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Nerd Attack

Nerd Attack

Titel: Nerd Attack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Stoecker
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Vielzahl weiterer Kanäle hinzugekommen. Gemeinsam machen sie den rasanten Fluss von Informationen rund um die vernetzte Welt noch schneller, doch auch komplizierter. Eine ganze Reihe Begriffe sind für dieses Phänomen entstanden – der momentan gebräuchlichste ist »Social Media«. Im Kern geht es weiterhin um das Gleiche: Das Internet ist und bleibt ein Kommunikationsmedium. Kommuniziert wird multimedial, global, grenzenlos. Es gibt Massenkommunikation, individuelle Kommunikation und Gruppenkommunikation. Und alles, was dazwischen liegt. Leser und Zuschauer kommunizieren mehr als je zuvor mit den Medien, die sie konsumieren (auch wenn die nicht immer zuhören), und kommunizieren über sie, schreiben Lesermails und Foreneinträge, beteiligen sich an Online-Abstimmungen und kommentieren Artikel in Social Networks wie Facebook oder Twitter.
    Bei bestimmten Gelegenheiten, vor allem bei Ereignissen von globaler Bedeutung, findet zudem eine neue Art internationaler Kommunikation statt, die keine professionellen Vermittler benötigt. Als Michael Jackson im Juni 2009 überraschend starb, brachten die Folgen das Internet fast an seine Belastungsgrenze: Informationsbedürftige Online-Leser in aller Welt, Twitter-Nachrichten, Facebook-Kommentare sorgten dafür, dass allzu viele Bits die Datenleitungen verstopften und Nachrichtenseiten wie die von CNN oder der »Los Angeles Times« mehr als doppelt so lang brauchten, bis sie geladen werden konnten. Pro Minute gab es in Spitzenzeiten 5000 Twitter-Nachrichten zum Thema Michael Jackson, die Nutzungsintensität des Kurznachrichtendienstes verdoppelte sich unmittelbar nach Bekanntwerden der Nachricht von Jacksons Tod. Kommunikationsplattformen wie das Blogging-Portal Livej ournal oder der Instant-Messaging-Dienst von AOL arbeiteten plötzlich nur noch mit Verzögerung. AOL ließ tags darauf mitteilen, man habe ein »wegweisendes Ereignis in der Geschichte des Internets« verzeichnet und, »weder was das Ausmaß, noch was die Tiefe angeht, jemals etwas Vergleichbares erlebt«.
    Die Nachricht wurde in zuvor nicht bekannter Weise zum Gegenstand privater und halb privater Kommunikation im Netz. Twitter hat dafür einen ganz neuen Standard geschaffen: Über bestimmte Kürzel, Hashtags genannt, lassen sich Botschaften zu einem bestimmten Thema bündeln. Alle Nachrichten, die mit diesem Kürzel verknüpft sind, kann man sich dann auf einmal anzeigen lassen, egal woher sie kommen. So entstehen weltumspannende, themenzentrierte Gesprächskreise. Nach der umstrittenen Wiederwahl von Mahmud Ahmadinedschad wurde der Hashtag Iranelection zum globalen Sammelpunkt für die Protestbewegung im Iran und für ihre Unterstützer in aller Welt. Nach Jacksons Tod war der Hashtag MJ tagelang der meistgenutzte auf der Plattform. Es war, als riefen Zehn-, vielleicht Hunderttausende von Menschen Tag und Nacht in eine gewaltige, unüberschaubare Echokammer hinein. Um dort von manchen gehört zu werden, von den meisten ignoriert, jedenfalls aber in dem Bewusstsein, einen Beitrag zu einer weltumspannenden Konversation über das Thema zu leisten. Teil von etwas Größerem zu sein.

»Die Nachricht wird mich finden«
     
    Es gibt einen Satz aus dem Mund eines unbekannten Jugendlichen, der seit seiner Erstveröffentlichung in der »New York Times« im März 2008 mehrere Male um die Welt geeilt ist. Der Satz soll in einer Marktforschungsfokusgruppe gefallen sein und treibt Medienunternehmern und Verlegern bis heute den Angstschweiß auf die Stirn. Er lautet, ins Deutsche übersetzt: »Wenn die Nachricht wichtig ist, wird sie mich finden.«
    »The news will find me« – das ist das Schreckensszenario für alle, die vom Filtern, Einordnen und Präsentieren von Nachrichten leben, vor allem also für Medienhäuser und Verlage. Gleichzeitig ist der Satz das Versprechen des Social Web. Das Internet ist längst kein passiver, stetig wachsender Informationsspeicher mehr – es ist ein lebendiger Organismus, in dem sich ununterbrochen Veränderungen und globale Gespräche abspielen. Tatsächlich verbreiten sich unter einem Teil der Internetnutzer Nachrichten und Neuigkeiten heute anders als noch vor wenigen Jahren. Über Status-Updates bei Facebook zum Beispiel. Längst schon schreiben die Nutzer der Community nicht nur Dinge wie »trinke gerade Kaffee« ins entsprechende Feld. Sie kommentieren auch aktuelle Ereignisse, oft kombiniert mit einem Link zu einer Nachrichtenquelle. Sie weisen ihre Facebook-Freunde auf

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