Nephilim
könnte, doch dieser fuhr mit der Hand über die Fläche und ließ die Splitter in einen geöffneten schwarzen Beutel fallen, den er umgehend unter dem Tresen verstaute. Dann sah er Nando an, als hätte er überhaupt nichts getan, und schüttelte den Kopf.
»Keine Ahnung, wovon du sprichst«, sagte er und verschränkte die Arme vor der Brust. »Im Übrigen reicht es mir, dass Noemi mit ihrer Meute schon wieder meine Kneipe belagert und diese Akademie-Hanseln den ganzen Abend an einem einzigen Olyg nippen, weil sie mehr nicht vertragen. Da brauche ich nicht noch einen von der Sorte, der komische Fragen stellt und spionieren will.«
Nando folgte dem ärgerlichen Fingerzeig des Wirts mit dem Blick. Nicht weit von ihm entfernt saßen fünf Nephilim. Nando sah ihre Gesichter nicht, doch er erkannte das lange schwarze Haar und die ungewöhnlich bleichen Hände. Noemi. Noch ehe er sich abwenden konnte, fuhr sie herum und sah ihn an. Neben ihr saß Paolo, der ihr mit zusammengekniffenen Augen ins Ohr flüsterte, und Riccardo und die anderen ihrer Freunde wandten die Köpfe und starrten zu ihm herüber. Kaya stieß die Luft aus. Nando spürte, wie sie wütend die Fäuste ballte. Sein Arm schmerzte, er konnte keine Konfrontation mit Noemi und ihren Spießgesellen riskieren, schon gar nicht mitten in einer Kneipe im Schlangenviertel, deren Besuch Antonio sicherlich nicht billigen würde.
»Ich meine Morphium Morpheus«, raunte er dem Wirt zu und nickte vertraulich. »Sie kennen ihn doch?«
Ein Flackern ging durch den Blick des Wirts, ein listiges Funkeln wie bei einem Fuchs. Er nickte langsam. »Natürlich kenne ich ihn. Du findest ihn ein paar Gassen weiter, es ist das Haus mit der schwarzen Tür. Einfach die Straße runter und dann links, du kannst es nicht verfehlen.«
Nando bedankte sich schnell, denn er sah, wie Noemi und ihre Freunde die Stühle zurückschoben und auf ihn zukamen. Eilig nickte er dem Wirt zu und drängte sich durch die anderen Gäste Richtung Ausgang.
»Und sag ihm, dass er mir endlich mein Geld zurückgeben soll!«, rief der Wirt ihm nach. »Achtzehn Olyg stehen auf seinem Deckel, wenn er die nicht bezahlt, schreibe ich sie auf sein Grab, dass das klar … «
Nando warf die Tür hinter sich zu und hörte ihn nicht mehr. Schnell ging er die Straße hinab. Er hatte bislang einen einigermaßen angenehmen Abend gehabt, den wollte er sich nicht von Noemi und ihren dämlichen Freunden kaputt machen lassen. Schon hörte er sie hinter sich aus der Kneipe stürmen. Sie liefen ihm nach.
»Wohin denn so eilig, Teufelsbrut?«, rief Noemi. Ihre Stimme traf ihn wie ein Hieb in den Nacken, doch noch ehe er seinen Schritt beschleunigen konnte, zischte eine Lichtpeitsche über die Straße, wickelte sich um seine Füße und brachte ihn zu Fall. Es gelang ihm nicht, seinen Sturz abzufangen. Mit voller Wucht schlug er mit der Stirn auf die Steine. Kaya stieß einen Fluch aus und schwirrte mit geballten Fäusten in die Luft. Nando rappelte sich auf. Er sah die Funken, die über Kayas Finger sprangen, und hielt sie zurück. Er wusste, dass seine Gefährtin zwar etliche Formeln und magische Findigkeiten kannte, doch sie verfügte über kein besonders hohes Potential und Nando zweifelte nicht daran, dass Noemi einen Angriff Kayas grausam vergelten würde.
»Ich hätte nicht gedacht, dass du mir nachläufst«, sagte er und bemühte sich, Noemis Blick an Überheblichkeit zu überbieten, was ihm augenscheinlich ganz gut gelang, denn sie schnaubte zornig. Wenige Schritte von ihm entfernt blieb sie stehen und musterte ihn mit verschränkten Armen. Er achtete nicht auf das Blut, das als feines Rinnsal über seine Schläfe lief. Mit aller Macht zwang er seinen Zorn in seinen Blick. »Und noch weniger wäre ich davon ausgegangen, dass du so leichtfertig deine Zulassung zur Prüfung aufs Spiel setzt. Es ist uns nicht gestattet, außerhalb der Akademie gegeneinander Magie anzuwenden, das solltest du wissen.«
Noemi hob mit täuschend echter Betroffenheit die Brauen. »Magie?«, fragte sie und legte bedauernd den Kopf schief. »Es mag dir so vorkommen, dass Zauberei im Spiel ist, wenn du über deine eigenen Füße stolperst. Ich kann das nachvollziehen bei jemandem, der nicht einmal seine Schwingen benutzen kann. Wer ist schon so ungeschickt und schlägt sich bei einem Sturz den Kopf an? Aber ich habe keine Magie benutzt, um dich zu Fall zu bringen – oder hat hier jemand etwas anderes beobachtet?«
Eifrig schüttelten ihre
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