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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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atmen kannst. Dein Herz flattert wie ein verwundeter Vogel. Siehst du nicht die Dunkelheit, die von allen Seiten herbeiströmt? Sie wird dich verschlingen, ja – der Tod wird kommen. Du kannst ihn bereits fühlen.
    Und als hätte die Stimme des Teufels einen Schleier über ihm zerrissen, spürte Nando sie mit aller Macht, die grausame Kälte des Todes, die schon einmal nach ihm gegriffen hatte und die nun, da er ihr so nah war, mit gierigen Fingern über ihn hinwegglitt. Er sah sich vor dem brennenden Auto seiner Eltern, fühlte wieder Silas’ letzten Atemzug. Beinahe zärtlich strich die Kälte über seine Wange, doch die Berührung verursachte eine Furcht in ihm, die er noch nie zuvor gespürt hatte, und er begann am ganzen Leib zu zittern.
    Ich kann dich retten, flüsterte Luzifer durch tausend Winde an seinem Ohr. Durchbrich den Widerstand, der dich das Leben kosten wird! Denn du bist mein Sohn – mehr nicht!
    Die Dunkelheit um Nando herum wallte auf wie ein gewaltiges Meer, und er fühlte gleichzeitig das Licht hinter sich, das die Kälte von seinem Körper brannte. Atemlos starrte er in die Finsternis, die auf ihn zuraste, unfähig, den Blick von ihr abzuwenden. Er konnte das Nahen des Todes nicht ertragen, konnte die Dunkelheit nicht begreifen, die ihn mit ihren Wellen aus Nacht um den Verstand bringen würde. Er sog keuchend die Luft ein und spürte gleichzeitig, wie er sich langsam, unendlich langsam zu dem Licht in seinem Rücken umdrehte. Doch gerade als er die Strahlen sanft und flammend auf seinem Gesicht fühlte, zerriss ein greller Blitz die Szene.
    Avartos stand einige Schritte von ihm entfernt – und vor ihm, hochaufgerichtet vor Nandos reglosem Körper, erhob sich Antonio, breitete seine Schwingen aus und erstrahlte für einen Moment in silbernem Licht. Avartos wich zurück, Nando hörte das metallene Geräusch eines Schwertes, das durch die Luft glitt. Antonio sprang vor, schnell und gleitend. Sein Säbel blitzte auf, Avartos wehrte den Schlag ab – doch Antonio zerschlug dessen Waffe und zog sein Schwert quer über seine Brust. Fassungslos starrte Avartos auf die Wunde in seinem Leib, Blut quoll aus seinem Mund. Dann fiel er auf die Knie und sank auf die Straße.
    Nando konnte sich nicht rühren, seine Kraft war vollkommen verbraucht. Doch schon war Antonio bei ihm und legte die Hände auf seine Schläfen. Schmerzende Wärmeschauer fluteten seinen Körper, während der Engel ihm fest in die Augen sah, und er las von dem Vorwurf, den sein Mentor ihm machte.
    Du kennst die Gesetze , hörte er Antonios Stimme in seinem Kopf. Du kennst die Regeln für den Fall, dass Engel auftauchen – Flucht und kein Kampf!
    Nando sah den Zorn in seinen Augen, ungewohnt war er und ließ das Gesicht seines Mentors hart und weich zugleich wirken. Er richtete sich auf.
    »Die Nephilim sterben, weil ich existiere«, erwiderte er angestrengt. »Da ist es doch meine verdammte Pflicht, alles zu tun, was in meiner Macht steht, um sie zu verteidigen, wenn ihr Leben bedroht wird – oder etwa nicht? Ich werde nicht fliehen, niemals – ich werde sie nicht allein lassen! Das ist es doch, was du mich gelehrt hast! Oder gilt das nur in den Büchern, die ich lesen soll, oder für Nephilim, die wahre Helden sind? Silas hatte recht! Einige Dinge muss man tun, sonst ist man nichts als ein Haufen Dreck!«
    Er schaute in das goldene Feuer von Antonios Augen und meinte, etwas wie Stolz darin aufflackern zu sehen. »Menschenkind«, sagte der Engel leise und schüttelte den Kopf, während er mit der rechten Hand Nandos Nacken umfasste und ihn näher zu sich heranzog. Lautlos legte sich der Zauber auf Nandos Stirn, als Antonios Finger kühl darüber hinstrichen. »Du hast die Hyänen auf deine Fährte gelockt. Mein Zauber wird sie verwirren, doch du darfst nicht noch einmal so nachlässig sein – niemals wieder, hast du das verstanden?«
    Antonio sah ihn an, regungslos wie zuvor, und doch ging in diesem Moment ein Riss durch seinen Blick, der Nando den Atem stocken ließ. Antonio, der Engel, schalt ihn nicht als Oberster Senator Bantoryns, nicht als sein Lehrer oder sein Mentor und auch nicht als Erster Vorsitzender der Akademie der Nephilim. Er sprach mit ihm wie mit einem Kind, das in Todesgefahr gewesen und nur im letzten Moment gerettet worden war. Er sprach mit ihm nicht wie mit dem Teufelskind, dem Novizen, dem Nephilim – er sprach mit ihm wie mit einem Sohn.
    Ein Scharren ließ Nando zusammenfahren. Zwei Novizen kamen mit

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