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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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hatte. Überall um ihn herum war Finsternis, der Dämon hatte ihn gelähmt – beinahe. Noemis Stimme klang in ihm wider. Er trägt eine Kraft in sich, die ihn zu solchen Taten treibt – und diese Kraft ist stärker als alles, was ihr an ihm fürchtet oder hasst! Und mit diesen Worten tauchten Bilder in ihm auf, die Gesichter der Nephilim während der Versammlung, das Lächeln Noemis, selbst Salados, der langsam die Hand hob. Im selben Moment riss er seinen Blick von der Flamme los und schaute dem Teufel in die Augen. Er ertrug die Schönheit des Goldes, die tanzende Finsternis dahinter und die Kälte in dessen Blick, und er beschwor die Gesänge der Ovo in sich herauf und die Nacht in den Augen der Galkry. Olvryon hatte weitaus mehr getan, als Nando die Prüfung abzunehmen. Er hatte ihn kopfüber in die Welt geworfen, und Nando hatte Berge erklommen und Meere durchschwommen auf dem Pulsschlag, der alles miteinander verband. Er hatte sich in der Welt und die Welt in sich entdeckt, er war in sich selbst eingekehrt, in seine Finsternis, in seine Schatten, aber auch in sein Licht, und er spürte den Herzschlag der Drachen, der seinen Atem ruhiger werden ließ und seinen Schritt auf dem Seil hielt zwischen den Extremen, die er sein konnte. Er schaute dem Teufel in die Augen und er erkannte, aus welchem Grund das Gold dieser Augen so kalt war, warum dahinter die Finsternis so grausam loderte und nach ihm griff: In den Augen Luzifers lag nichts als er selbst. Er kannte den Herzschlag der Welt, doch er fühlte ihn nicht mehr. Er hatte sich von ihm abgewandt, für ihn gab es nur noch eines: sich selbst. Er war zerrissen, er fiel, ohne jemals aufzuschlagen, und er raste mit rauschenden Schwingen durch die Dunkelheit seines Inneren, die Augen in flammenden Farben aufgerissen. Nando spürte den Wind in seinem Haar, er jagte mit dem Teufel durch die Finsternis, er spürte die Euphorie, fühlte sich frei und grenzenlos, doch gleich darauf folgte die Leere, die mit plötzlicher Kälte über ihm zusammenschlug und nichts als Stille hinterließ – absolute Stille. Nando starrte Luzifer an, so erschrocken, dass ein schmerzhaftes Ziehen durch seine Brust ging. Er erkannte, dass diese Stille auf ihn wartete, wenn er dem Weg des Teufels folgen würde. Der Herzschlag der Welt war verstummt.
    Unsere Entscheidungen machen uns zu dem, was wir sind . Olvryon war es, der zu ihm sprach, und mit jedem Ton dieser Stimme fühlte Nando, wie die Finsternis um ihn herum sich lichtete und wie der Herzschlag der Welt sich aus der Stille erhob, wie er ihn durchdrang und wie er von diesem Ton zwischen Licht und Schatten gehalten wurde – ohne Furcht und Bitterkeit.
    Regungslos sah er Luzifer in die Augen. Nein , erwiderte er und schüttelte den Kopf. Nicht alles in mir will dir folgen, nicht alles in mir gibt dir recht – und wenn es nur ein kleiner Rest ist, der mich davon abhält, wie du zu sein: Ich will ihm immer mehr vertrauen als dir. Lieber würde ich den eigenen Tod in Kauf nehmen, als deinem Ruf zu folgen, der mich in deine Finsternis zieht, in deine Leere und Einsamkeit, in der nichts anderes mehr existiert als deine eigene Stimme. Ja, ich fürchte den Tod, doch ich weiche nicht länger vor ihm zurück. Denn deine Stille schreckt mich noch mehr – und dennoch lasse ich mich nicht weiter schwächen von dieser Furcht. Denn ich bin mehr, als du denkst – viel mehr!
    Er sah noch, wie Erstaunen über das Gesicht des Teufels flammte. Dann schloss Nando die Augen, er stürzte in die Finsternis, die Harkramars Gift in ihm gesät hatte, und fand tief in sich einen winzigen Schleier aus Licht. Dort kauerte er sich nieder und rief seine Magie, jeden Funken, der noch in ihm war. In langen Schweifen aus kristallenem Feuer schossen sie aus der Dunkelheit auf ihn zu, er rief den Zauber, der ihn mit roten Schleiern umtoste, und riss die Augen auf. Ohne zu schwanken, stand er vor der Grenze zur höheren Magie, die Arme weit von sich gestreckt, und schaute in das reglose Gesicht des Teufels. Für einen Moment schien es ihm, als blickte Luzifer ihn erstmals direkt an.
    Ein heftiger Schmerz in seiner Schulter brachte ihn ins Bewusstsein zurück. Er fühlte noch, wie der Wolf vor ihm zurückwich, keuchend vor dem Flammenzauber, den er in dessen Schlund geschickt hatte, doch Nando ließ ihn nicht zu Atem kommen. Außer sich sprang er vor, packte sein Schwert und trieb es durch die Kehle des Wolfs. Seine linke Faust hob er in die Luft und stieß sie durch den

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