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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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steinig.
    Nando holte tief Atem und schob die Gedanken an Paolo beiseite. Er wollte sich diesen Abend nicht von negativen Gefühlen verderben lassen. Er sah sich um und schaute in die Gesichter der Nephilim, die sich der Prüfung als würdig erwiesen hatten. Einige würden in die nächste Stufe ihrer Ausbildung versetzt, andere konnten hochrangige Aufgaben in der Garde übernehmen, und manche wollten sich aufgrund besonderer Begabung oder herausragender Leistungen für eine andere Spezialisierung wie die Heilkunst, das Fährtensuchen oder die Alchemie entscheiden. In jedem Fall würden sich die Novizen erneut zu Bantoryn bekennen – und über ihre weitere Rolle innerhalb der Stadt entscheiden.
    Da erklangen die Töne silberner Fanfaren. Mit gemessenen Schritten trat der Chor der Stadt in das Theater und flankierte Antonio, Drengur, Salados, sämtliche Lehrer und einige ranghohe Ritter der Garde, hochangesehene Heiler und Nephilim aus den anderen Fachgebieten, die sich auf den gläsernen Sesseln niederließen. Nando sah in die Gesichter der Offiziere, und für einen Moment meinte er, Silas in ihrer Reihe zu erblicken. Vorsichtig wandte er sich zu Noemi um. Ihr Gesicht war regungslos, doch ein kaum merklicher Glanz ließ ihre Augen wirken wie zwei tiefe schwarzgrüne Seen. Die Gespräche in den Reihen und auf den Plätzen verstummten, und als Antonio sich erhob und hoheitsvoll vortrat, ging ein Raunen durch die Menge.
    Er trug eine filigran gefertigte Uniform aus Silber mit feinen Ziselierungen und einem nachtblauen Umhang, aus dem seine Schwingen wie gewaltige Schatten aufragten. Er sah aus wie ein Geschöpf der Nacht, welches das Licht am Körper trug, oder wie ein Wesen des Lichts, das die Nacht in sich vereinte. Erhaben wirkte er, wie er regungslos in die Menge schaute, und als sich das Lächeln auf seine Lippen legte, das sein Gesicht ganz weich machte, spürte Nando den Stolz darauf, von diesem Engel unterrichtet zu werden und ihn als Mentor bezeichnen zu dürfen. Antonio breitete leicht die Arme aus und ließ seinen Blick über die Reihen seiner Zuhörer schweifen.
    »Bewohner Bantoryns«, begann er, und seine Stimme klang voll und kräftig an jedes Ohr. »Dieses Theater wurde häufig Zeuge von Prozessen, Verurteilungen, Disputen und Verleumdungen. Es empfing jeden neuen Bewohner Bantoryns, es verabschiedete jeden, der gehen wollte, und es sah zu, wie einige von euch und ich selbst diese Stadt Stein für Stein errichteten. Es ist das Zentrum Bantoryns – und heute soll es ein Ort der Freude sein, ein Quell der Zuversicht und der Stärke, die ich in jedem Novizen, der sich vor einigen Tagen der Prüfung im Nebel der Ovo stellte, erkenne. Heute, meine Freunde, sind wir hier, um zu feiern!«
    Freudiger Applaus brandete über die Reihen, und Nando rutschte wie zahlreiche andere Nephilim auf seinem Platz in die Höhe, als Antonio ein Schriftstück entrollte und die Namen der Novizen der dritten Klasse verlas. Leiser Tumult entstand in den Reihen, als sie nach vorn traten. Antonio verlieh jedem von ihnen ein silbernes Emblem zum Zeichen der bestandenen Prüfung und befragte sie nach ihren weiteren Zielen. Einige Nephilim wollten ihre erlernten Berufe in Bantoryns Sinne ausüben, andere hatten vor, sich in weiteren Bereichen zu spezialisieren. Stolz sprachen sie den Ehrencodex ihrer jeweiligen Richtung. Anschließend erhielten sie eine neue, ihrer Disziplin entsprechende Waffe, leisteten den Eid Bantoryns und bekannten sich erneut zu ihrer Stadt. Nachdem sie auf ihre Plätze zurückgekehrt waren, folgten die Novizen der zweiten Klassenstufe. Noemi war die Erste. Hocherhobenen Kopfes trat sie in den Halbkreis und ging wie die anderen Novizen vor Antonio und den anderen in die Knie. Atemlos sah Nando zu, wie Antonio auch ihr die Auszeichnung verlieh und sie fragte, ob sie ihre Ausbildung fortsetzen wolle. Entschlossen bejahte Noemi dies und äußerte auf Antonios Frage nach ihren weiteren Zielen, ohne zu zögern, den Wunsch, in die Garde Bantoryns aufgenommen zu werden. Nacheinander stimmten alle Vorsitzenden der Akademie ihrem Wunsch zu. Langsam neigte sie den Kopf und sprach den Ehrencodex nach, den Salados ihr vorgab. Sie erhob sich, und als sie ein Schwert der Garde mit einem funkelnden Smaragd und einer stilisierten Mohnblüte im Knauf erhielt, glitt ein Lächeln über ihr Gesicht – dasselbe Lächeln wie damals, als sie mit Silas über die Schwarze Brücke gegangen war. Auf Geheiß Antonios legte sie das Schwert

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