Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
«
Jens Brekke hatte wieder ei nen Anflug von einem Lächeln auf den Lippen.
»Sieht so aus«, sagte Harry.
»Ich bin ein Freund der Fam ilie«, sagte Jens. »Niemand sagt etwas, aber ich verstehe die Ze ichen. Nur, damit das ausgesprochen ist.«
Als Harry sich erhob, glitt die Fahrs tuhltür auf und die Empfangsdame kam m it einem Tablett m it Gläsern und zwei Flaschen herein.
»Noch ein bisschen Wasser, be vor Sie gehen, Harry? Ich bekomme das einmal im Monat per Luftfracht.«
Er goss die Gläser mit Farris-Mineralwasser aus Larvik voll.
»Übrigens, Harry, die Uhrzeit, di e Sie gestern für dieses Telefonat genannt haben, stimmt nicht.«
Er öffnete eine Tür in der Wand und Harry erblickte etwas, das wie ein Bankautomat aussah. Brekke tippte eine Zahl ein.
»Es war 13 Uhr 13, nicht 13 Uhr 15. Das hat vielleicht nichts zu sagen, aber ich dachte, Sie wo llten es vielleicht ganz genau wissen.«
»Wir haben die Zeit vom Telefonbetreiber genannt bekom -
men. Warum glauben Sie, dass Ihre Zeit die richtige ist?«
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»Sie ist richtig.« Ein Aufblitzen weißer Zähne. »Dieses Aufzeichnungsgerät registriert alle m eine Telefongespräche. Es hat eine halbe Million Kronen gekos tet und hat eine satellitenge -
steuerte Uhr. Glauben Sie mir, die geht richtig.«
Harry zog die Augenbrauen hoch. »Wer um alles in der W elt bezahlt eine halbe Million Kronen für ein Tonbandgerät?«
»Mehr Menschen, als Sie glauben. Unter anderem die meisten Valutamakler. Hat m an einen St reit mit einem Gegenpart, ob man am Telefon Kaufen oder Verkaufen gesagt hat, werden eine halbe Million Kronen schnell zu Peanuts. Das Aufzeichnungsgerät vermerkt jedes Ges präch automatisch mit einem digitalen Zeitcode.«
Er hielt ein Band hoch, das wie eine VHS-Kassette aussah.
»Der Zeitcode kann nicht m anipuliert werden, und ist ein Gespräch einmal aufgezeichnet, kann m an die Aufzeichnung nicht verändern, ohne den Zeitcode zu zerstören. Das Einzige, was man tun kann, ist, das Band zu verstecken, aber dann könnten die anderen bem erken, dass die Aufnahm e für den entsprechenden Zeitraum fehlt. Der Grund für diese Gründlich-keit ist, dass diese Bänder als Beweismittel in einem eventuellen Rechtsstreit zugelassen sind.«
»Wollen Sie dam it sagen, dass Sie eine A ufnahme Ihres
Gespräches mit Botschafter Molnes haben?«
»Aber sicher …«
»Könnten wir …«
»Einen kleinen Augenblick, bitte.«
Es war seltsam, die höchst lebendige Stimme eines Mannes zu hören, den man gerade tot mit einem Messer im Rücken gesehen hat.
»Dann um drei«, sagte der Botschafter.
Es klang tonlos, fast traurig. Dann legte er auf.
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KAPITEL 20
»Wie geht’s dem Rücken?«, fragte Liz besorg t, als Harry zur Morgenbesprechung ins Büro gehumpelt kam.
»Besser«, log er und setzte sich quer auf den Stuhl.
Nho reichte ihm eine Zigarette, doch Rangsan räusperte sich hinter seiner Zeitung, so dass Harry sie nicht anzündete.
»Es gibt ein paar Neuigkeiten, di e dich vielleicht in bessere Laune versetzen«, sagte Liz.
»Ich habe gute Laune.«
»Zum einen haben wir uns entschlossen, W oo festzunehmen.
Mal sehen, was wir aus ihm herausbekommen können, wenn wir ihm mit drei Jahren für einen tätlichen Angriff auf einen Polizei-beamten im Dienst drohen. Herr Sorensen behauptet, W oo seit ein paar Tagen nicht gesehen zu haben, er sei nur ein freier Mitarbeiter. Wir haben keine Adresse von ihm, aber wir wissen, dass er gewöhnlich in einem Restaurant neben dem Ratchadamnoen, der B oxarena, isst. Dort werden hohe Einsätze gem acht und die Kredithaie hängen da gerne rum , um neue Kunden zu akquirieren und andere zu überw achen, die bei ihnen Schulden haben. Die zweite gute Nachrich t ist, dass Sunthorn sich in den Hotels umgehört hat, die, wie wir glauben, Pros tituierte anbie-ten. Der Botschafter scheint in einem davon Stammgast gewesen zu sein. Sie erinnerten sich an das Auto, wegen des Diplomatenkennzeichens. Sie sagten, er hätte eine Frau bei sich gehabt.«
»Gut.«
Liz war etwas enttäuscht über Harrys müde Reaktion.
»Gut?«
»Er hat Fräulein Ao mit ins Hotel genommen und sie flachge-legt, na und? Sie wollte ihn wohl nicht zu sich nach Hause einladen. Wenn ich das richtig sehe, haben wir dadurch lediglich 153
ein Motiv für Hilde Molnes, ihren Mann zu erdrosseln, oder für den Freund von Ao, wenn sie denn einen hat.«
»Und Fräulein Ao kann ein Motiv gehabt haben, falls Molnes genug von ihr hatte«, sagte
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