«
» Du verdrehst alles, nicht ich!« Rita macht eine ungeschickte Bewegung und stößt mit dem Ellenbogen ihr Wasserglas um. Ich sehe zu, wie der Wasserfleck sich auf der Tischdecke ausbreitet, und seltsamerweise denke ich dabei an die Ölteppiche, die aus havarierten Öltankern laufen. Rita scheint der Fleck vollkommen egal, sie setzt ihr Gekreische ungerührt fort: » Du bist in der ganzen Zeit nicht einmal auf die Idee gekommen, mich deinen Eltern vorzustellen! Davon, dass du vielleicht meine Eltern kennenlernen wolltest, rede ich gar nicht!«
Na und? Was hab ich davon? Deine miefigen Eltern können mich mal am Arsch lecken!
» Hör mal, mein Herz, du warst bisher auch nicht gerade heiß darauf, mich deinen Eltern vorzustellen, oder stimmt das etwa nicht?«
» Doch, das stimmt! Weil ich dich ja selbst höchstens zweimal in der Woche sehe, es tat mir leid, diese Zeit auch noch mit meinen Eltern zu verplempern. Wir treffen uns doch sowieso nur auf Zuruf, als hätten wir ein heimliches Verhältnis.«
Geschickt gedreht!
» Damit hast du das Thema Eltern ja wohl selbst hinreichend beantwortet. Mir stinkt es eben auch, kostbare Zeit zu vergeuden, die wir zusammen verbringen können!« Ich schenke ihr mein bezauberndstes Lächeln. Mein Königslächeln.
» Apropos Kino«, fährt Rita fort, immer noch in gereiztem Ton. » Es ließ sich wohl nicht vermeiden, mich am Freitag
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