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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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dich doch mit diesen Sachen viel besser aus als ich. Aber du tust immer, als würde ich dir lauter Neuigkeiten berichten. Weißt du, russische Männer sind normalerweise vollkommen unfähig, Frauen zuzuhören. Vor allem, wenn Frauen übers Geschäft reden. Ich hab ein paar Kollegen, Kommilitonen an der Business-School…«
    Ach, sie geht zur Business-School? Das wusste ich ja gar nicht. Oder hab ich es vergessen?
    » Du bist eben doch Amerikaner!« Lena streichelt meine Hand und hält mir ihren Mund zum Kuss hin.
    Ich streife vorsichtig ihre Lippen mit meinen und schiebe meine Zungenspitze hindurch. Eigentlich ist sie wahnsinnig erotisch, trotz dieses ständigen Business-Gequatsches. Im Prinzip könnten wir einen netten Abend zusammen verbringen. Aber ich kann leider nicht, heute steht Katja auf dem Plan.
    Der Kellner kommt, wir geben unsere Bestellung auf. Beide nehmen wir Kalb, seltsam, Lena isst doch sonst nie Fleisch. Tschüss, Diät, grüß dich, Hochzeit! Oder woran liegt es?
    » Diet is over?«, erkundige ich mich amüsiert. In diesem Moment klingelt mein Handy. Katjas Nummer. Ich möchte bloß mal wissen, warum immer alles zum allerunpassendsten Zeitpunkt passiert! Vielleicht sollte ich mich aufs Klo verziehen, damit ich in Ruhe telefonieren kann? Oder den Anruf ablehnen? Ja, von wegen, am Ende denkt Katja, ich will sie abschütteln, und geht nachher nicht mehr ran! Ich habe keine Wahl.
    » Hallo«, antworte ich und bemühe mich um einen neutralen Gesichtsausdruck.
    » Hallo, ich bin’s!«, zwitschert Katja fröhlich ins Mikro. » Gerade habe ich frei! Läuft heute alles wie geplant?«
    » Ja, natürlich.«
    » Hör mal, ich wollte fragen, bleiben wir da lange, auf diesem Geburtstag?«
    » Ich denke nicht, dass es sehr viel Zeit in Anspruch nehmen wird«, drechsle ich rum. Ich schaue zu unschuldig zu Lena hinüber, sie schaut zu mir herüber, dann dreht sie sich weg und blickt aus dem Fenster, tut so, als würde sie nicht zuhören.
    » Meinst du, ich darf meine Freundin mitbringen?«
    Bist du bescheuert? Wozu denn?
    » Natürlich, gern, wenn du möchtest.«
    » Kannst du gerade nicht sprechen?«, fragt sie gekränkt. » Ich kann auch später noch mal anrufen.«
    » Nein, ich rufe am besten an, dann sprechen wir ab, wann und wo wir uns treffen, okay?«
    » Gut, wie du meinst.«
    » Super!«
    » Also tschüss, Küsschen!«, verabschiedet sie sich, legt aber noch nicht auf.
    » Küsschen«, sage ich daher nach einer Weile, als ob nichts wäre, und schalte ab.
    » Mit wem hast du denn da so rumgeschäkert?«, fragt Lena betont kokett.
    » Mit meiner Mutter«, erkläre ich, weil mir nichts Besseres einfällt.
    » Die hat aber eine junge Stimme!«
    » Meine Mutter ist ja noch keine Oma, Honey«, lächele ich.
    » Kommt sie zu Besuch?«
    » Nein, nein. Ich muss mich bloß mit dem Anwalt der Familie treffen. Er ist gerade in Moskau. Es geht um irgendwelche Dokumente.«
    » Seltsam, wenn du mit deiner Mutter sprichst, verwendest du nicht ein englisches Wort.«
    » Na und? Schließlich ist sie Russin, oder? Es ist die Sprache meiner Kindheit, verstehst du?«
    » Na klar. Weißt du, ich habe die ganze Woche schon richtig Appetit auf Fleisch«, wechselt sie auf einmal das Thema. » Komisch, nicht?«
    Hauptsache nicht auf saure Gurken, denke ich.
    » Wahrscheinlich fehlt dir Eiweiß. Vielleicht gehst du zu oft ins Fitness-Studio.«
    » Nein, Andrej, du bist es, der zu oft zu deinen ewigen Konferenzen muss!«, braust sie auf.
    Oh-oh! Schon wieder Vorwürfe! Als hätten sie sich abgesprochen! Echt!
    » Honey, es kommt nicht auf die Quantität an, sondern auf die Qualität. Dir als Ökonomin sollte das bekannt sein!
    » No doubt«, nickt sie. » Aber du weißt ja, von nichts kommt nichts.«
    » What do you mean?«
    » I mean, dass wir öfter miteinander schlafen könnten. Wenn du nicht dauernd auf Konferenzen müsstest…« Lena bricht sich ein Stück Brot ab und verschlingt es, als wäre es eine Maus und sie eine Kobra. » Im Moment haben wir genau einmal die Woche Sex. Wenn’s hoch kommt.«
    » Bitte, Häschen, diese Woche hatten wir immerhin schon zweimal Sex!«, korrigiere ich und klaube mir eine Zigarette aus der Schachtel. » Oder hast du das nicht bemerkt?«
    » Doch, das habe ich bemerkt. Allerdings haben wir in der Woche davor überhaupt nicht gevögelt.« Sie bricht sich das nächste Stück Brot ab. Langsam werde ich nervös, die frisst heute wie ein Scheunendrescher. » Ich rechne zusammen: Zweimal in zwei

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