Neptuns Tochter (Gesamtausgabe)
Timea nahm bereits die dritte Scheibe Brot, strich Butter darauf und ordentlich Marmelade. »Wir werden uns aber ab und zu sehen«, erklärte sie beiläufig.
Mit einem lauten Klirren setzte die Großmutter ihre Teetasse ab. »Soll das bedeuten, dass ihr euch auf eine Affäre geeinigt habt?«
»Nun«, begann Timea. Sie legte die Brotscheibe weg. Griff nach der Serviette und wischte sich sorgfältig den Mund ab. »Mehr ist eben nicht möglich«, sagte sie gefasst. »Außerdem warst doch du diejenige, die mir gesagt hat, ich solle zu meinen Gefühlen stehen.«
»Timea Illay. Ich habe sicher nicht gesagt, dass du …« Die alte Dame holte tief Luft. »Wie kannst du nur?«
»Moment«, sagte Timea. Sie presste die Augen fest zusammen. Ballte die Hände zu Fäusten … und lockerte sie wieder. »Wenn ich dich erinnern darf – ich bin nicht allein daran beteiligt.« Timea verkrampfte sich wieder. Sie musste dieses Gefühl loswerden. Die Enttäuschung, als Mika bedenkenlos zugestimmt hatte.
Worauf hatte Timea denn gehofft? Dass Mika sagen würde: »Eine Affäre will ich nicht. Da blase ich lieber die Hochzeit ab.« Das wäre dann doch übertrieben. Ihre Entscheidung war richtig. Sie konnte Mika regelmäßig sehen. Wann und wo, darüber hatten sie nicht gesprochen. Sie waren zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt gewesen. Ein leichtes Kribbeln breitete sich in Timea aus. Die vergangene Nacht mit Mika war nicht das Ende. Sie war der Anfang von etwas Aufregendem.
Warum war Timea trotzdem unzufrieden? Dieser Druck auf dem Magen. Warum war der immer noch da?
Bestimmt lag es daran, dass Mika das Bild bestätigt hatte, das Timea nicht wahrhaben wollte. Das sich aber immer wieder in den Vordergrund drängte. Das Bild einer jungen Frau, die zwar sehr viel Einsatz zeigte, wenn sie Menschen helfen wollte. Das war unbestritten. Das machte es auch so schwer, die Tatsache zu akzeptieren, dass Mika letztendlich wie alle anderen dachte: nämlich, dass man mit Geld alles regeln konnte. Dass man dafür auch eine Ehe eingehen konnte. Sei es nur für ein Jahr.
Timea überlegte, ob sie wissen wollte, was es mit diesem Jahr auf sich hatte. Worin das Geschäft bestand, das Mika mit ihrem Vater abgeschlossen hatte. Um welchen guten Zweck es sich handelte.
»Sprichst du heute noch mit mir?«, fragte die Gräfin Illay.
»Nein«, beantwortete Timea die Fragen, die sie sich selbst gestellt hatte. Erst die steile Unmutsfalte, die sich im Gesicht ihrer Großmutter zeigte, holte Timea an den Frühstückstisch zurück. »Entschuldige. Ich war nicht ganz bei der Sache. Was wolltest du wissen?«
»Ist schon gut, Kleines«, erwiderte die alte Dame. »Ich denke, dass ich meine Antwort bekommen habe.«
Irritiert betrachtete Timea ihre Großmutter. »Welche Antwort?«
Leicht lächelnd griff die Gräfin nach der Klingel neben sich und läutete nach Petra Lorentz. »Irgendwann, wenn du dafür bereit bist, wirst auch du sie bekommen«, sagte sie. »Bringen Sie den Tee bitte in das Kaminzimmer«, wandte sie sich an ihre Angestellte, die lautlos den Raum betreten hatte.
Kopfschüttelnd schaute Timea den beiden Frauen hinterher. Die alte Dame machte es schon wieder. Andeutungen. Geheimnisvolles Lächeln. Nur weil sie blind war, tat sie ständig so, als könnte sie in die Zukunft blicken.
Mit einem Schulterzucken stand Timea auf und ging in ihr Büro. Sollte ihre Großmutter doch denken, was sie wollte. Für sie, Timea, lief alles bestens.
Die größten Schulden: getilgt.
Ihre Leidenschaft für Mika: gestillt. Letzte Nacht und in Nächten, die noch folgen würden.
Voller Elan setzte sich Timea an ihren Schreibtisch, rieb die Handflächen aneinander und startete anschließend den Computer. »Was steht heute alles an?«
~*~*~*~
» W ir müssen endlich einen Termin für die Hochzeit festsetzen.« Lächelnd schaute Frank Schöffen in die Kamera. Mit einem Arm zog er Mika näher an sich heran. »Mach ein freundliches Gesicht. Das Bild erscheint morgen in der Zeitung«, flüsterte er ihr zu.
»Wenn du nicht sofort deine Finger von meiner Brust nimmst«, zischte Mika ihm lächelnd zu, »dann wird morgen ein ganz besonderes Bild in der Zeitung sein.« Die anderen Gäste in dem Restaurant könnten ihren Freunden dann stolz erzählen, dass sie dabei waren, als Mikaela David ihrem Bräutigam eine Gabel ins Bein gerammt hatte.
»Sorry«, murmelte Frank Schöffen und zog sich umgehend zurück. »Ich dachte, wir könnten der Journaille einmal etwas
Weitere Kostenlose Bücher